Max Verstappen: Wann wirklich die Entscheidung fiel im Rennen
Wie entscheidend die Überholmanöver von Max Verstappen gegen Norris und Russell wirklich waren für den Ausgang des Formel-1-Rennens in Spanien 2024
(Motorsport-Total.com) - Der Spanien-Grand-Prix 2024 in Barcelona wurde auf den ersten Metern entschieden. Das glaubt zumindest Formel-1-Weltmeister Max Verstappen.
© Motorsport Images
Max Verstappen im Red Bull hat Lando Norris im McLaren im Rückspiegel Zoom Download
Denn von P2 kommend war er gleich beim Start im direkten Duell an Pole-Mann Lando Norris von McLaren vorbeigegangen. 66 Rennrunden später lagen nur 2,219 Sekunden zwischen Rennsieger Verstappen und Norris auf Platz zwei.
Deshalb meint Verstappen: "Wäre ich beim Start nicht sofort an Lando vorbeigekommen, dann wären wir Zweiter geworden. Es sind solche Details, die über den Ausgang eines Rennens entscheiden können."
Verstappen schnappt sich Russell bei der ersten Gelegenheit
Doch mit Kurve 1 war es nicht getan für Verstappen und Red Bull, denn dort hatte sich noch ein anderer Fahrer in Szene gesetzt: Mercedes-Mann George Russell war von P4 kommend sensationell in Führung gegangen. Verstappen aber machte kurzen Prozess: Zu Beginn der dritten Runde nutzte er seinen DRS-Vorteil und überholte Russell außenrum in Kurve 1.
Und vor allem diesem Manöver misst Red-Bull-Sportchef Helmut Marko im ORF-Gespräch große Bedeutung zu: Es sei "entscheidend" gewesen für den weiteren Rennverlauf. Die gleiche Formulierung gebraucht auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Denn einmal in Führung, habe Verstappen das Renngeschehen kontrollieren und die Reifen schonen können. "Das war der Schlüssel in diesem Rennen", sagt Verstappen. Er räumt aber ein: So weit habe er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gedacht. "Du versuchst einfach nur, das zu tun, was du gerade für das Beste hältst." Und das waren zwei kompromisslose Attacken gegen seine Vorderleute.
Schon in der Startphase sei er "ziemlich entschlossen" gewesen, seine Chance zu suchen, sagt Verstappen. Doch beinahe wäre es hier schiefgegangen: Pole-Mann Norris hatte sofort zu Verstappen auf die rechte Fahrbahnseite herübergezogen und Verstappen dort mit den rechten Rädern aufs Gras gedrängt.
Warum Verstappen Witze reißt über die Startphase
Rückblickend kann Verstappen darüber lachen und scherzt: "Ich musste ein Rallye-Manöver zeigen und etwas aufs Gras fahren. Das hat mich Schwung gekostet." Was wiederum Russell überhaupt erst in die Position brachte, in Kurve 1 etwas zu probieren.
Kurz darauf war Russell machtlos gegen Verstappen. Der Red-Bull-Fahrer sei mit "enorm viel" Überschuss angekommen, "dass es überhaupt keinen Sinn ergeben hat, sich da zu verteidigen", erklärt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Und weil Verstappen alsbald aus dem DRS-Fenster herausgefahren sei, habe keine Konter-Möglichkeit bestanden. "Das war es dann", meint Wolff im ORF.
Und das alles auf den ersten rund zehn Kilometern im Rennen, was Red-Bull-Teamchef Horner großen Respekt abringt: "Der Start war ein Faktor, aber dann vor allem das Manöver gegen George. Max musste das schnell machen. Er hat seine Chance gesucht und er hat es auf die harte Tour gemacht, auf der Außenseite. Das war eng, aber fair. Danach waren wir erleichtert."
Das "perfekte Rennen" von Verstappen
Denn Verstappen hatte sich in die aus seiner Sicht optimale Ausgangslage für die restliche Grand-Prix-Distanz gebracht und kontrollierte das Rennen fortan von der Spitze aus. Dafür gibt es Sonderlob von Horner: "Max ist so entschlossen. Er macht einfach keine Gefangenen. Das ist eine seiner Schlüsselqualitäten. Du weißt: Wenn er da ist, dann wird er es probieren. Und das wissen auch die anderen Fahrer."
Am Ende steht laut Horner das "perfekte Rennen" von Verstappen, der damit seine Führung in der Formel-1-Weltmeisterschaft weiter ausgebaut hat. Von einem Spaziergang aber will Verstappen selbst nicht sprechen. Er schlägt nach dem siebten Sieg im zehnten Grand Prix mahnende Worte an, wenn er sagt: "Bisher ging alles gut. Aber darauf kannst du dich nicht immer verlassen."
"Unterm Strich musst du der Schnellste sein, um Rennen zu gewinnen. Und da fehlte es uns ein bisschen in den zurückliegenden Rennen."
Ralf Schumacher: Verstappen macht Werbung für sich selbst
Das erkennt auch Formel-1-Experte Ralf Schumacher, zumindest für den Spanien-Grand-Prix in Barcelona. In seiner Sky-Analyse sagt Schumacher: "Max Verstappen hat nicht im schnellsten Auto gesessen. Ich glaube das war eindeutig. Er hat aber bewiesen, dass er der beste Fahrer ist, da direkt an Russell vorbeizukommen, das Rennen so zu kontrollieren."
Er könne deshalb nur den "Hut ziehen" vor Verstappen und vor dessen Leistung. Nachsatz: "Sein Marktwert ist definitiv gestiegen."
Das komplette Rennen "am absoluten Limit"
Erstaunlich aus der Sicht von Marko ist die schiere Konstanz von Verstappen über alle drei Stints hinweg, was die Datenanalyse bei F1 Tempo nur bestätigt: Erst in den letzten vier Rennrunden geht die Leistung von Verstappens Red Bull RB20 zurück, nachdem sie davor ein mustergültig gewesen ist. Ein kleiner schwarzer Fleck auf einer sonst weißen Weste im Rennen.
Oder wie es Verstappen selbst formuliert: "Am Ende eines Stints hat uns ein bisschen die optimale Pace gefehlt. Da kam etwas mehr Reifenverschleiß dazu. Es war also nicht so einfach, denn Lando hat dann nochmal ziemlich aufgeholt. Aber zum Glück ging alles gut und es hat genau gereicht."
Das ist laut Horner dem "Null-Fehler-Job" von Team und Fahrer zuzuschreiben. Verstappen habe die "optimale Strategie" im Rennen perfekt umgesetzt, die Boxencrew mit schnellen Stopps ihren Teil zum Erfolg beigetragen. "Und Max hat unter Beweis gestellt, warum er Weltmeister ist. Wenn es darauf ankommt, ist er zur Stelle", sagt Horner.
Das sei "natürlich aufregend", meint Verstappen. Ihm gehe es dabei aber nicht um die Außenwirkung, sondern rein um sein eigenes Abschneiden. "Denn ich will mehr Leistung haben, weil wir aktuell nicht die Schnellsten sind. Deshalb musste ich Druck machen bis zum Schluss", erklärt er. "Aber dank des ersten Stints waren wir komfortabel vorne."