Red Bull: "Unerklärlich", was bei Max Verstappen los war
Was Helmut Marko zum unterschiedlichen Abschneiden der Red-Bull-Fahrer beim Sprint-Qualifying der Formel 1 2024 in China sagt und was schiefgelaufen ist
(Motorsport-Total.com) - Nach drei Doppelsiegen in bisher vier Grands Prix sind die Plätze vier und sechs im Sprint-Qualifying zum China-Grand-Prix 2024 in Schanghai eine Enttäuschung für Formel-1-Dominator Red Bull. Noch dazu, weil das aktuelle Spitzenteam sein Abschneiden auf nasser Strecke nicht ganz nachvollziehen kann.
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Max Verstappen im Red Bull RB20 beim Sprint-Qualifying der Formel 1 in Schanghai 2024 Zoom Download
"Bei Max [Verstappen] kamen einfach keine Temperaturen in die Reifen", sagt Red-Bull-Sportchef Helmut Marko im Gespräch mit ServusTV. "Warum, das wissen wir auch nicht."
Denn am Schwesterauto von Sergio Perez habe alles normal funktioniert, und "wir hatten bei beiden Autos den nahezu identischen Luftdruck [in den Reifen]", meint Marko. "Trotzdem ist [nur] bei Perez mit jeder [Runde] die Temperatur angestiegen."
Verstappen wiederum kämpfte fortwährend mit kalten Reifen: "Deshalb war es sehr schwierig, das Auto auf der Strecke zu halten. Denn das Auto war nie im richtigen Fenster, also fuhr ich wie auf Eis", erklärt der aktuelle WM-Führende bei Sky.
Auf der nassen Fahrbahn sei es "unheimlich rutschig" gewesen. Was sich auch darin zeigte, dass Verstappen bei zunehmendem Regen von der Strecke flog und vom Gas gehen musste. "Deshalb ist die Position im Qualifying auch ziemlich verdient", sagt Verstappen. "Eigentlich hat es für mich im Nassen nicht funktioniert."
Laut Marko hat "die Kombination" aus niedrigen Temperaturen, nasser Strecke und grundsätzlich wenig Grip in Schanghai zum Red-Bull-Abschneiden beigetragen. "Dennoch ist unerklärlich für uns, warum bei einem Auto die Temperaturen ansteigen, wie sie sollen, aber bei Max das Gegenteil. Da sind sie fast gesunken", sagt Marko.
Wie Verstappen noch an Perez vorbeizog
Trotzdem steht Verstappen mit P4 bei 2,088 Sekunden Rückstand auf Lando Norris im McLaren gut dreieinhalb Zehntel vor seinem Red-Bull-Teamkollegen Sergio Perez, der am Ende P6 belegte.
Und Marko macht nicht Verstappen einen Vorwurf, sondern Perez. Denn der Mexikaner sei mit den wärmeren Reifen "wettbewerbsfähig" gewesen und "hätte ganz vorne sein können", wenn er nicht ebenfalls einen "Ausrutscher" gehabt hätte, meint Marko.
Tatsächlich hatte Perez zwei Minuten vor Schluss das Sprint-Qualifying noch angeführt. Dann warf erst Verstappen eine mögliche Steigerung ins Kiesbett der Zielkurve, bevor Perez seine eigene Bestzeit noch einmal um 0,080 Sekunden unterbot.
Und es blieb turbulent aus Red-Bull-Sicht: Verstappen gelang im letzten Versuch eine Steigerung, Perez dagegen rutschte bereits in der Schneckenkurve weg, verpasste das optimale Einlenken vor Kurve 11 und kam nur zögerlich aus der Haarnadelkurve heraus. Zum Schluss flog er, ähnlich wie Verstappen zuvor, noch in der Zielkurve ab und rodelte durch den Kies.
Seine erste Reaktion am Funk: "Scheiße, ich habe mich verbremst!"
Warum Red Bull dennoch optimistisch ist
Doch geht es nach Marko, ist all das nur eine Momentaufnahme. Er wähnt sein Team für den Rest des China-Grand-Prix mit Sprint und Qualifying am Samstag sowie Rennen am Sonntag (hier alle Formel-1-Einheiten im Liveticker verfolgen!) gut aufgestellt.
"In der trockenen Session [am Freitagvormittag] waren wir vorne. Am Auto von Max hatten wir einen Fehler gefunden. Wir haben dann Kleinigkeiten verändert. Das hat sich positiv ausgewirkt", sagt Marko.
"So gesehen sind wir optimistisch für das Qualifying am Samstag, sofern es trocken ist. Und wenn es nass ist, dass wir dann den Grund finden, warum wir keine Reifentemperatur zustandegebracht haben."
Bedenken hat höchstens Verstappen, weil er auf der Innenseite losfahren muss beim Sprint. Das sei "nicht ideal", weil auf der inneren Linie traditionell "viel weniger Grip" zu finden sei. Die Oberflächen-Behandlung der Rennstrecke verschärfe die Situation zusätzlich.
"Wir müssen versuchen, bestmöglich loszukommen. Dann folgt im Sprint ein ziemlich langer Stint auf nur einem Reifensatz. Aber das macht es recht interessant", sagt Verstappen.
Ist ein Sprint in China wirklich sinnvoll?
"Interessant" ist aber nicht das Wort, das Red-Bull-Sportchef Marko benutzt, wenn er über das Sprintformat an diesem Wochenende nachdenkt. Denn schon vor dem Wochenende hat es Kritik an der Entscheidung gegeben, beim China-Comeback nach fünf Jahren nur ein Freies Training zu haben.
Nun meint Marko: "Die Startaufstellung [für den Sprint] zeigt beide Sauber in den Top 10 und so weiter. Es hatte schon einen gewissen Lotterie-Charakter. Die Kombination aus Sprint und Strecke, wo wir mit der aktuellen Autogeneration überhaupt noch nicht gefahren sind, das war schon etwas am oder über dem Limit."