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Mercedes: Schlechtes Ergebnis, gutes Gefühl
In den Niederrungen der Top 10, trotzdem herrscht bei Mercedes nach dem Japan-Quali keine Katerstimmung - Wolff und seine Fahrer nennen die Gründe
(Motorsport-Total.com) - Zarte Knospen trägt sie, ganz gleich der Kirschblüte rund um die Formel-1-Strecke im japanischen Suzuka: Mercedes' Hoffnung auf Besserung im Kampf mit den Top-Teams der Königsklasse.
Dabei ist das Ergebnis am Samstag im Qualifying zum Japan-Grand-Prix schlecht für die Silberpfeile - oder "unerfreulich", wie Teamchef Toto Wolff die Plätze sieben und neun für Lewis Hamilton und George Russell nennt. Fast wäre es sogar noch unerfreulicher geworden, denn die Stewards brummen Russell nach der Session eine Strafe für ein "unsafe Release" in der Boxengasse auf.
Wolff will die heikle Szene mit Oscar Piastri in Q1 nicht wirklich beurteilen: "Schwierig. Es hätte auf keinen Fall in einem massiven Crash geendet, wenn er da rausgefahren wäre", sagt der Wiener bei Sky, seinen Piloten spricht er zugleich von jeglicher Schuld frei: "Man sieht, der Kopf ... er hätte ihn gar nicht sehen können", glaubt Wolff und räumt ein: "Das war das Team." Folgerichtig bestrafen die Regelhüter auch nicht Russell, sondern den Rennstall - in Form von 5.000 Euro Geldstrafe.
Trotz des kostspieligen Fehlers und der mauen Performance: "Wenn man etwas Positives sieht, dann dass Suzuka die Strecke ist, die im letzten Jahr wahrscheinlich zu unseren schlechtesten gezählt hat", ordnet Wolff ein: "Und wir sind ein Zehntel weg von einer soliden Position vorne. Das nehmen wir mit."
Der Wiener rechnet vor: "Man kann sich's immer schönrechnen: Ein Zehntel, und du bist in der zweiten Startreihe. Ist das gut genug oder nicht? Weiß ich nicht. Unerfreuliches Gesamtergebnis. Aber an der Performance sehe ich was Positives." Konkret heißt das: "Eine Tendenz, dass das, was wir probiert haben, funktioniert hat", so Wolff: "Ich glaube, dass unser Auto gar nicht so schlecht war heute. Wir haben was ganz Neues probiert. Das hat uns viel näher an die Spitze gebracht, nämlich genau um die Hälfte näher als letztes Jahr, viel näher an McLaren."
Mercedes: Experimente gehen auf
Auch von Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin gibt es nach dem Zeittraining deshalb ermutigende Signale: "Wir sind nach Japan gereist, um zu versuchen, das Auto über das Wochenende konstanter und fahrbarer zu machen. Erfreulicherweise sieht es so aus, als hätten wir in dieser Hinsicht einige Fortschritte erzielt."
Grund für die zaghafte Euphorie bei Mercedes ist die positive Resonanz auf Experimente mit verschiedenen Set-up-Richtungen in den Trainingsläufen. Laut dem Team liegt das Auto dadurch jetzt viel stabiler - nun muss es nur noch schneller werden. Für den Grand Prix am Sonntag in Suzuka aber wohl erstmal ein schwieriges Unterfangen: Wolff geht nach dem Qualifying davon aus, dass die Silberpfeile auch im Rennen da fahren, "wo wir sind. Man sieht's, zwischen den Teams ist nicht viel um."
"Der Ferrari hatte den stärksten Longrun. Ich glaube, dass Leclerc einiges nach vorne wandern wird. McLaren wiederum hatte nicht so gute Longruns, Alonso einen nicht so guten Longrun", so Wolff, der warnt: "Aber Überholen ist schwierig. Das wird sich alles da in dem Pack abspielen."
George Russell machen dabei die unterschiedlichen Reifenmischungen der Konkurrenten Hoffnung, dass sich doch noch was durchmischt in der Verfolgergruppe. Dabei weiß der Brite aber auch um die Limitierungen seines Dienstwagens in Suzuka: "Unser Schwachpunkt sind die schnellen Kurven. Im Qualifying nimmst du Sprit raus, die Kurven werden also noch schneller und schneller. Die Pace kommt uns dann in diesen Ecken normalerweise etwas abhanden", erklärt Russell: "Wir sehen in den Daten, was passiert - aber das zu lösen, ist eine andere Frage."
Daher auch die unterschiedlichen Ansätze im Training: "Wir fahren definitiv schon drastischere Tests im Moment, um der Performance bei Höchstgeschwindigkeit Herr zu werden. Das Auto korreliert gut in langsamen und mittelschnellen Passagen, aber in den schnellen sind wir weit weg", verrät der Mercedes-Pilot, wenngleich er darauf hinweist: "Es ist gut, dass das so früh in der Saison heraussticht."
Ohnehin glaubt Russell: "Es ist mit diesem Kalender einfach etwas unglücklich, denn wir hatten jetzt drei Strecken mit Hochgeschwindigkeit in Folge. Wenn wir die Saison in Bahrain, Baku und Singapur begonnen hätten, würde das Bild für uns wahrscheinlich ganz anders aussehen."
Hamilton will von Teamduell nichts wissen
Für Teamkollege Lewis Hamilton, der Russell am Samstag im Qualifying erstmals in dieser Saison schlagen kann, geht es schon allein deshalb leistungstechnisch bergauf - auch, wenn der Rekordweltmeister vom Teamduell nichts hören will. Der Brite sagt: "Wir kämpfen nicht um eine WM, wir wollen einfach nur das Beste aus diesem Auto rausholen. Für mich macht das also keinen Unterschied."
Sehr wohl aber dieser Umstand: "Für uns ist das Wochenende bisher wie Tag und Nacht, allein damit, wie wohl ich mich im Auto gefühlt habe", sieht Hamilton ein Licht am zuletzt eher düsteren Horizont. "Ich glaube, da haben wir über die letzte Woche einen guten Job gemacht, auch mit den Analysen von allen aus der Fabrik, um zu verstehen, wie wir das Auto besser ins Fenster bekommen können."
Allein: Von Experimenten möchte Hamilton nichts wissen, ganz im Gegenteil: "Ich versuche dieses Wochenende eben nicht all dieses verschiedenen und wahllosen Dinge. Ich bin viel mehr darauf bedacht, vernünftige Änderungen vorzunehmen und denke, dass das geklappt hat."
Vor allem der erste Sektor in Suzuka stimmt Hamilton dabei positiv: "Es ist hier absolut unglaublich, wenn das Auto da ist, wo man es haben möchte und ich kann auch genau spüren, wo es schwach ist. Also eigentlich ist es die perfekte Teststrecke, es zeigt die Limitierungen des Autos auf und wo man es verbessern muss."
Zeitenmäßig sei auf seiner schnellsten Quali-Runde auch nicht mehr viel drin gewesen, argumentiert Hamilton: "Ich habe so ziemlich alles rausgeholt. Wir müssen jetzt einfach noch mehr Performance hinzufügen." Damit die Freude der Silberpfeile bald auch wieder beim Blick auf die Ergebnisliste beginnt - und nicht erst beim gefühlten Performance-Barometer.