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Longruns Italien: Mercedes hat McLaren und Ferrari im Griff
Mercedes gibt den Ton beim Formel-1-Freitag in Monza an: Hamilton mit Bestzeit, Russell mit dem besten Longrun, aber Achtung vor Max Verstappen im Red Bull!
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton hat mit einer 1:20,738 die schnellste Zeit des Formel-1-Freitages in Monza gesetzt. Im zweiten Freien Training war er damit nur knapp vor den McLarens (+0,003) sowie den Ferraris (+0,103). Allerdings sollte man im weiteren Verlauf des Rennwochenendes auch Red Bull auf dem Zettel haben. Weltmeister Max Verstappen konnte aufgrund der roten Flagge nach dem Crash von Kevin Magnussen keine schnelle Zeit auf Softs setzen, doch in den Longruns am Ende der Session zeigte er das Potenzial des RB20 auf.
Laut den Daten unseres Technologiepartners PACETEQ war George Russell der schnellste Fahrer im Longrun, doch der Brite kam in seinem Stint nach der roten Flagge nur auf sechs Runden, was eine Vergleichbarkeit mit Verstappen, McLaren und Ferrari erschwert, die allesamt mehr als zehn Runden absolviert haben.
Verstappen zeigte jedenfalls die zweitbeste Longrun-Pace (+0,16), Russells Teamkollege Lewis Hamilton folgt dahinter mit einem durchschnittlichen Defizit von 0,25 Sekunden pro Runde. Der Rückstand von McLaren und Ferrari mag überraschen. Oscar Piastri war der schnellere der beiden McLarens, handelte sich jedoch einen satten Rückstand von fast vier Zehnteln pro Runde auf Russell ein. Ferrari fehlte sogar fast eine halbe Sekunde.
Unterschiedliche Herangehensweisen: Ferrari unter Wert geschlagen?
Die relativ großen Rückstände von McLaren und Ferrari sind überraschend, da beide Teams auf eine schnelle Runde noch bei der Musik mit dabei waren. Zumindest für die schwache Longrun-Pace von Charles Leclerc kann man eine Erklärung finden. Wie in letzter Zeit üblich, haben die Teams auf unterschiedliche Herangehensweisen beim Reifenmanagement gesetzt.
Leclerc ließ es gleich von Anfang an fliegen und konnte hohe 1:24er-Zeiten setzen, während Verstappen und Hamilton ihren Longrun langsamer angingen, dafür am Ende des Stints bessere Reifen hatten. Die Variante von Ferrari ging nicht auf. Ab seiner neunten Stintrunde fuhr Leclerc hohe 1:26er-Zeiten, womit er zwei Sekunden langsamer war als noch am Anfang seines Longruns.
Hamilton und Verstappen fuhren am Ende tiefe bis hohe 1:24er-Zeiten und starteten mit soliden 1:25er-Runden. In der Endabrechnung bleibt ein Defizit von fast einer halben Sekunde für Ferrari stehen. Zwar dürfte der Rückstand mit mehr Reifenmanagement geringer ausfallen, doch es ist fraglich, ob man die Pace von Red Bull und Mercedes hätte mitgehen können.
Mercedes: Mit besserem Reifenmanagement vor Red Bull?
Rechnet man die Reifendaten der Longruns hoch, so hatte Mercedes unter dem Strich das mit Abstand beste Reifenmanagement, was vor allem an der langsamen Herangehensweise liegt. 0,059 Sekunden pro Runde bauten die Pneus am W15 ab, während zum Beispiel Ferrari auf einen Abbau von 0,148 Sekunden pro Runde kommt.
McLaren hat wohl eine ausgeglichene Herangehensweise gewählt. Man war weder besonders schnell am Anfang der Longruns, noch am Ende. Mit 0,126 Sekunden pro Runde fiel der Reifenverschleiß aber ziemlich hoch aus. Am ehesten zu vergleichen ist der Reifenabbau daher wohl zwischen Mercedes und Red Bull, schließlich haben beide Teams zu Beginn die Reifen geschont.
Red Bull kommt insgesamt auf einen durchschnittlichen Reifenverschleiß von einer Zehntel pro Runde, womit man deutlich über den Werten von Russell und Hamilton liegt. Für das Rennen am Sonntag wird eine Einstoppstrategie erwartet, die zu Stintlängen von etwa 30 Runden führen kann. Damit könnte Mercedes einen entscheidenden Vorteil gegen Verstappen haben.
Die Silberpfeile waren aber nicht nur beim Reifemanagement vorn, sondern auch beim Topspeed. Rechnet man DRS-Runden der Longruns weg, so war Williams in der Geschwindigkeitsmessung am schnellsten, Mercedes folgt auf Rang zwei mit durchschnittlich 4,3 km/h Rückstand. McLaren fehlten 6,9 km/h, Ferrari 10,9 und Red Bull sogar 12 km/h.
Mittelfeld: Colapinto auf Verstappen-Niveau, aber ...
Schaut man sich die reinen Longrun-Rundenzeiten an, so war Neuling Franco Colapinto der drittschnellste mit einem durchschnittlichen Rückstand von 0,16 Sekunden pro Runde. Allerdings fuhr der Argentinier nur vier Runden, und das auf dem Soft-Reifen. Wie Leclerc ging er auch sehr schnell in den Longrun hinein und hätte damit mit fortlaufender Stintdauer massiv an Zeit verloren.
Auch Teamkollege Alexander Albon (+0,93) zeigte anfangs eine starke Pace, doch der Reifenverschleiß am Williams war mit 0,226 Sekunden pro Runde einfach zu hoch. Mit einem durchschnittlichen Rückstand von einer halben Sekunde pro Runde, war faktisch gesehen Alpine das schnellste Mittelfeldteam, doch Pierre Gasly und Esteban Ocon fuhren beide nur zwei Runden, womit die Alpine-Longruns im Prinzip nicht zu bewerten sind.
Somit kann man fast zu dem Fazit kommen, dass Nico Hülkenberg (+0,95) den besten repräsentativen Longrun im Mittelfeld absolvierte, doch ähnlich wie Williams bekam auch Haas gegen Ende des Stints Reifenprobleme. 0,147 Sekunden verschlissen die Reifen pro Runde am Auto des Deutschen.
Die Rennsimulationen von Aston Martin und Racing Bulls (beide +1,16) kann man leicht zusammenfassen: Schlechte Pace, hoher Reifenverschleiß. Bei Aston Martin fehlte zudem der Topspeed, der wiederrum bei Racing Bulls relativ gut war. Sauber (+1,25) hatte die schlechteste Pace, dafür aber weniger Probleme beim Reifenmanagement.
Warum es nur eine realistische Strategie für Sonntag gibt
Bei Lufttemperaturen von über 30 Grad Celsius ist klar, dass die Reifen am Rennsonntag leiden werden. Die Strecke in Monza wurde jedoch für dieses Jahr neu asphaltiert. Laut Pirelli ist der neue Belag "glatter als der vorherige und dunkler in der Farbe. Letzteres wird sich auf die Streckentemperatur auswirken, die Spitzenwerte von über 50 Grad Celsius erreichen kann."
Somit dürfte der neue Belag zu weniger Verschleiß führen, die heißen Temperaturen dafür für mehr Abbau sorgen. Daher dürfte sich ein ähnliches Strategieszenario wie 2023 entwickeln, wo die Einstoppstrategie Medium-Hard klar die schnellste Variante für den Grand Prix war. Der weiche C5-Reifen sollte aufgrund des hohen Verschleißes keine gute Option sein.
Dank des vierthöchsten Boxenstoppdeltas der Saison mit 24 Sekunden, sollte die Zweistoppstrategie in Monza ebenfalls keine gute Wahl sein. Medium-Medium-Hard wäre laut dem OneTming von PACETEQ hochgerechnet fünf Sekunden langsamer über die komplette Renndistanz als Medium-Hard. Außer Medium-Hard gäbe es somit nur Hard-Medium als realistische Strategie für den Sonntag, es sei denn, der Verschleiß im Rennen fällt deutlich höher als erwartet aus.