• 23. Juni 2024 · 19:22 Uhr

Ferrari-Duell in Barcelona: Leclerc ärgert sich über Sainz, der sich im Recht sieht

Charles Leclerc und Carlos Sainz geraten in der Anfangsphase des Spanien-Grand-Prix im Zweikampf aneinander: Wie beide und Teamchef Vasseur die Szene beurteilen

(Motorsport-Total.com) - Auf dem Weg zu den Plätzen fünf und sechs im Grand Prix von Spanien in Barcelona kamen sich die Ferrari-Piloten Charles Leclerc und Carlos Sainz in der Anfangsphase des Rennens einmal näher als es dem Kommandostand lieb sein konnte. Gestartet war Leclerc von P5 und Sainz von P6.

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Carlos Sainz und Charles Leclerc im Parc Ferme nach dem Rennen Zoom Download

In der ersten Kurve der Strecke wurde es im Teamduell einmal so eng, dass Sainz beim Angriff auf Leclerc die asphaltierte Auslaufzone neben der Strecke beanspruchte. Zuvor hatte es eben in Kurve 1 eine Berührung zwischen der linken Seite des Frontflügels von Leclercs Auto und dem rechten Hinterrad von Sainz' Auto gegeben. Dabei wurde Leclercs Frontflügel beschädigt.

Als sich Sainz nach seinem Umweg durch die asphaltierte Auslaufzone wieder auf der Strecke einreihte, lag er zunächst vor Leclerc. Im weiteren Verlauf des Rennens fiel er dann aber doch wieder hinter seinen Teamkollegen zurück. Ins Ziel kam Sainz als Sechster mit acht Sekunden Rückstand auf Leclerc, der Fünfter wurde. Sainz spricht in diesem Zusammenhang von einer Teamorder, indem er sagt: "Ja. Ich habe ihn vorbeigelassen."

Leclercs Sichtweise: Sainz hat sich nicht an Strategie gehalten

Die Szene aus Kurve 1 beschäftigt beide Ferrari-Piloten nach dem Rennen noch. Leclerc wirft Sainz vor, sich nicht an die Strategie gehalten zu haben, die da hieß, Reifen schonen: "Wir hatten vor dem Rennen ausgemacht, dass der Beginn die Phase ist, in der wir beide unsere Reifen so gut wie möglich schonen müssen. Und wir wissen, wie wichtig die letzte Kurve dafür ist. Daran habe ich mich gehalten, Carlos anscheinend nicht."

"Er hat das genutzt, um mich zu überholen", so Leclerc. Die Kollision bezeichnet er als "schade, denn sie hat uns aus der Bahn geworfen. Mein Frontflügel war für den Rest des Rennens beschädigt. Es war nur ein kleiner Schaden, aber jedes Detail macht einen Unterschied. Und wenn man sieht, wie wenig am Ende auf George [Russell] gefehlt hat, ist das ärgerlich. Aber es ist, wie es ist."

Auf Nachfrage, ob er davon ausging, dass ihm Sainz mehr Platz lassen würde, antwortet Leclerc: "Ich habe überhaupt nicht verstanden, warum er das überhaupt gemacht hat. Vor dem Rennen wurde klar gesagt, dass wir in dieser Phase des Rennens Reifen schonen sollen. Somit war es ein bisschen unnötig. Ich verstehe aber, dass es sein Heimrennen ist und dass es auch um seine Karriere geht. Deshalb vermute ich, dass er wohl etwas Spektakuläres zeigen wollte. Ich war aber wohl nicht der Richtige dafür."

Sainz' Sichtweise: "Weiß nicht, ob er einen Fehler gemacht hat"

Sainz sieht die Sache naturgemäß etwas anders. "Ich hatte das Gefühl, dass er mich von der Strecke gedrückt hat", sagt der Spanier. "Ich hatte eine halbe Autolänge Vorsprung. Die Regel in diesem Jahr besagt ja eigentlich, wenn du auf der Außenbahn vorne liegst, dann muss dir Raum gelassen werden. So haben die Kommissare das in diesem Jahr normalerweise bewertet."

"Deshalb habe ich versucht, mir diese Regel zu Nutze zu machen", gibt Sainz zu. Mit Verweis auf Leclerc fügt er hinzu: "Ich sage nicht, dass er aggressiv gefahren ist oder nicht aggressiv gefahren ist. Es geht mir einfach darum, die Regel anzuwenden, welche die Kommissare schon in der gesamten aktuellen Saison angewandt haben."


Der Spanien-Grand-Prix in der Analyse

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Aber Sainz verteidigt sein Manöver gegen Leclerc nicht nur mit Verweis auf die Kommissare. Der Spanier sieht sich auch anderweitig im Recht. "Ich habe attackiert, wir hatten frische Softs drauf, Mercedes auch, und wir mussten in den ersten Runden mit den frischen Reifen attackieren und versuchen, sie zu überholen. Das haben wir auch vor dem Rennen gesagt. Ich habe Charles überholt, weil ... Ich weiß nicht, ob er einen Fehler gemacht oder die Reifen zu sehr geschont hat."

"Er hat sich dafür entschieden, die Reifen stärker zu schonen. Letztendlich hat das für ihn geklappt. Er hat mich geschlagen, mit Soft-Medium-Soft. Ich war aggressiver unterwegs, mit Soft-Medium-Hard. Das ist nicht aufgegangen. Es ist, wie es ist", sagt Sainz. Und mit Verweis auf Leclerc fügt er noch hinzu: "Er hat sich schon zu oft nach dem Rennen über irgendwas beschwert. Ich frage mich, ob er das ernst meint, an dem Punkt der Saison."

Teamchef Vasseur will Kollision nicht überbewerten

Leclerc besteht darauf, dass "der Kampf zwischen Carlos und mir nicht fair war, vor allem war er in diesem Moment nicht fair". Der Monegasse glaubt, dass Mercedes-Pilot George Russell ohne die Ferrari-interne Kollision nicht Vierter, sondern Fünfter geworden wäre.

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Nach der Berührung fuhr Sainz vor Leclerc - im Ziel lag er dann hinter ihm Zoom Download

"Meiner Meinung nach haben wir mit der Berührung die Gelegenheit verschenkt, Vierter zu werden. Wir haben unsere Möglichkeiten als Team nicht maximiert", sagt Leclerc und fügt hinzu: "Wir werden teamintern darüber reden und ich bin mir sicher, dass für das nächste Rennen wieder alles okay ist. [Sainz] wird die Bilder sehen und dann verstehen, dass ich innen war und er nicht so früh einlenken konnte."

Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur will die Kollision nicht überbewerten, schon gar nicht so kurz nach dem Rennen. "Wir ziehen keine Schlüsse aufgrund der ersten Kommentare, die die Fahrer abgeben, wenn sie frisch aus dem Auto aussteigen."

Was Vasseur tut, das ist die eingangs von Sainz erwähnte Teamorder zu bestätigen. "Es gab auch andere Situationen im Rennen, die uns ein, zwei Sekunden gekostet haben. Und Carlos hat sofort Plätze getauscht, als wir ihn darum gebeten haben", so der Ferrari-Teamchef.

Auf Nachfrage, ob es in seinen Augen ein Rennunfall war, antwortet Vasseur kurz und knapp mit: "Ja." So sieht es auch Ralf Schumacher. Der Ex-Formel-1-Pilot urteilt in seiner Rolle als TV-Experte bei Sky: "Unter Teamkollegen ist das schon mal so. Sie sind sich nahe gekommen, war aber möglich, war gut. Wir wollen es ja sehen, dass sie Rennen fahren. Also alles gut."

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