Mercedes nach Saudi-Wochenende ratlos: "Das ist was Größeres"
Mercedes rätselt über die fehlende Pace des W15, der vor allem im Highspeed-Bereich massiv an Zeit verliert: Toto Wolff spricht von größerem Problem
(Motorsport-Total.com) - Eigentlich sollte der W15 für Mercedes alles besser machen, doch nach dem Formel-1-Rennen in Saudi-Arabien hat sich gezeigt, dass der Bolide weiterhin mit "grundlegenden" Problemen zu kämpfen hat.
Mercedes hatte das Konzept seines Autos nach zwei erfolglosen Jahren verändert, bislang aber keinen Aufwärtstrend gezeigt: Im Rennen von Dschidda mussten sich George Russell und Lewis Hamilton nur mit den Positionen sechs und neun begnügen - ernüchternd.
"Es gibt etwas, das wir nicht verstehen", sagt Motorsportchef Toto Wolff. Und das ist die Performance in Highspeed-Kurven. "In drei Kurven, die ganz schnellen Ecken, verlieren wir eine halbe Sekunde - überall anders sind wir schnell", rätselt der Österreicher im Gespräch mit Sky. "Aber warum wir das tun, wissen wir nicht."
Ein Grund dafür ist der Heckflügel, wo Mercedes eine flachere Einstellung gewählt hat und auf den Geraden die Zeit gutmacht, die man in den Kurven verliert. Doch Wolff sagt, dass es einen größeren Faktor gibt als nur den Heckflügel: "Uns fehlt Abtrieb über die Schritte hinaus, die ein größerer Heckflügel bringen würde."
Und das ist "ein großes Problem", wie Wolff betont - und nicht eines, was sich nur mit einem anderen Set-up erklären lässt. "Es ist eine fundamentale Sache, weil wir glauben, dass der Speed eigentlich da sein sollte. Wir messen den Abtrieb, aber wir finden ihn nicht in der Rundenzeit."
Russell: Andere nicht schneller, sondern wir langsamer
Auch George Russell sagt nach seinem sechsten Platz in Dschidda, dass irgendein größeres Problem im Auto stecken muss. "Es ist heutzutage so komplex. Die Autos sind so kompliziert", meint er. Nachsatz: "Im Moment habe ich keine Antworten."
Das Rennen in Saudi-Arabien war aus seiner Sicht solide, aber auch nichts, was Mercedes groß zu Freudensprüngen animieren dürfte. "Wir versuchen das Auto immer noch zu verstehen, weil wir an den vergangenen beiden Wochenenden zeitweise die echte Performance gezeigt haben."
Er erinnert dabei vor allem an das Freie Training, wo man sofort schnell gewesen sei. "Aber an beiden Wochenenden ist das Pace danach einfach abgefallen", so Russell. "Und das war nicht, weil unsere Konkurrenten schneller geworden sind, sondern wir langsamer. Und das müssen wir verstehen."
Andere Strategie bei Hamilton versucht
Lewis Hamilton schlägt in die gleiche Kerbe wie Wolff: "Das Auto ist bei Low Speed relativ gut und bei Medium Speed nicht so schlecht, aber bei High Speed sind wir meilenweit weg", hadert er. "Es war, als wäre ich in einer anderen Serie, als ich mit den anderen durch die schnellen Kurven gefahren bin."
Vor allem die McLaren von Oscar Piastri und Lando Norris waren ihm diesbezüglich aufgefallen, doch gegen die konnte er nichts ausrichten. Mercedes versuchte bei Hamilton noch eine andere Strategie und rief ihn während der Safety-Car-Phase nicht an die Box, doch der Poker ging nicht auf - auch weil kein weiteres Safety-Car kam.
"Es hat sich gelohnt, etwas anderes auszuprobieren, die Autos aufzuteilen und verschiedene Strategien auszuprobieren", sagt Hamilton. "Letztendlich ist es immer das Ziel, etwas anders zu machen, vor allem, wenn wir in der Position sind, in der wir jetzt sind."
"Ich habe so hart wie möglich gekämpft, um mitzuhalten, und ich habe auf ein Safety-Car oder etwas anderes gehofft, was sich leider nicht ergeben hat."
Hamilton: Werden weiter arbeiten
Dass er auch 2025 wieder nur um die Positionen hinter Red Bull kämpfen kann, frustriert den dreimaligen Weltmeister. "Es ist definitiv hart, aber wir werden weiter arbeiten", verspricht er.
"Ich weiß, dass jeder in der Fabrik so hart wie möglich arbeitet, aber wir müssen definitiv einige große Veränderungen vornehmen. Vielleicht haben wir noch nicht genug Änderungen vorgenommen", so Hamilton.
Denn: "Wenn man sich die drei Teams anschaut, die vor uns liegen, dann haben sie in einigen Bereichen immer noch andere Konzepte als wir. Wir müssen also noch etwas an Leistung zulegen, das ist sicher."
Ralf Schumacher: Antworten wiederholen sich
Toto Wolff sagt, dass es jetzt einen "Riesensprung" geben muss und man das Problem verstehen muss. Aber das erzählt der Motorsportchef schon seit zwei Jahren - geändert hat sich aber bei Mercedes nicht viel. Ja, schon das Konzept, aber nichts an der Platzierung.
"Eigentlich wiederholen sich die Antworten, man könnte es eigentlich zurückspulen von vor zwei Jahren", merkt auch Experte Ralf Schumacher bei Sky an. "Es tut mir auch ein bisschen leid für Toto Wolff. Aber jetzt wird's langsam brenzlig. Und jetzt ist die Frage: Kann man alles so lassen wie es ist oder muss man wirklich das ganz Große überdenken?"
Denn ihm fällt es schwer zu glauben, dass Mercedes in der aktuellen Regelära noch den goldenen Schuss findet. Für ihn gibt es eben diese Zyklen in der Formel 1, bei der bei einem Team alles zusammenpasst - so wie bei Mercedes selbst zuvor. "Und seit der Änderung läuft Mercedes der alten Performance hinterher und findet den Grund einfach nicht", sagt er.
Wolff betont: Mehr Druck hilft nicht
Wolff selbst scheint die derzeitige Schwächephase aber gelassen zu sehen. Warum? "Sie haben die richtigen Medikamente für mich gefunden", scherzt er. "Sie haben einfach meine Valium-Dosis erhöht."
Doch im Ernst: "Ich habe mein Mindset verändert", betont Wolff. "Ich denke nicht, dass zusätzlicher Druck auf alle es besser macht." Bei Mercedes fehle es weder an der Mühe, noch an der Motivation oder der Energie. "All das ist da, und ich kann den Enthusiasmus im Unternehmen sehen."
"Und als Racer fühlt man sich bei solchen Ergebnissen niedergeschlagen, aber wir versuchen, das mit der richtigen Motivation für die kommende Woche zu ändern, und deshalb glauben wir, dass wir das Blatt noch wenden können", so Wolff. "Wir glauben daran, dass sich unser Team selbst aus dem Sumpf ziehen kann. Und ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass wir das können."
"Wir werden es jetzt in der nächsten Woche mit mehr Daten versuchen, um mehr zu verstehen und stark nach Melbourne zurückzukommen. Das ist unsere Mission. Und ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass wir diese Lücke schließen werden."