Ferrari erklärt: Das steckt hinter dem großen Barcelona-Upgrade
Ferrari hat in Barcelona ein großes Upgrade im Gepäck, das das Imola-Paket ergänzen soll und parallel zu diesem entwickelt wurde
(Motorsport-Total.com) - Erst zum Formel-1-Rennen in Imola hatte Ferrari ein umfangreiches Upgrade-Paket für seinen SF-24 mit im Gepäck, und nach zwei Rennen ohne Verbesserungen macht die Scuderia in Spanien nun den nächsten größeren Schritt, der sich sehen lassen kann.
Ferrari bringt nach Barcelona wieder eine ganze Latte an neuen Teilen mit, darunter Anpassungen an Unterboden, Seitenkasten und Diffusor (die Übersicht aller Upgrades 2024). Laut Chefingenieur Jock Clear soll das Upgrade ähnlich groß sein wie das in Imola, dieses aber vor allem ergänzen.
"Es geht in dieselbe Richtung", bestätigt er. "Es gibt subtile Unterschiede, aber trotzdem Unterschiede. Sie ergänzen sich gegenseitig. Es ist nicht so, dass das Barcelona-Update das Imola-Update überlagert. Sie sind in unterschiedlichen Bereichen, von daher gibt es Teile des Imola-Kits, die immer noch im Barcelona-Update sind."
Doch was bringt das neue Ferrari-Paket jetzt nun genau? "Wir haben oft darüber gesprochen, dass wir das Auto etwas sanfter machen und es ein wenig beruhigen wollen", erklärt Clear. "Vieles von dem, was wir im letzten Jahr getan haben, basiert auf dieser Erkenntnis."
"Parallel müssen wir immer mehr Abtrieb bringen, das ist ein No-Brainer", sagt er. "Es ist also ein bisschen mehr Downforce, ein bisschen weniger Luftwiderstand. Es ist also etwas effizienter, und das kann man ja überall brauchen. Es verändert aber nicht notwendigerweise die Arbeitsweise."
Clear betont, dass das neue Paket dabei keineswegs eine Reaktion auf das Imola-Upgrade sei, sondern parallel zu diesem entwickelt wurde. "Wir haben nicht erst geschaut, was es bringt. Sondern das war immer als paralleles Upgrade eingeplant", sagt er.
Clear unbesorgt: Korrelation passt
Das bringt aber zumindest eine kleine Gefahr mit sich, dass es nicht passt, wenn das Imola-Upgrade nicht wie geplant funktioniert hätte. Doch bei der Scuderia gibt man sich zuversichtlich: "In der jüngeren Vergangenheit hatten wir immer eine sehr gute Korrelation", sagt Clear. "Wir haben als keinen Grund zu glauben, dass es das nicht tut."
Solange das neue Barcelona-Upgrade so wie erwartet funktioniert, solange habe man die Bestätigung, dass Ferrari weiß, was am Auto passiert. "Wir mussten nicht warten", betont Clear. "Wir mussten nicht auf das Imola-Upgrade warten und sagen: 'Okay, was macht es? Gehen wir jetzt in diese Richtung.'"
"Wir wussten, was das Imola-Paket machen würde, und genau das tat es auch", so der Chefingenieur. "Und parallel haben wir auf die nächsten Schritte darüber hinaus geschaut. Und genau das kann man hier sehen."
Am Freitag im Training lief es für Ferrari schon einmal recht ordentlich. Carlos Sainz belegte knapp hinter Lewis Hamilton Platz zwei, Teamkollege Charles Leclerc kam auf Rang sechs.
Ferrari zieht Update vor
Clear bestätigt derweil weiter, dass Ferrari das neue Paket ein bisschen früher gebracht hat als ursprünglich geplant. Früher war Barcelona meist der Ort für das erste große Upgrade. Damals war man aber auch noch der Europaauftakt und teilweise das vierte Rennen im Kalender - 2024 ist man bereits das zehnte Rennen, und man war zuvor bereits in Imola und Monaco.
Im Gegensatz zu diesen beiden Strecken ist Barcelona aber trotzdem ein guter Ort für Upgrades, weil die Teams die Strecke gut kennen und der Kurs als Abziehbild der Saison gilt, weil hier viele unterschiedliche Charakteristiken gefordert werden und das Auto auf Herz und Nieren geprüft werden kann.
Früher hieß es: Wer in Barcelona schnell ist, der ist überall schnell.
"Barcelona ist ein fantastischer Ort, um ein Auto zu evaluieren. Wenn du kannst, dann willst du immer mit einem Paket nach Barcelona kommen", sagt er. "Darum haben wir ja auch die ganzen Wintertests dort absolviert, und dadurch haben wir auch so viel Erfahrung hier, dass es alle anderen Variablen ausgleicht. Man bekommt einen guten Einblick in das Paket."
Clear sagt aber auch, dass das Imola-Paket ein so guter Schritt war, dass es sich Ferrari leisten konnte, das Upgrade eigentlich später zu planen. Und mit Spielberg und Silverstone stehen danach zwei weitere Strecken an, auf denen ein Upgrade gut zum Tragen kommen würde.
"Aber wir haben es etwas vorgezogen, denn im Moment ist es supereng", so Clear. "Und wenn man ein Rennen früher kommen kann, dann sind die Verbesserungen doppelt effektiv, denn es ist ja auch immer ein Rennen, oder? Es geht nicht nur darum, was unsere Upgrades tun, sondern auch darum, was die anderen tun."
"Und wenn wir ein Upgrade etwas früher bringen können als andere, dann ist man da ein wenig im Vorteil."
Andere Entwicklungsweise als noch vor ein paar Jahren
Das sei für ihn auch ein Merkmal der modernen Formel 1. Brachte man früher über vereinzelte Rennen größere Updates, so haben die meisten Teams bei jedem Rennen zumindest kleinere Verbesserungen mit im Gepäck, um sich im engen Feld einen Vorsprung zu verschaffen.
"Wenn dein Upgrade früher nicht mindestens zwei Zehntel gebracht hat, dann war es die Einführung vermutlich nicht wert", meint Clear. "Zwei Zehntel haben nicht wirklich einen Unterschied gemacht, aber wenn dein Upgrade heute ein Zehntel wert ist, dann macht das den Unterschied zwischen Platz eins und fünf - oder vielleicht kommst du nicht in Q3."
Auch die Entwicklung hat sich in den Jahren stark verändert. Früher hatten Teams bei weitem nicht so viele Daten wie heute, mussten aber eben auch nicht mit so vielen Variablen arbeiten.
Clear: Machen heute alles deutlich besser
"Das ist, als würde man einen Laptop von 2010 mit einem Laptop von 2024 vergleichen", sagt Clear. "Es gibt keinen Vergleich. Alles, was wir tun, ist deutlich besser."
"Viele von uns, die schon lange dabei sind, haben vielleicht die rosarote Brille auf und sagen gute, alte Zeit, aber wir müssen akzeptieren, dass wir heute alles viel besser machen als damals", so der Ingenieur.
Sicherlich seien manche Entwicklungen damals einfacher zu finden gewesen, "aber das ist auch, weil die Gegner keinen so guten Job gemacht haben", sagt er. "Du warst einfach der Beste unter den Leuten, die keinen guten Job gemacht haben - und das meine ich nicht respektlos."
"Aber damals gab es noch nicht die entsprechenden Werkzeuge, aber wie in jedem anderen technologischen Bereich sind wir heute dem damaligen Stand weit voraus. Und wir würden nicht zurückgehen. Wir blicken zwar gerne zurück, aber die Werkzeuge, die wir jetzt haben, ermöglichen uns eine viel genauere Arbeit als damals."
"Und als Ingenieure lieben wir das. Wir freuen uns über immer mehr Genauigkeit, auch wenn dadurch die Marge noch kleiner wird."