• 22. Juli 2024 · 11:46 Uhr

Toto Wolff: McLaren macht sicher bald einen eigenen "Racing Intent"

Warum Mercedes einst eigene Formel-1-Spielregeln für seine Fahrer aufgestellt hat und was Toto Wolff jetzt McLaren-Teamchef Andrea Stella vorschlägt

(Motorsport-Total.com) - Treffen sich zwei Mercedes-Fahrer auf der Rennstrecke: Teamchef Toto Wolff aber ist das Lachen stets vergangen, wenn sich Lewis Hamilton und Nico Rosberg gegenseitig ins Auto gefahren sind. Deshalb hat die Sternmarke einst eigene Formel-1-Spielregeln aufgestellt, um den ganz großen Erfolg nicht zu gefährden. Und laut Wolff sollte sich McLaren nun ein Beispiel daran nehmen.

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McLaren-Boss Zak Brown mit Formel-1-Teamchef Andrea Stella Zoom Download

Denn der Ungarn-Grand-Prix 2024 mit der Stallorder zugunsten von Oscar Piastri habe gezeigt: McLaren brauche dringend klare Vorgaben, damit das Teamduell zwischen Piastri und Lando Norris nicht eskaliert.

"Du kannst nur lernen, wie man mit solchen Situationen umgeht, wenn diese Situationen eintreten", sagt Wolff. "Das ist jetzt erstmals passiert bei McLaren. Und man lernt aus solchen Erfahrungen, wenn du zwei potenzielle Siegfahrer in deinem Team hast und beide Punkte holen sollen, ohne die WM-Chancen in der Fahrerwertung zu gefährden."

Er gehe deshalb fest davon aus, dass man sich bei McLaren "hinsetzen" und die Geschehnisse genau analysieren werde. So sei das zumindest vor rund zehn Jahren bei Mercedes gelaufen, nachdem sich Hamilton und Rosberg zu nahe gekommen waren.

"Wir haben uns damals die ersten Spielregeln dieser Art einfallen lassen. Wir wollten das aber nicht als 'Regeln' bezeichnen und haben deshalb die Formulierung 'Racing Intent' gewählt", erklärt Wolff. Es geht also um eine interne Klarstellung, was Mercedes mit seinem Formel-1-Projekt bezwecken will und was das für die Fahrer auf der Rennstrecke und deren Verhalten im Teamduell bedeutet.

"[Von McLaren] sehen wir sicher bald ein ähnliches Papier", meint Wolff. Er halte Teamchef Andrea Stella und Teamboss Zak Brown für ein "sehr starkes Führungsduo" und könne daher nur empfehlen, "die Rahmenbedingungen abzustecken, was in solchen Situationen passieren soll".

Ungarn 2017: Hamiltons Rücktausch mit Bottas

Entscheidend sei dann, diese Regeln konstant zur Anwendung zu bringen, betont Wolff. Er verweist auf "eine ähnliche Situation" mit Hamilton und Valtteri Bottas aus der Formel-1-Saison 2017, ebenfalls in Ungarn. Hamilton hatte seinen Teamkollegen Bottas überholt, um eine Attacke auf Ferrari-Fahrer Kimi Räikkönen davor zu starten. Es gelang Hamilton aber nicht, an Räikkönen vorbeizugehen.


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"Wir baten dann um einen internen Rücktausch, weil wir Valtteri versprochen hatten, dass er die Position zurückbekommt, wenn Lewis Kimi nicht überholen kann", erklärt Wolff. "Das haben wir damals durchgezogen, obwohl Lewis um die WM kämpfte."

Für Hamilton war das eine Selbstverständlichkeit, wie er schon 2017 sagte: "So, wie das Team Valtteri darum bat, etwas zu tun, so erging es mir danach ebenfalls. Die Regeln sind für alle gleich." Er habe sich für das Team eingesetzt, meinte Hamilton.

Wie Stella falschen Ehrgeiz vermeiden will

Nichts anderes erwartet McLaren von seinen Fahrer, wie Teamchef Stella sagt: "Wir besprechen uns vor jedem Rennen. Dabei geht es um unsere Grundsätze. Denn wenn man in einem Formel-1-Rennen nur über Regeln spricht, läuft man Gefahr, sich in einem Problem zu verlieren. Nämlich dass jeder Fahrer unbedingt Erster sein will in der ersten Kurve, weil er damit Priorität kriegt."

Ihm gehe es deshalb um eine Klarstellung, "wie wir Rennen fahren wollen", so Stella. "Allzu viel will ich darüber nicht sagen, aber ein einfaches Beispiel geben: Das Interesse des Teams hat Vorrang. Wenn du hier Mist baust, kannst du kein Teil des McLaren-Teams mehr sein. Das ist das Prinzip."

Genau das sei Gegenstand der Besprechung vor dem Rennstart. "Außerdem geht es noch darum, dass wir uns noch einmal vergegenwärtigen, wie wir miteinander kommunizieren, wenn wir solche Situationen zu lösen haben", sagt Stella.

Warum McLaren keine Nummer 1 hat

Eine Nummer-1-Diskussion aber führt der McLaren-Teamchef bewusst nicht. Begründung: "Mit Oscar und Lando befinden wir uns in der glücklichen Position, dass wir eigentlich nicht festlegen müssen, wer ein Nummer-1-Fahrer ist. Das vereinfacht die ganze Sache auch für mich."

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Oscar Piastri und Lando Norris beim Ungarn-Grand-Prix 2024 Zoom Download

So könne McLaren die Rennen ganz nach dem Prinzip Fairness bestreiten. "Wenn also einer der beiden Fahrer ein Ergebnis verdient, dann schützen wir das", erklärt Stella. "Das könnten wir aber überdenken, falls es in den letzten Rennen des Jahres eine größere Titelchance gibt für einen der beiden Fahrer."

"Aber dann erwarte ich, dass der andere Fahrer zu mir kommt und sagt: 'Wenn ihr im Titelkampf meine Hilfe braucht für den anderen Fahrer, dann bin ich zur Stelle.' Eine solche Einstellung baust du nur auf, wenn du fair miteinander umgehst."

Warum McLaren mit der Irritation leben kann

Das gehe mitunter nicht ohne Irritation oder Nebengeräuschen, meint McLaren-Teamchef Stella. Ungarn 2024 habe also "vielleicht viel Material für Gerüchte geliefert", aber das sei "in Ordnung" aus seiner Sicht.

"So ist das im Motorsport", sagt Stella. "Und um ehrlich zu sein: Als Zuschauer oder Fan hat mir dergleichen immer gefallen, als ich noch nicht in der Formel 1 war. Aber man sollte festhalten, dass wir uns hier fair verhalten haben. Das soll das gesamte McLaren-Team erkennen, und hoffentlich erkennen das auch die Fans."

Laut Mercedes-Teamchef Wolff habe McLaren nur "versucht, das Richtige zu tun" und sei "zu seinem Wort gestanden". Entscheidend sei jetzt, das Gespräch mit den Fahrern zu suchen und sich dann darüber zu unterhalten, "wie es von hier aus weitergeht", so Wolff.

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