Fehlerfreier Job: Rückt das Haas-Cockpit für Bearman damit näher?
Oliver Bearman konnte die Erwartungen von Haas am Freitag in Imola erneut erfüllen und seine Chancen auf das Stammcockpit 2025 steigern
(Motorsport-Total.com) - Hinter Oliver Bearman liegt ein aufregender, aber auch anstrengender Tag. Denn der Brite hat nicht nur Training und Qualifying der Formel 2 in Imola absolvieren müssen, sondern durfte zwischen den beiden Sessions auch noch in den Formel-1-Boliden von Haas steigen, um das erste Freie Training (Formel 1 2024 live im Ticker) zu absolvieren.
"Ich habe mich heute rund fünf Mal umgezogen und bin hin und her gerannt", lacht er. "Ich werde irgendeine Art Moped oder Scooter brauchen, damit das etwas einfacher wird."
Denn für Bearman wird es nicht das einzige Mal sein, dass er dieses Programm durchziehen darf. Denn Imola war das erste von sechs geplanten Freitagstrainings für den 19-Jährigen (zur Übersicht der Freitagsfahrer 2024), der seine Feuertaufe schon in Dschidda hatte, als er bei Ferrari für Carlos Sainz einspringen durfte.
Diesmal war es "nur" das erste Freie Training für Haas, dennoch war es für den Briten erneut eine besondere Erfahrung: "Ich denke nicht, dass ich mich jemals daran gewöhnen werde, in der Formel 1 aus der Garage zu fahren - vor allem auf so einer besonderen Strecke wie hier, die viel Geschichte und Emotion hat", so Bearman.
"Es war toll, wieder zurück ins Formel-1-Auto zu steigen. Ich liebe es", strahlt er. "Aber es geht immer ein bisschen zu schnell vorbei."
Lob von Haas-Teamchef Komatsu
Sportlich hat Bearman seine Sache wieder gut gemacht und die Erwartungen des Teams erfüllt: "Wie zuvor hat er einen sehr guten Job gemacht", lobt Teamchef Ayao Komatsu den Youngster nach dem 15. Platz. Damit war er auch schneller als Nico Hülkenberg, der aber Probleme hatte und mehr als zwei Sekunden hinter Bearman lag.
"Er hatte einen ordentlichen Run auf dem weichen Reifen mit viel Sprit, und hat sich auch gut mit dem Reifenmanagement angestellt", sagt der Japaner. "Er hat also wieder einen wirklich guten Job gemacht."
Bearman selbst sagt, dass er mit seiner Leistung im Training zufrieden war, auch wenn er betont, bei der Qualifying-Simulation auf weichen Reifen noch nicht alles herausgeholt zu haben - einerseits weil er das zuvor noch nicht gemacht hat (außer bei Ferrari in Dschidda) und andererseits weil er weiß, dass seine Hauptaufgabe ist, das Auto nicht kaputt zu machen.
"Ich setze mich also nicht unter Druck, das zu früh schaffen zu müssen, denn es ist nur das erste Training und ich möchte nicht zu viel riskieren", so der Brite. "Aber auf dem Longrun habe ich mich wirklich gut gefühlt und ich hatte das Gefühl, dass ich mit dem Auto pushen kann und es Sinn unter mir gemacht hat. Ich hatte eine konstante Balance, und das ist ein gutes Gefühl."
Kleiner Lapsus im Formel-2-Training
Für Bearman war das Training aber auch in gewisser Weise knifflig, denn der 19-Jährige stieg mit einem Negativerlebnis ins Auto. Das Training der Formel 2 hatte nämlich aufgrund eines Unfalls des Youngsters vorzeitig beendet werden müssen. Bearman war in Kurve 3 von der Strecke abgekommen und in die Streckenbegrenzung gefahren. Das durfte ihm bei Haas nicht noch einmal passieren.
"Ja, ich habe gehofft, dass ihr meinen Unfall nicht gesehen habt", lacht er. "Aber ich bin froh, dass ich das in der Formel 1 ein wenig beiseiteschieben konnte." Natürlich sei er nach dem Missgeschick ein wenig nervös gewesen, auch weil Imola als Oldschool-Strecke keine Fehler verzeiht. "Das habe ich auf die harte Tour gelernt", sagt er. "Zum Glück habe ich es im Training hinter mich gebracht."
Mit seinem fehlerfreien Auftritt in der Formel 1 hat sich Bearman wieder ein Stück näher an das Cockpit für 2025 gebracht. Denn sollte er sich bei seinen Trainingseinsätzen gut schlagen, dann stehen die Chancen gut, dass er im kommenden Jahr eines der Cockpits bei Haas besetzen wird.
Verwirrung um Qualifying-Zeit
Und seinen Fehler aus dem Formel-2-Training hat er wenig später mit Platz zwei im Qualifying auch wieder geradegebogen - auch wenn er um diesen zittern musste. Denn zunächst wurde die Zeit des Prema-Piloten gestrichen und er nach hinten versetzt, bevor seine Zeit nachträglich wieder für gültig erklärt wurde.
"Ja, das war ein wenig chaotisch", sagt er und kritisiert ein wenig die Regeln. Er versteht nicht, wieso die Kommissare bezüglich der Tracklimits so strikt sind, wenn hinter dem Randstein ohnehin das Kiesbett anfängt. Denn wie in der Formel 1 ist es auch für die Formel-2-Piloten schwierig, die weiße Linie aus dem Auto heraus zu sehen.
"Und wenn man dann zwei Millimeter drüber ist ...", hadert er. "Es war ein schwieriger Moment, als die Rundenzeit gestrichen wurde und ich wieder nur von Platz 16 hätte starten dürfen. Das wäre schrecklich gewesen. Aber so bin ich glücklich, dass die Runde wieder zählt und gesunder Menschenverstand eingeschaltet wurde."
Und so gab es für ihn doch noch ein Happy End nach einem aus mehreren Gründen aufregenden Imola-Freitag.