Red Bull warnt vor Ferrari, aber: Update hat "auf Anhieb funktioniert"
Red Bull wähnt sich mit dem neuen Update am RB20 beim Formel-1-Wochenende in Japan als Favorit, doch Ferraris Longrun im ersten Training macht Sorgen
(Motorsport-Total.com) - Auch wenn das zweite Freie Training der Formel 1 in Japan buchstäblich ins Wasser fiel, wird Red-Bull-Pilot Max Verstappen als Favorit in das restliche Wochenende gehen. Der Niederländer setzte im repräsentativeren ersten Freien Training am Vormittag die Bestzeit mit einem Vorsprung von 0,181 Sekunden auf Teamkollege Sergio Perez.
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Charles Leclerc vor Sergio Perez auf der Strecke im Training von Japan Zoom Download
Im Fokus stand dabei das Update am RB20, was zwar nicht wie vorher spekuliert das Zeropod-Konzept von Mercedes aus den Vorjahren aufgreift, dafür jedoch einige interessante Änderungen am Seitenkasten aufweist sowie einen modifizierten Unterboden. Umfangreiche Schlüsse lassen sich nach der verkürzten Trainingszeit aber nicht schließen.
"Wir sind sehr zufrieden", fasst Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko den ersten Tag in Japan zusammen. "Wir haben wir ein relativ umfangreiches Update gebracht, das hat im Großen und Ganzen auf Anhieb funktioniert. Feinabstimmung, die wollten wir [im zweiten Training] machen. Ich hoffe, dass das Wetter morgen besser ist."
Verstappen vermutet: Feld in Suzuka enger zusammen als 2023
Verstappen fügt hinzu: "Das war heute ein guter Start für uns und ich fühlte mich wohl mit dem Auto. Es gibt noch ein paar Dinge, die wir ausprobieren und überprüfen müssen, aber insgesamt war es ein gutes FT1. Im FT2 konnten wir natürlich nichts machen, was schade ist, denn das bedeutet, dass wir die Pace für den Longrun nicht kennen, aber wir können nichts gegen das Wetter tun."
Tatsächlich waren Verstappen und Teamkollege Sergio Perez zwei von sieben Piloten, die im zweiten Freien Training gleich gar nicht auf die Strecke gekommen sind. Auch wenn die Datenlage dadurch noch unklar ist, glaubt der Niederländer, dass das Feld "im Vergleich zum letzten Jahr etwas näher beieinander liegt".
"Es gibt ein paar Dinge, die wir uns morgen noch ansehen wollen, aber insgesamt war ich mit dem, was wir hatten, und den Runden, die wir gefahren sind, recht zufrieden. Suzuka ist normalerweise eine gute Strecke für das Team, also gehen wir zuversichtlich in das Wochenende."
Auch Perez bedauert den Regen im zweiten Training, doch der RB20 sollte gut gerüstet für das restliche Wochenende sein: "Es war leider kein sehr arbeitsreicher Freitag, also haben wir wahrscheinlich das Beste aus dem herausgeholt, was wir konnten", so der Mexikaner. "Ich denke, wir haben eine gute Basis vom Vormittag, wir müssen nur versuchen, die Balance zu verbessern, und dann können wir hoffentlich eine gute Position erreichen."
Starker Ferrar-Longrun: "Das ist nicht die Realität"
Marko ist jedoch ein Longrun im ersten Training von Charles Leclerc aufgefallen, als der Monegasse im Schnitt eine Sekunde schneller als Verstappen war: "Das waren zwar nur drei Runden, die Leclerc auf dem harten Reifen gefahren ist, aber die waren sehr eindrucksvoll."
Der große Vorsprung lässt jedoch schon vermuten, dass die Teams mit unterschiedlichen Spritmengen und Motorenmappings unterwegs gewesen sind. Auch wenn Ferrari am Sonntag laut Marko in einer guten Position sein sollte, dürften Red Bull und Verstappen dennoch die Oberhand behalten.
"Leclerc war eine Sekunde schneller, also das ist nicht Realität. Wenn man jetzt weniger Benzin annimmt, was Ferrari manchmal macht ... auf den Daten haben wir jedenfalls gesehen, dass sie die Motorleistung hochgedreht haben, dann sind sie knapp an uns dran."
Schlüsse aus Melbourne gezogen: Keine erneute Red-Bull-Pleite zu erwarten
Die Probleme aus Melbourne scheinen jedenfalls vergessen zu sein. Der Bremsdefekt von Verstappen sei "abgehakt" und auch die Schwierigkeiten beim Graining der Reifen dürften in Japan aufgrund des raueren Asphalts und der härteren Reifenmischungen kein Thema mehr sein.
Paul Monaghan, Chefingenieur bei Red Bull, erklärt: "Jede Strecke ist anders, und es kommt darauf an, welche Reifen sie bringen. Pirelli ist in Melbourne eine Stufe weicher gegangen. Hier haben wir die härtesten drei, und wir werden sehen, wie wir zurechtkommen."
"Das [Graining] wird in einigen Rennen zum Verhängnis werden. Australien ist seit vielen Jahren ein erstklassiges Gebiet für Graining an der Vorderachse. Schon Ende der 90er-Jahre haben die Vorderreifen dort Graining bekommen, wir können also aus der Geschichte lernen."
Reifenverschleiß im Fokus: Wie Red Bull Japan meistern will
Suzuka ist zwar nicht für Graining bekannt, dafür aber für die schnellen Kurven, die eine hohe Belastung auf die Reifen legen. Der Reifenverschleiß fällt jedes Jahr sehr hoch aus. Im Vorjahr war lediglich der Abbau der Reifen in Bahrain noch höher als in Japan. Mit acht Links- und zehn Rechtskurven ist die Belastung immerhin relativ ausgeglichen verteilt, dafür dürften die Vorderreifen deutlich mehr als die hinteren leiden, da es nur wenige lange Beschleunigungsphasen gibt.
Auf die Frage, ob der RB20 die Reifen vorne oder hinten schneller verschleißt, meint Monaghan: "Gleichzeitig wäre wahrscheinlich das Ideal, nicht wahr? Man kann das mit dem Set-up beeinflussen, man kann das mit dem Reifendruck beeinflussen, man kann es mit vielen Dingen beeinflussen. Es geht aber nicht darum, welcher Reifen als erster abgenutzt ist. Es geht darum, auf welchem Weg man am schnellsten ins Ziel kommt."
"Wenn andere Leute das anders machen als wir, dann ist das ihre Entscheidung. Wir versuchen, die Reifen so gut wie möglich auszunutzen, um so gut wie möglich abzuschneiden: ob mit einem, zwei oder drei Stopps, spielt keine Rolle. Wenn man es von diesem Standpunkt aus betrachtet, dann versucht man, die Schwächen zu minimieren und die Stärken auszunutzen, um die beste Rundenzeit zu erzielen."
Klar dürfte sein, dass auch die 2024er-Ausgabe des Japan-Grand-Prix eine Zweistoppstrategie bevorzugen sollte. Im Vorjahr fuhr der Suzuka-Sieger Max Verstappen zweimal auf den Mediums und einmal auf dem harten Reifen. Der Softreifen spielt aufgrund der hohen Belastungen meist keine Rolle im Renntrimm.