• 29. August 2024 · 21:10 Uhr

Colapinto bremst Erwartungen vor F1-Debüt: Ich bin nicht Messi!

Franco Colapinto ist in Monza in der Formel 1 angekommen: Der neue Williams-Pilot spricht über seine Ziele, die Unterstützung in Argentinien und den steinigen Weg

(Motorsport-Total.com) - Für Franco Colapinto erfüllt sich an diesem Wochenende der große Traum: Der 21-jährige Argentinier darf in Monza sein Formel-1-Debüt feiern. Er ersetzt für die letzten neun Saisonrennen den glücklosen Logan Sargeant, mit dem Williams die Geduld verloren hat.

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Franco Colapinto darf sich seit Monza Formel-1-Fahrer nennen Zoom Download

Diese Nachricht teilte das Team am Dienstag mit, und fast genauso spät erfuhr Colapinto von seiner unerwarteten Chance, denn am Montag saß er noch bei seinem Formel-2-Team MP Motorsport im Simulator, um sich auf den Event der Nachwuchsklasse vorzubereiten. "Man kann sich also vorstellen, wie spät es war", lacht er.

"Ich weiß nicht, wann sie darüber nachgedacht haben, aber es ist eine Möglichkeit, für die ich immer bereit war und auf die ich so lange gewartet habe", sagt der Rookie.

"Seit ich ein Kind war, habe ich immer davon geträumt, dass es wahr wird, und dass ich heute hier stehen und mit euch allen reden kann, ist eine Freude, und ich bin Williams einfach extrem dankbar für diese Möglichkeit", so Colapinto, der selbst überrascht von der Entscheidung war. "Dass sie mir diese Chance geben, ist verrückt."

Denn der Argentinier hatte selbst nicht unbedingt mit der Beförderung gerechnet, zumal auch andere Piloten mit Formel-1-Erfahrung in der Verlosung waren, Sargeant für den Rest des Jahres zu ersetzen.

Du kannst dir nie aussuchen, wann du in die F1 kommst!

Doch Williams entschied sich für einen Nachwuchspiloten aus dem eigenen Kader, der in Silverstone bereits das Freitagstraining für das Team bestreiten durfte. "Sie waren sehr zufrieden mit meiner Performance, und ich denke, dass ich vielleicht noch in ihrem Hinterkopf war", sagt er. "Aber natürlich habe ich das nicht erwartet."

Denn er sei voll fokussiert auf seine Formel-2-Saison mit MP Motorsport gewesen, wo er aktuell auf Rang sechs der Gesamtwertung liegt. "Vier Rennen lagen noch vor uns, und ich habe mich mit dem Team bestmöglich vorbereitet."

"Und natürlich ist es sehr traurig, dass ich nicht mit ihnen weitermachen kann. Sie waren seit 2020 meine Familie und ich habe Schritt für Schritt, Meisterschaft für Meisterschaft mit ihnen gemacht - und heute muss ich sie verlassen", schildert er mit ein wenig Wehmut.

"Aber du kannst dir nicht aussuchen, wann du in die Formel 1 kommst", weiß er. "Ich bin jetzt, zu diesem Rennen, an einem sehr besonderen Wochenende in Monza reingekommen, und ich bin superglücklich, um ehrlich zu sein. Ich bin Williams sehr dankbar für diese großartige Chance."

Keine hohen Erwartungen beim Debüt

Colapinto weiß, dass ihm eine große Aufgabe bevorsteht, denn auf große Erfahrung in einem Formel-1-Auto kann er nicht zurückgreifen. Zudem ist er selbst in der Formel 2 in diesem Jahr ein Rookie, sodass der Sprung für ihn ganz schön groß scheint: "Ich erwarte nicht viel", gibt er selbst zu.

"Ich möchte es einfach Schritt für Schritt angehen und mich auf mich selbst fokussieren. Das Wichtigste ist, dass ich mich auf meinen Job konzentriere und das machen kann, was das Team von mir erwartet - und ich bin mehr als sicher, dass ich das kann", so der Argentinier. "Ich kann es kaum abwarten, morgen in das Auto zu steigen."


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In gewisser Weise sind die Rennen für ihn ein Bonus, denn schon jetzt ist abzusehen, dass es vorerst bei den neun Rennen in der Restsaison bleiben wird. Mit Carlos Sainz hat Williams längst einen anderen Piloten für 2025 verpflichtet, sodass Colapinto danach wohl wieder den Schritt zurück in die Formel 2 machen muss. Doch das ist ihm im Moment egal.

"Ich habe natürlich nicht erwartet, 2025 in der Formel 1 zu fahren, aber jetzt habe ich schon 2024 die Chance bekommen", strahlt er. "Man kann sich daher vorstellen, wie glücklich ich heute bin. Ich werde diese Chance mit beiden Händen ergreifen und versuchen, sie so gut es geht zu genießen."

Albon siehts' positiv: Kein Druck für Colapinto

Sein neuer Teamkollege Alexander Albon sieht die aktuelle Situation für Colapinto aber positiv, denn dass er keine Aussicht hat, sein Cockpit für die kommende Saison zu behalten, nehme ihm den Druck, jetzt unbedingt abliefern zu müssen.

"Er muss nicht versuchen, einen Platz für das kommende Jahr zu bekommen. Und in gewisser Weise ist das einfach Erfahrung", meint der Thailänder. "Ich weiß nicht, was er nächstes Jahr machen wird, aber die Dinge, die du in der Formel 1 lernst, können dir auch helfen, sollte er ein weiteres Jahr in der Formel 2 einlegen."

"Natürlich wird es eine Lernkurve geben, aber er saß schon ein paar Mal im Auto, von daher denke ich nicht, dass es so eine große Sache sein wird", sagt Albon. "Aber Williams ist auch großartig im Beibringen und den Fahrern zu zeigen, wie man das Beste herausholt. Und ich werde auch versuchen, ihm so gut ich kann zu helfen."

Das einzige, was Albon vielleicht für ein Problem hält, ist die physische Fitness: "Wenn wir nach Katar oder Singapur kommen, das kann schon etwas schwierig sein, sich daran zu gewöhnen", meint er.

Körperliche Fitness? Kein Problem!

Doch den Punkt sieht Colapinto selbst als nicht sonderlich problematisch an: "Ich habe hart trainiert", stellt er klar. "Auch bei dem einen Training wusste ich erst spät Bescheid. Ich bin in Österreich Formel 2 gefahren und sie haben mir gesagt, dass ich in Silverstone das erste Freie Training fahren würde. Und ich glaube, das ist in Sachen g-Kräften eine der härtesten Strecken - aber mir ging es sehr gut."

Überhaupt sei er immer bereit für die Formel 1, weil die sein großes Ziel war und ist. Selbst in der Formel 2 habe er sich hauptsächlich auf die Anforderungen der Formel 1 vorbereitet für den Fall, das etwas Unvorhergesehenes passiert - und so kam es ja auch.


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"Zum Glück habe ich schon seit Beginn des Jahres daran gearbeitet, von daher fühle ich mich bereit", sagt Colapinto. "Katar wird härter, denke ich, aber wenn ich mich in Singapur gut fühle, dann steht danach Katar auf dem Programm."

Doch so weit möchte der 21-Jährige noch nicht vorausdenken: "Es ist jetzt erst zwei Tage her. Lasst uns erst einmal Monza machen, und dann schauen wir, wo wir sind."

Der erste Argentinier seit 23 Jahren

Ein bisschen Druck hat der neue Williams-Pilot dann aber doch, denn auf ihm lasten die Erwartungen eines gesamten Landes. Colapinto ist der erste Argentinier seit 23 Jahren, der es in die Formel 1 geschafft hat. Gaston Mazzacane war in Imola 2001 der letzte Fahrer, der die Farben des Landes getragen hatte - mit überschaubarem Erfolg.

Dabei ist Argentinien durchaus ein Land mit einer Menge Tradition in der Formel 1. Jose Froilan Gonzalez war 1951 der erste Grand-Prix-Sieger für Ferrari, und Carlos Reutemann wurde 1981 sogar Vizeweltmeister.


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Doch der alles überstrahlende Name ist natürlich Juan Manuel Fangio, der den Sport in den 50er-Jahren dominierte und mit fünf WM-Titeln bis ins neue Jahrtausend hinein Rekordweltmeister war.

Und dass die Argentinier ihre Sportstars feiern, sieht man nicht zuletzt an Fußballkünstler Lionel Messi, der eine ähnliche Karriere wie Colapinto einschlug und seine Familie in Südamerika schon früh verließ, um in Europa eine Profikarriere zu verfolgen. Doch den Vergleich will der Youngster nicht ziehen.

Bin nicht wie Messi!

"Ich sehe, dass sie mich manchmal vergleichen, aber dann denke ich: Ihr seid verrückt! Messi ist Gott, und wie könnt ihr mich vergleichen? Aber es sind jetzt 23 Jahre ohne einen Formel-1-Fahrer aus Argentinien. Es macht die Argentinier daher sehr glücklich, weil es ein besonderer Moment für alle ist - und auch für mich", sagt er.

Schon bei seinem Aufstieg in die Formel 2 seien die argentinischen Fans durchgedreht, "und jetzt ist das noch einmal eine Stufe mehr", meint er. "Ich bin einfach so extrem stolz, dass ich so viel Unterstützung aus meiner Heimat habe - das haben nicht viele Fahrer."

"Nach so vielen Jahren ohne Fahrer sind die Fans einfach ein bisschen heißer. Sie schauen auf jeden Post, auf jedes Rennen, auf jeden Moment und was immer ich auch tue. Und das ist großartig zu sehen", so Colapinto.

"Wir hatten nicht das Budget für die Formel 2, also haben sie mir auf Social Media geholfen, neue Sponsoren zu finden, und ich finde das fantastisch", lobt er. "Ich sehe nicht viele Fans, die so etwas für ihre Sportler machen. Sie sind einfach super leidenschaftlich und sie stehen früh auf, um sich die Rennen anzuschauen. Ich bin einfach sehr stolz auf Argentinien als Land."

Mit 14 von Südamerika nach Italien

Und dieses Land - sein Heimatland - musste er wie schon geschrieben schon früh verlassen. Schon mit 14 ging er alleine nach Italien, um in Europa im Motorsport Fuß zu fassen. "Darum habe ich schon angefangen, als kleines Kind Italienisch zu lernen. Ohne meine Familie zu sein, war schon ein großes Opfer, aber am Ende war es etwas, das ich tun wollte."

"Schon als Kind war das sehr klar in meinem Kopf, und ich wusste, dass der Weg über Europa führen würde", erzählt er. Doch das Leben in Italien war für ihn am Anfang sehr hart: "Ich wusste nicht, wie man kocht, ich wusste nicht, wie man Wäsche wäscht. Ich konnte Italienisch, aber es war ein komplettes Desaster. Und ich war komplett alleine. Das war schon hart", sagt er.


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Doch er glaubt, dass er dort in sehr kurzer Zeit sehr schnell gereift sei, "weil ich Dinge machen musste, die ich noch nie in meinem Leben gemacht habe."

"Und wenn man aus Südamerika kommt, ist es immer härter. Du bringst einfach mehr Opfer als die Leute in Europa, die nach einem Rennen einfach zurück zu ihrer Familie gehen können oder vielleicht eine Stunde mit dem Flugzeug fliegen oder mit dem Auto fahren können und dann in ihrem eigenen Bett schlafen. Und wir sind 12.000 Kilometer weg von der Familie. Das war hart."

Mittlerweile hat sich Colapinto aber an das Leben hier gewöhnt und ist gerne in Europa. Und am Ende haben sich die Strapazen ja auch gelohnt, denn mit Monza erfüllt sich nun sein Traum: Colapinto ist in der Formel 1 angekommen.

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