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Lando Norris: Eigentlich wollte ich bis zur letzten Runde warten!
Wie McLaren-Fahrer Lando Norris die Stallregie in Ungarn erlebt hat und warum er seinen Teamkollegen Oscar Piastri nach langem Hin und Her doch überholen ließ
(Motorsport-Total.com) - "Natürlich geht dir immer etwas durch den Kopf", sagt Lando Norris, als er auf die McLaren-Stallregie beim Ungarn-Grand-Prix 2024 angesprochen wird. Denn dem angeordneten Platztausch zwischen ihm und Oscar Piastri ging ein reger Funkverkehr voraus, bei dem Norris auch den Eindruck erweckte, er könnte sich gegen die Teamorder stellen und Piastri eben nicht vorbeilassen.
Nun wirbt Norris um Verständnis für sein Verhalten am Funk: "Manchmal musst du im Motorsport ein Egoist sein und an dich selbst denken. Das hat Priorität für dich selbst. Ich bin aber auch ein Teamplayer, also hat mein Verstand schon ein paar ziemlich schräge Überlegungen angestellt."
Er wisse natürlich, "was in der Vergangenheit zwischen mir und Oscar gelaufen ist", so Norris weiter. "Er hat mir einige Male geholfen. Aber das hier war eine andere Situation. Hier ging es nicht um eine Hilfestellung."
Vielmehr habe ein "Teamfehler" überhaupt erst die Umstände dafür geschaffen, dass McLaren sich zu einer Stallregie gezwungen sah. Denn weil Norris beim Boxenstopp den Vorzug erhalten hatte, fand er sich auf einmal vor Piastri auf der Strecke wieder - in Führung. "Den Platztausch haben wir dann rückgängig gemacht und das verstehe ich", sagt Norris.
Was, wenn diese Punkte am Ende fehlen?
Gleichzeitig könne er auch die Kritik an McLarens Vorgehen nachvollziehen, wenngleich der WM-Rückstand auf Red-Bull-Fahrer Max Verstappen als "ziemlich groß" einzustufen sei. "Wenn Red Bull aber weiter Fehler macht und wir uns als Team weiter steigern, dann können wir das noch schaffen", meint Norris.
"Natürlich ist das optimistisch. Es wäre ein großes Ziel, diese [76] Punkte in einer halben Saison wettzumachen. Und wenn man dann denkt, wir haben hier sieben oder sechs Punkte verschenkt. Das kommt dir natürlich in den Sinn."
Deshalb sei die Situation für ihn im Rennauto "nicht einfach" gewesen, sagt Norris. "Ich war mir aber immer sicher: Spätestens in der letzten Runde hätte ich es gemacht. Ich weiß ja, was ich tun werde. Aber natürlich hinterfrage ich das auch. Und ich hätte bis zur letzten Kurve der letzten Runde gewartet."
Hat er aber nicht: Drei Runden vor Schluss nahm Norris Tempo raus und ließ Piastri überholen. Aus gutem Grund: "Wenn plötzlich ein Safety-Car passiert wäre und ich Oscar nicht hätte durchlassen können, dann hätte ich ausgesehen wie ein Idiot", erklärt Norris. "Dann ließ ich ihn halt ziehen."
Stellt Norris nächstes Mal auf stur?
Ob er bei einem ähnlichen Szenario in Zukunft anders handeln würde, wird Norris gefragt. Antwort: "Kommt drauf an. Es war ja nicht mein Verschulden, dass ich das Rennen angeführt habe. Das Team hätte einfach Oscar zuerst an die Box holen müssen, dann würden wir diese Diskussion jetzt nicht führen. Als Team hätten wir die Sache also etwas anders lösen können."
Für sei es unterm Strich "eine Frage, ob man den Sieg verdient oder nicht", so Norris. "Ich hätte den Sieg hier nicht verdient gehabt, so einfach ist das. Oscar hat es verdient. Er ist klasse gefahren. Ich hätte erst gar nicht in diese Position gelangen sollen. Das haben wir als Team verbockt. Und das war es auch schon aus meiner Sicht."
Wäre eine Attacke erlaubt gewesen?
Aber hätte Norris nach dem Platztausch nicht noch attackieren und den Sieg erkämpfen können? Oder galt in den Schlussrunden in Ungarn ein "Nichtangriffspakt" für die McLaren-Fahrer?
Norris verneint: "Wir durften gegeneinander fahren. So war das immer schon. Nur manchmal ist es besser, die Positionen zu halten. Aber in 99 Prozent der Fälle dürfen wir frei fahren. Und so wird das auch in Zukunft sein."
Entscheidend seien "das gegenseitige Vertrauen und die Ehrlichkeit im Team", was vor jedem Rennen neu beschworen werde, sagt Norris. "Ich glaube, diese Einstellung hat es uns erlaubt, so rasch aufzuholen und das Auto schneller zu entwickeln."
"Und ich selbst habe den Eindruck, ich bin immer offen und ehrlich und respektvoll mit meinen Kollegen umgegangen. Ich halte das für eine gute Eigenschaft meinerseits, und sie hat mir in der Vergangenheit auch oft weitergeholfen."