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Lando Norris nach P4: Red Bull ist für McLaren außer Reichweite
Mit den Startplätzen drei und fünf kann das McLaren-Team auf ein gutes Resultat beim Formel-1-Rennen von Australien hoffen, doch Red Bull ist noch weit voraus
(Motorsport-Total.com) - Das McLaren-Team hat sich als dritte Kraft beim Formel-1-Wochenende von Australien etabliert. Lando Norris konnte im Qualifying die viertschnellste Zeit mit einem Rückstand von exakt vier Zehnteln auf Max Verstappens Pole-Runde setzen, während Teamkollege Oscar Piastri bei seinem Heimspiel Q3 auf Rang sechs mit einem Defizit von 0,657 Sekunden beendete. Durch die Drei-Plätze-Gridstrafe von Sergio Perez rücken beide McLarens in der Startaufstellung jedoch einen Platz nach vorne.
"Ich bin sehr zufrieden, eine gute Wende an einem Wochenende, an dem ich mich nicht so wohl gefühlt habe", freut sich Norris. "Und ich hatte das Gefühl, dass es mir zum ersten Mal seit einer Weile gelungen ist, ein wenig Potenzial freizusetzen. Und dieses kleine Gefühl, das ich im Qualifying habe, wenn man sich anstrengt und die Dinge gut auf einen zukommen, das hatte ich seit gefühlt langer Zeit nicht mehr."
Etwas anders blickt sein Teamkollege Piastri auf seine schnellste Runde zurück. Der Australier spricht zwar von einem "bisher soliden Wochenende", doch ärgert sich über "zu viele Fehler" im entscheidenden dritten Qualifyingsegment, wo auch das Aufwärmen der Reifen nicht ideal geklappt hat.
"Ich denke, Q1 und Q2 sahen stark aus", sagt er. "In Q3 habe ich in erster Linie zu viele Fehler gemacht. Und das war der Hauptgrund, warum ich da bin, wo ich jetzt bin. Ich denke, wir hätten auch bei der Outlap-Vorbereitung noch einiges besser machen können. Ich habe das Gefühl, dass ich in Bezug auf meine Position sogar etwas Glück hatte, dass ich nicht weiter hinten liege. Kein schlechtes Ergebnis, aber doch ein bisschen enttäuschend."
Norris spielt starke Longrun-Pace herunter
Piastri wird dennoch darauf hoffen, der erste Australier auf dem Podium eines australischen Formel-1-Renenns sein zu können, denn die Longruns am Freitag des MCL38 sahen verdammt stark aus. Tatsächlich war nur Ferrari-Pilot Charles Leclerc schneller als Norris und Piastri, doch der Brite will dem nicht so viel Glauben schenken.
"Gegen Red Bull und die Ferraris anzutreten, wird wahrscheinlich eine sehr harte Herausforderung", meint Norris. "Deshalb sollten wir uns nicht zu sehr auf sie konzentrieren. Aber wir starten vor [Leclerc]. Und wenn wir vor allen anderen ins Ziel kommen, wäre das eine gute Sache."
Obwohl Red Bull in den Longruns eine halbe Sekunde im Mittel langsamer war als die McLarens, geht Norris sehr stark davon aus, dass Verstappen der Mann ist, den es am Sonntag zu schlagen gilt: "Ich würde nie sagen, dass Red Bull schlechter ist als wir. Sie hatten [im zweiten Training] einfach ein paar chaotische Läufe und Max hatte ein paar Probleme."
"Ich erwarte also, dass beide Red Bulls, vor allem beim Reifenmanagement - das sind sie immer, das waren sie immer - einen Schritt voraus sind. Aber unser Tempo war gut. Mit dem Reifenverschleiß und anderen Dingen ist es schwer zu sagen, es sind ja nur Zehn-Runden-Stints, die wir am Freitag fahren."
Piastri: Das ist das Ziel beim Heimrennen
"Ich denke, wir sahen gestern in unseren Rennläufen ziemlich stark aus", ist auch Piastri aufgefallen, da insbesondere das Reifenmanagement des McLaren beeindrucken konnte. "Aber die Autos um uns herum sehen auch stark aus. Oder zumindest die Autos vor uns. Ich denke also, um Red Bull oder Ferrari zu schlagen, müssen wir uns etwas einfallen lassen oder ein bisschen Glück haben."
"Und ehrlich gesagt, wenn wir in etwa dort ins Ziel kommen, wo wir gestartet sind, und nicht weiter zurückfallen, dann wäre das natürlich ein guter Tag für uns morgen. Und das ist genau der Punkt, an dem wir im Moment stehen. Wir haben einen guten Schritt nach vorne gemacht, denn wir scheinen hier ein bisschen schneller als Mercedes und Aston zu sein, was besser ist als im letzten Jahr."
Reifenpoker in Melbourne: Piastri erwartet "strategisches Rennen"
Piastri hat dabei vor allem die Reifen im Blick, die in der diesjährigen Ausgabe des Australien-Grand-Prix eine größere Rolle spielen sollten, nachdem Pirelli das Sortiment um eine Stufe weicher als noch im Vorjahr gemacht hat. Alle Teams haben zwei Sätze der harten Reifen gespart, wobei nicht auszuschließen ist, dass das Rennen wie in den Vorjahren eine Einstoppstrategie sein wird.
"Es war schon ein bisschen seltsam", sagt der 22-Jährige über die Reifen. "In gewisser Weise hatten alle gestern massives Graining, aber jetzt haben wir das Gefühl, dass wir alle damit kämpfen, die Reifen für die erste Runde im Qualifying aufzuwärmen. Es ist also für alle ziemlich schwierig, das richtige Fenster zu finden und das ist der Schlüssel an diesem Wochenende."
"Ich denke, es wird daher ein ziemlich strategisches Rennen werden. Wenn man sich die Reifen anschaut, die gestern im FT2 von den Autos abgenommen wurden, glaube ich nicht, dass irgendjemand eine gute Zeit mit ihnen hatte. Das wird das Rennen also interessant machen. Niemand ist die harten Reifen gefahren und es dürfte definitiv ein Rennen des Reifenmanagements werden im Gegensatz zu Saudi-Arabien, wo es mehr oder weniger nur um die reine Pace ging."
Norris erklärt: Deshalb gibt es auf einmal Graining
Teamkollege Norris hat zudem eine gute Erklärung, warum die Teams trotz weicherer Reifen auf einmal mit Graining der Reifen zu kämpfen haben. Ein Phänomen, was entsteht, wenn die Oberflächentemperatur sich von der inneren Temperatur der Reifen unterscheidet.
"Wenn wir mehr über technische Aspekte sprechen, dann denke ich, dass das, was wir beobachten, die Folge einiger spezifischer Eigenschaften ist", holt Norris aus. "Die eine ist, dass die Reifen sehr weich sind. Wir haben den C3 bis C5, dabei war der C3 der weiche in Bahrain, und hier setzt man diese weichen Reifen bei sehr hoher Belastung aus."
"Wenn man in Kurve neun und zehn fährt, hat jedes Auto heutzutage eine seitliche Belastung von mehr als 5g. Das ist eine enorme Belastung, die eine weiche Mischung aushalten muss. Und die Mischung wird nicht sehr glücklich sein, was die Belastung angeht. Das ist der Grund, warum die Reifen körnen. Wenn man sie in aufeinanderfolgenden Runden einsetzt, steigt die Temperatur, die Belastung ist hoch, und dann gibt der Gummi auf."
"Der zweite Grund ist die besondere Beschaffenheit des Asphalts, der eine sehr geringe Rauheit aufweist. Die Kombination aus einer sehr weichen Mischung, hohen Belastungen und einer sehr geringen Rauheit führt zu diesem Verhalten. Es ist also wirklich schwierig, ihn aufzuwärmen."
"Wenn man es in den richtigen Wind bekommt, ist der Grip anständig, aber weil der Grip anständig ist und die Belastung hoch ist, gibt die Mischung auf und erzeugt Körnung. Ich denke also, die Erklärung ist ziemlich logisch. In Bahrain gibt es absolut kein Graining, weil es sehr wenig Grip und eine hohe Makrorauheit gibt."
Kräfteverhältnis: Norris zufrieden, wo McLaren steht
Die reine Pace von McLaren ist aktuell ohnehin noch nicht auf dem Niveau, konstant um Podien und Rennsiege mitkämpfen zu können. Laut Norris ist man weiterhin meilenweit davon entfernt, ein ernsthafter Gegner für Verstappen und Red Bull zu sein, obwohl man im Vergleich zum Saisonbeginn des Vorjahres einen riesigen Sprung gemacht hat.
"Der Rückstand auf Red Bull war durchaus zu erwarten", sagt er über das Kräfteverhältnis. "Wenn man sich ansieht, dass sie letztes Jahr die Entwicklung eingestellt haben, haben sie viel Zeit und Mühe investiert, um ein gutes Auto für dieses Jahr zu entwickeln. Dass wir also immer noch so nah an ihnen dran sind, ist ein gutes Zeichen."
"Am beeindruckendsten ist wahrscheinlich, dass Ferrari einen sehr großen Schritt gemacht hat, ich würde sagen, wahrscheinlich einen der größten Schritte vom letzten Jahr zu diesem Jahr. Aber dass wir trotzdem nicht weit zurückliegen ist ein absolut gutes Zeichen für uns. Wir haben einen Schritt gemacht, waren aber vielleicht nicht in der Lage, einige Dinge anzugehen, mit denen wir in den letzten Jahren wirklich zu kämpfen hatten."
"Aber wir beginnen die Saison in einer soliden Position und wissen, dass wir uns in so vielen Bereichen noch verbessern können. Wenn man an die Zeit vor zwölf Monaten zurückdenkt, war die Situation noch eine ganz andere. Wir haben unsere Konkurrenten seit dieser Zeit im letzten Jahr um einen großen Schritt überholt. Das wird aber immer schwieriger, je näher man der Spitze kommt."
Schnelle Kurven: Liegt Melbourne dem McLaren besser?
Im Vorjahr hat der McLaren insbesondere auf Strecken mit schnellen Kurven gut ausgesehen. Eine Stärke, die man in das neue Jahr mitgenommen zu haben scheint, was auch auf der Strecke in Australien hilft, die seit dem Umbau um einiges schneller geworden ist. Nach Monza und Saudi-Arabien weist der Albert Park Circuit nun die schnellste durchschnittliche Geschwindigkeit mit 247,6 km/h auf eine Runde auf.
"Es gibt ein paar Hochgeschwindigkeitskurven, die unserem Auto auf dieser Strecke helfen", weiß auch Norris. "Wenn wir uns die Überlagerungen mit einigen anderen Autos genau ansehen, erkennen wir eigentlich die gleichen Stärken und Schwächen, die wir in den ersten beiden Rennen beobachtet haben."
"So haben wir in Kurven, in denen man relativ viel Zeit verbringt wie in Kurve drei oder in der vorletzten und letzten Kurve, Zeit verloren, so wie wir in Saudi-Arabien in ähnlich langen Kurven Zeit verloren haben. Auch auf den DRS-Geraden verlieren wir ein wenig Zeit. Aber hier sind die DRS-Geraden etwas kürzer als in Saudi-Arabien."
"Die Streckencharakteristik bedeutet also, dass die Zeit, die wir in diesen schwachen Bereichen verbringen, hier kürzer ist und wir daher konkurrenzfähiger sind. Gleichzeitig gibt es hier ein paar mehr Hochgeschwindigkeitskurven als auf den ersten beiden Strecken, das ist klar. Das bedeutet, dass wir von der Rundenzeit her konkurrenzfähiger sind, ich denke, das hängt ganz vom Streckenlayout ab."
"Auf der anderen Seite ist eine halbe Sekunde Rückstand auf einer Runde von gerade einmal einer Minute und 16 Sekunden eine ganze Menge. Aber die kann man ganz schnell gewinnen und verlieren. Es gibt ein paar Stellen, an denen der Red Bull sehr schnell ist, aber man kann leicht Fehler machen und solche Dinge."
Norris: Brauchen noch ein Jahr, um Schwächen zu beseitigen
Damit stellt sich noch die Frage, wo McLaren stehen könnte, wenn man die Schwächen mit dem Auto nicht hätte? Eine Frage, die laut Norris gewissermaßen fehl am Platz ist: "Das Ausmerzen der Schwächen ist Autoentwicklung. Es ist ja nicht so, dass man diese Schwächen hat, weil etwas schiefläuft."
"Aspekte kommen zum Vorschein, wie zum Beispiel, dass man in langen Kurven schwach ist oder dass man nicht genug Topspeed im DRS hat. Aber das ist tatsächlich eine Folge der Entwicklung. Da läuft nichts schief. Wenn man mich fragt, wie sich das Auto verhält, sage ich, dass es sich sehr gut verhält, es fährt wie erwartet. Es macht genau das, was wir im Windkanal erwartet haben."
"Es geht darum, die Leistung zu erhöhen: aerodynamische Effizienz, mechanischer Grip und so weiter. Wir sind also sehr zufrieden mit dem Entwicklungstempo der letzten zwölf Monate. Aber ich würde sagen, dass wir noch weitere zwölf Monate Entwicklungsarbeit vor uns haben, um ein Auto anbieten zu können, das beim DRS und in den langen Kurven stark ist."
"Wir werden um das sechste oder siebte Rennen herum eine anständige Runde von Upgrades haben. Und hoffentlich wird es im Laufe der Saison noch ein paar weitere geben. Und deshalb wird es die ganze Saison dauern, bis wir wirklich genug Leistung haben, um hier zu sein und sagen zu können, dass wir diese Schwächen nicht mehr sehen, weil sich diese Bereiche verbessert haben."