Daten Bahrain: Das neue Kräfteverhältnis der Formel 1 in Zahlen
Hat Verstappen übehaupt alles gegeben? Wer hatte Vorteile beim Reifenverschleiß? Wer den besten Topspeed? Wir klären die Fragen zum Formel-1-Rennen in Bahrain!
(Motorsport-Total.com) - Das erste Rennen der Formel-1-Saison 2024 ist Geschichte und es scheint fast alles beim Alten geblieben zu sein, doch bei einem tieferen Blick in die Daten, welche uns durch unseren Technologiepartner PACETEQ vorliegen, gibt es dennoch einige interessante Punkte.
Wenn man sich die Zahlen des Qualifyings ansieht, war der Ferrari SF-24 das schnellste Auto auf eine schnelle Runde, was daran liegt, dass Charles Leclercs Q2-Runde für die Poleposition gereicht hätte. Im dritten Qualifyingsegment kam der Monegasse aber nicht mehr an diese Zeit heran und Max Verstappen holte sich stattdessen die Pole.
Auffällig im Qualifying am Freitag waren die starke Haas-Pace (+0,69) - insbesondere von Nico Hülkenberg -, und rückblickend auch der sechste Startplatz von Fernando Alonso im Aston Martin (+0,38), da das Team aus Silverstone die Performance im Rennen gar nicht halten konnte.
Rennpace: Wie viel hat Max Verstappen zurückgehalten?
Im Rennen war an der Spitze dann wieder alles beim Alten. Max Verstappen legte die beste Rennpace aller Fahrer hin, ohne konstant zu pushen. Durchschnittlich war der Weltmeister 0,24 Sekunden pro Runde schneller als Ferrari-Pilot Carlos Sainz, wenn man die gefahrenen Runden um die verschiedenen Reifenmischungen, den Sprit und die Streckenverbesserung bereinigt.
Es ist aber gut möglich, dass der Niederländer noch drei bis fünf Zehntel im Köcher gehabt hätte, schließlich war seine schnellste Rennrunde ganze 1,4 Sekunden schneller als die zweitschnellste Rennrunde, gefahren von Charles Leclerc im Ferrari. Das lässt das Potenzial des RB20 erahnen.
Im Verfolgerfeld hat sich Ferrari (+0,24) im Rennen jedoch klar als zweite Kraft vor Mercedes (+0,49) etabliert, da der SF-24 insbesondere auf dem harten Reifen im zweiten und dritten Stint gut funktionierte. Mercedes musste dafür ab ungefähr Rennmitte aufgrund von Überhitzen den Motor etwas herunterdrehen, zudem wurden die Fahrer angefordert, Lift and Coast zu betrieben.
Die Telemetriedaten lassen vermuten, dass die Vorsichtsmaßnahmen zwischen zwei bis drei Zehntel pro Runde gekostet haben. Dies hatte zur Folge, dass es am Ende sogar noch eng mit McLaren (+0,56) wurde. Lando Norris kam mit etwas mehr als eineinhalb Sekunden hinter George Russell ins Ziel.
Hülkenberg mit starker Pace: Wären Punkte möglich gewesen?
Aston Martin (+0,99) konnte im Grand Prix die Pace der anderen Topteams gar nicht mitgehen und war dabei sogar nur marginal schneller als Haas (+1,06). Zwar holten weder Kevin Magnussen noch Nico Hülkenberg Punkte, doch die Leistung zeigt, dass Platz zehn für den Deutschen ohne den Kontakt in der ersten Kurve keinesfalls unrealistisch gewesen wäre.
Im weiteren Feld folgten Sauber (+1,31), Racing Bulls (+1,61), Williams (+1,69) und Alpine (+1,79). Das französische Werksteam hat somit nicht nur auf eine schnelle Runde im Qualifying, sondern auch bei der Renngeschwindigkeit maßlos enttäuscht.
Reifenverschleiß: Problemkinder aus 2023 verbessern sich
Schon bei den Testfahrten und bei den Longruns am Donnerstag wurde vermutet, dass Ferrari und Haas ihre Reifenverschleißprobleme in den Griff bekommen haben. Aber wer hätte erwartet, dass es gleich so gut aussieht? Beim Blick auf die Daten, hatte Mercedes beim Großen Preis von Bahrain das beste Reifenmanagement mit einem durchschnittlichen Zeitverlust von 0,077 Sekunden pro Runde.
Dahinter kommen aber schon Ferrari (0,083) und McLaren (0,095). Auch das britische Traditionsteam aus Woking hatte 2023 mehrmals mit schnell verschleißenden Reifen zu kämpfen, die kühleren Bedingungen im Vergleich zum Vorjahr scheinen den Teams aber geholfen zu haben. Der Reifenverschleiß war 2024 um 0,02 Sekunden pro Runde geringer als noch 2023, was hochgerechnet auf eine Renndistanz 13 Sekunden ergibt.
Als vierte Kraft beim Reifenverschleiß hat sich tatsächlich das Haas-Team (0,099) herauskristallisiert, die damit sogar noch vor Red Bull (0,105) in dieser Rangliste stehen. Generell lagen die Teams beim Reifenmanagement relativ nah beisammen, der einzige Ausreißer war lediglich Sauber mit einem durchschnittlichen Reifenabbau von 0,148 Sekunden pro Runde, was aber hauptsächlich daran liegt, dass sowohl Guanyu Zhou als auch Valtteri Bottas einen extrem langen letzten Stint fahren mussten.
Topspeeds: Haas das neue Williams?
Ein Grund für die starke Haas-Performance ist zweifellos der hohe Topspeed des VF-24 auf den Geraden. Bereits im Qualifying lag das amerikanische Team am oberen Ende der Geschwindigkeitsmessung, im Rennen erreichte Hülkenberg mit 332 km/h sogar den höchsten Topspeed aller Fahrer. Dass die Racing Bulls um Daniel Ricciardo und Yuki Tsunoda sich gegen Rennende an Kevin Magnussen die Zähne ausgebissen haben, ist daher kein Wunder.
Bei den Topteams erreichte Red Bull im Qualifying den höchsten Wert mit 327 km/h von Max Verstappen. McLaren (313) und Mercedes (316) haben dagegen auf den Geraden einiges an Zeit liegen lassen. Beim Blick auf die Telemetriedaten hat man beim Geradeausfahren zwei bis drei Zehntel im Qualifying auf Ferrari und Red Bull verloren.
Erstaunlicher ist daher, dass McLaren im Rennen bei den durchschnittlichen Topspeeds ohne DRS im vorderen Feld lag, wo gerade einmal ein km/h auf das Haas-Team fehlte. Das könnte ein Indiz darauf sein, dass der DRS-Effekt des britischen Teams nicht so groß ist wie bei den anderen. Zudem hielt sich Norris relativ konstant mit einem Rückstand von unter drei Sekunden hinter Russell im Rennen, wo der Windschatteneffekt schon wirkt.
Vorjahresvergleich: Alpine nur eine Zehntel schneller als 2023!
Auch wenn die Bedingungen deutlich kühler waren im Vergleich zu den letzten Jahren in Bahrain, lohnt sich ein Blick auf die Zeitverbesserungen der Teams im Qualifying seit der Einführung des neuen Aerodynamikreglements 2022.
Den größten Sprung vom letzten Jahr zu 2024 konnte das McLaren-Team mit einem Zeitgewinn von 1,77 Sekunden machen, wenn man jeweils die besten Qualifyingrunden miteinander vergleicht. Am anderen Ende liegt dafür Alpine. Der A524 war trotz besseren Streckenbedingungen nur etwas mehr als eine Zehntel schneller als der A523 im Vorjahr, was viel über die Weiterentwicklung des Teams in diesem einen Jahr aussagt.
Eine ausführliche Analyse der Daten des Formel-1-Wochenendes in Bahrain gibt es auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de, wo Datenexperte Kevin Hermann mit dem OneTiming von PACETEQ die wichtigsten Zahlen des Bahrain-Wochenendes vorstellt.