Lando Norris zu aggressiv: Schadet ihm sein Fahrstil im Qualifying?
Lando Norris hat einen aggressiven Fahrstil in der Formel 1 - Aber schadet ihm das im Qualifying aufgrund der aktuellen Auto- und Reifenphilosophie?
(Motorsport-Total.com) - McLaren-Pilot Lando Norris ist eines der größten Talente im Formel-1-Zirkus: Mit seinen 24 Jahren hat der Brite bereits fünf komplette Saisons auf dem Buckel, in denen er 14 Podestplätze und 660 Punkte sammelte. Im Qualifying geht Norris gewohnt aggressiv zu Werke, doch ist dieser Fahrstil mit der aktuellen Fahrzeuggeneration und den Pirelli-Reifen wirklich zielführend?
Das Team rund um Zak Brown und Andrea Stella hat sich im vorderen Mittelfeld der Königsklasse etabliert und kämpft gegen Red Bull, Ferrari, Mercedes und Aston Martin. Aufgrund der hohen Leistungsdichte im Feld kommt dem Qualifying eine große Bedeutung zu, jedes verlorene Zehntel kann am Ende den Unterschied ausmachen.
Norris ist mit seinen Startpositionen in der Saison 2024 nicht besonders zufrieden, weshalb er überlegt, seine Herangehensweise in Zukunft zu ändern, um sich besser an die Bedingungen mit den aktuellen Autos und Reifen anzupassen. Während er mit den Vorgängermodellen sehr aggressiv vorgehen konnte, muss er mit den neuen Autos viel vorsichtiger fahren, um das Maximum herauszuholen.
Norris arbeiten an sich
Im Vorfeld des Grand Prix von Japan hat sich Norris mit dem Thema auseinandergesetzt und erste Schlüsse gezogen. Der Brite: "Im Qualifying habe ich in bestimmten Bereichen immer etwas mehr gegeben und attackiert. Jetzt muss ich genau das Gegenteil machen. Es ist schwer, das in den Kopf zu bekommen, denn ich will im Qualifying ein anderes Level erreichen."
Doch mit den aktuellen Pirelli-Reifen ist das nicht so einfach und auch der McLaren-Bolide macht ihm einen Strich durch die Rechnung. "Ich werde jetzt dafür bestraft, dass ich mich an die Autos von vor ein paar Jahren gewöhnt habe", resümiert der 24-Jährige. "Ich kann mich nicht schnell genug umstellen, daran muss ich persönlich arbeiten."
Doch genau das sieht er als seine Aufgabe an: sich zu verbessern und sich den Gegebenheiten anzupassen. "Aber es bleibt schwierig, dieses Auto zu fahren. Es ist nicht einfach, jedes Mal im Qualifying eine perfekte Runde hinzulegen. Aber wir arbeiten daran!"
Norris hat Probleme, sich anzupassen
Dass Norris im Qualifying noch Luft nach oben hat, haben einige Sessions in den vergangenen Jahren gezeigt. Vor allem in Q3 schießt er gerne über das Ziel hinaus, wie in Abu Dhabi 2023, wo er eine bessere Startposition hätte erreichen können. Norris schätzt seine eigenen Fähigkeiten brutal ehrlich ein und erklärt, wo er noch Defizite hat.
"Wenn du mich jetzt fragst, wie ich das Auto in langsamen Kurven fahren soll, dann habe ich keine Ahnung", stellt er klar. "An einem Tag ist es so, am nächsten wieder ganz anders. Deshalb habe ich auch Probleme mit dem Selbstvertrauen, mich in all diesen Bereichen zu verbessern. Wenn es passt, dann passt es, dann kann ich auch ein gutes Qualifying fahren."
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Allerdings habe er in den vergangenen Jahren das Gefühl dafür verloren, wie man im Qualifying eine gute Runde in den Asphalt brennen kann. "Es ist schwierig, ruhig zu bleiben und nicht zu attackieren. Wenn man konkurrenzfähig sein will, muss man eine bessere Runde fahren."
Norris kommt nicht immer an hundert Prozent heran
Auch McLaren-Teamchef Andrea Stella hat mit Norris an dessen Qualifying-Pace gearbeitet. Seine Idee: eine andere Herangehensweise, bei der er nicht jedes Mal hundert Prozent attackiert. "Es geht darum, die Situationen einzuschätzen", sagt der Italiener bereits Ende 2023. "Können wir akzeptieren, dass eine 99,9-Prozent-Runde manchmal gut genug ist? Müssen es immer 100 Prozent sein oder geht es um Konstanz?"
Norris tut sich mit diesem Ansatz schwer, weil er sich selbst nicht oft bei hundert Prozent sieht. Er sagt: "Hundert Prozent erreiche ich vielleicht in einer von zehn Runden. Wenn du in Q3 kommen willst, musst du deine beste Runde fahren, aber in der einen Runde, die du fährst, bist du plötzlich nur noch bei 98 Prozent. Es ist sehr kompliziert und schwierig, ans Limit zu gehen."
Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: Schon kleine Veränderungen der Windgeschwindigkeit an der Strecke können einen Einfluss haben. Aber auch die Reifen und deren Temperaturen sind wichtig. "Das verändert, wie sehr du in jeder Kurve attackieren kannst", sagt Norris. "Das musst du auf dem Schirm haben."
Jeder kleine Faktor ist wichtig
Wenn sich der Wind auch nur um einen Bruchteil ändert, musst du vielleicht einen Meter früher bremsen und anders fahren. Es ist nicht einfach, das immer umzusetzen." Dennoch versucht Norris zu lernen und glaubt, in den vergangenen Wochen erste Erfolge gefeiert zu haben. Dafür hat er viel Zeit im Simulator verbracht, doch der emotionale Druck in der virtuellen Welt ist nicht der gleiche wie im Qualifying auf der echten Strecke.
"Es gibt nicht immer die beste Korrelation", erklärt er. "Es gibt Techniken und Fertigkeiten, mit denen man versuchen kann, entspannter zu fahren. Diese Dinge kann man im Simulator üben. Aber wir können nicht die Emotionen simulieren, die wir im realen Auto auf der Qualifying-Runde haben." Deshalb glaubt Norris auch nicht, dass es eine Patentlösung für sein Qualifying-Problem gibt.
"Es ist einfach ein bisschen Trial-and-Error", so der Brite weiter. "Wir müssen das irgendwie zur Normalität machen." Norris würde mit viel Instinkt fahren und je weniger er über das Fahren nachdenke, desto besser. Es sei nicht einfach, diesen Modus im Kopf, den er sich über die Jahre angeeignet habe, einfach abzuschalten."