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Viereinhalb Zehntel: So erklärt Mercedes den Abstand Russell-Hamilton
Weshalb Mercedes-Fahrer George Russell beim Formel-1-Training in Saudi-Arabien 2024 deutlich besser zurechtkam als Teamkollege Lewis Hamilton
(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Fahrer George Russell hat im Donnerstagstraining zum Formel-1-Rennen in Saudi-Arabien 2024 den zweiten Platz belegt. Bemerkenswert an diesem Ergebnis aber war vor allem der Abstand zu seinem Teamkollegen Lewis Hamilton, den der betrug 0,447 Sekunden - eine ganze Menge.
© Motorsport Images
Lewis Hamilton im Mercedes W15 in den schnellen Formel-1-Schikanen in Dschidda 2024 Zoom Download
Wie es dazu gekommen ist? Das erklärt Mercedes-Teamchef Toto Wolff bei Sky mit "zwei total unterschiedlichen Set-up-Richtungen" bei seinen Fahrern und meint: Sein Team habe sich "ganz bewusst" dazu entschieden, beide Autos mit verschiedenen Abstimmungen auf die Strecke zu schicken.
Worin genau sich die Mercedes W15 von Russell und Hamilton unterschieden haben, dazu sagt Wolff nichts. Aber er macht eine Andeutung, als er auf das Bouncing seiner Fahrzeuge angesprochen wird.
Wolff sagt: "Man geht [bei der Abstimmung] einfach immer tiefer und immer steifer, weil das ist schnell. Und in dem Moment, wo man etwas weicher geht und höher, dann stimmt die Stoppuhr nicht. Das hat man bei Lewis gesehen."
Wo Hamilton die Zeit auf Russell verliert
Konkret: Ab der Haarnadel Kurve 13 stimmt es nicht bei Hamilton. Bis dahin bewegte er sich bei seiner besten Runde im Donnerstagstraining auf dem Niveau von Russell. Dann aber verliert Hamilton deutlich an Boden, und markante Punkte dafür sind die schnellen Schikanen bei Kurve 17 und Kurve 22: Bei der ersten Schikane verliert Hamilton laut F1 Tempo zwei Zehntel, bei der zweiten weitere drei.
Die Datenanalyse zeigt auch, warum das so ist: Hamilton kann an diesen Stellen nicht so viel Geschwindigkeit mitnehmen wie Russell. In der ersten Schikane ist Russell mit 188 km/h am Scheitelpunkt um acht km/h besser, in der zweiten Schikane mit 193 km/h sogar um zwölf km/h.
Was bei Hamilton genau los war
Und warum war das so bei Hamilton? Der Formel-1-Rekordsieger spricht von einem insgesamt "schwierigen Tag" und meint: "Mir hat einfach das Vertrauen ins Heck des Fahrzeugs gefehlt. Ich hatte ein paar Rutscher drin. Und in den schnellen Passagen brauchst du volles Vertrauen ins Heck. Das habe ich bisher nicht."
Doch auch Russell wähnte seinen Mercedes W15 zum Auftakt in Saudi-Arabien "nicht im perfekten Einsatzfenster" und gibt an, sein Team müsse "weiter lernen", was das Auto genau brauche. "Wir waren damit ja erst auf einer [anderen] Strecke."
Mercedes-Fahrer tauschen Set-ups aus
Deshalb hat Mercedes in den Donnerstagstraining ausgiebige Experimente unternommen und "vieles ausprobiert", so Russell. Ihm zufolge haben beide Fahrer beide Set-ups getestet. "Für das zweite Training haben wir getauscht, um zu sehen, was funktioniert, und um Rückmeldung von uns beiden zu kriegen."
Für Hamilton hat das nichts geändert am grundlegenden Fahrverhalten seines Autos: "Ich hatte trotzdem Schwierigkeiten mit dem Heck" - und drei Zehntel Rückstand im ersten Training. Deshalb meint Hamilton: "George ist offenbar deutlich zufriedener mit seinem Auto. Und ich will eigentlich nur ein stabiles Heck. Damit wäre ich schon zufrieden. Und daran arbeite ich."
Doch Hamilton muss es nicht allein richten: "Im Werk werden [über Nacht] alle hart arbeiten, auch im Simulator, damit wir mehr Leistung rausholen können", sagt Russell.
Was Mercedes jetzt tut, ist offen
Teamchef Wolff jedenfalls kündigt an, das Auto "bis Freitag ein bisschen umbauen" zu wollen. Denn sowohl Russell als auch Hamilton seien unzufrieden gewesen mit dem Verhalten des Fahrzeugs am Formel-1-Donnerstag in Dschidda. O-Ton: "Wenn man den Fahrern zuhört, dann fährt das Ding nicht geradeaus und auch um keine Ecke. Es bounct und hat Probleme mit der Aero-Balance."
Seine Fahrer hätten daher nach insgesamt zwei Stunden Fahrzeit in Saudi-Arabien "kein Selbstvertrauen". Andererseits hat Russell mit 0,230 Sekunden Rückstand auf Fernando Alonso im Aston Martin AMR24 den zweiten Platz belegt. Gerade weil Mercedes "auf der Rundenzeit schnell" sei, müsse das Team "genau überlegen, was wir für Freitag machen", so Wolff.
Das sei aber keine Mercedes-spezifische Ausgangslage in Dschidda, betont Teamchef Wolff: "Ich glaube, das hört man im Moment so ein bisschen von jedem [Team] im Funk." Selbst WM-Spitzenreiter Max Verstappen im Red Bull sei bisher "gar nicht happy mit dem Auto", sagt Wolff.
Im Qualifying dabei, im Rennen nicht?
Was das für das Qualifying am Freitag bedeute? "Schwierig zu sagen", meint Wolff. "Ich glaube, dass wieder acht Autos ganz eng beisammen sein werden und zwischen Pole und P8 wieder drei Zehntel sind. Außer Verstappen legt noch einen drauf."
Russell wiederum findet, es "sieht gut aus mit wenig Sprit im Auto". Aber in den Longruns sei er sich "nicht sicher", wo sich Mercedes ins Formel-1-Kräfteverhältnis einsortiere, wenngleich die Daten auf einen ordentlichen Mercedes-Speed hindeuten. Russell: "Aber Max ist sicherlich der Schnellste und Checo [Perez] nicht weit dahinter."
Ansonsten rechnet Russell mit einem "wieder engen" Qualifying, "wie schon in Bahrain". Nachsatz: "Ferrari und Aston Martin wirken im Moment wie unsere größten Rivalen."