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Lewis Hamilton: Was ist die Mercedes-Bestzeit im Training wert?
Zwei Mercedes stehen vorne am ersten Trainingstag der Formel-1-Saison 2024 in Bahrain, aber spiegelt dieses Ergebnis das wahre Kräfteverhältnis wider?
(Motorsport-Total.com) - Zwei Autos eines Teams stehen vorne nach dem Trainingsauftakt zum Bahrain-Grand-Prix, dem ersten Rennwochenende der Formel-1-Saison 2024. Doch es sind nicht die favorisierten Red Bull, sondern die Mercedes. Was also ist von diesem Ergebnis zu halten?
© Motorsport Images
Lewis Hamilton im Mercedes W15 beim Formel-1-Auftakt 2024 in Bahrain Zoom Download
Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton bezeichnet seinen ersten Platz als "eine Überraschung" und meint, er verstehe es nicht und sei daher "überrascht, wo wir gelandet sind".
Im aufgrund der Tageszeit für den weiteren Wochenendverlauf relevanten zweiten Freien Training hatte er mit 1:30.374 Minuten die Bestzeit erzielt, fast genau zwei Zehntelsekunden vor Teamkollege George Russell im anderen Mercedes W15. Weitere 0,080 Sekunden dahinter folgte Fernando Alonso im Aston Martin AMR24. WM-Titelverteidiger Max Verstappen im Red Bull RB20 fehlten auf P6 schon 0,477 Sekunden.
All das wertet Andrew Shovlin als Mercedes' leitender Ingenieur an der Rennstrecke als ein "ermutigendes" Zeichen für die Sternmarke. Schließlich sehe es Stand Donnerstagabend so aus, "als hätten wir uns verbessert".
Doch Shovlin warnt vor zu viel Euphorie und meint: "Wir lassen uns nicht täuschen, denn es gibt noch viel Spielraum bei den Einstellungen der Antriebsstränge und den Benzinmengen, sodass einige Autos bis Freitag noch eine Menge Zeit finden können."
Warum trotzdem Verstappen der Favorit ist
Außerdem liege Verstappen im Red Bull über die Distanz "immer noch komfortabel an der Spitze", betont Shovlin. Er prophezeit jedoch "hinter ihm [einen] engen Kampf um die verbliebenen Podestplätze". Und in dieser Verfolgergruppe sehen sich auch die Mercedes-Fahrer Hamilton und Russell.
Vor allem Hamilton formuliert es deutlich: "Ich glaube, unsere Longrun-Pace ist nicht mal ansatzweise in der Nähe von Red Bull."
Russell äußert sich ähnlich, aber weniger drastisch: "Bei der Longrun-Pace ist Max immer noch vor uns." Und wie Shovlin verortet Russell sein Mercedes-Team auf dem Niveau von Aston Martin und McLaren, was auf einen "ziemlichen Kampf" am Rennsonntag hindeute.
Das sieht auch Hamilton so. Der Formel-1-Rekordsieger spricht von einer "Chance" auf einen Podestplatz beim Saisonauftakt in Bahrain. "Wo genau wir uns da einsortieren, das weiß ich nicht, aber es dürfte eng zugehen in dieser Gruppe", meint Hamilton. Klar sei nur: "Wenn Max vorne ist, wird er davonziehen. So, wie schon in den vergangenen Jahren."
Wie stehen Mercedes' Chancen im Qualifying?
Aber vielleicht ist Verstappen beim Start zum Rennen am Samstag gar nicht vorne. Denn Mercedes hat am Formel-1-Donnerstag auf dem Bahrain International Circuit mit dem Speed über eine Runde überzeugt. Ob sich das auch im Qualifying am Freitag bemerkbar machen kann? (Hier alle Einheiten im Formel-1-Liveticker verfolgen!)
Möglich ist das laut Russell, der die Qualifying-Pace seines W15-Mercedes als "ziemlich stark" einstuft. Er sagt weiter: "Nach den Wintertests haben wir einige Änderungen vorgenommen, die unsere Erwartungen übertroffen haben. Wir sind wirklich zufrieden, denn das Auto funktioniert gut. Wir dürfen uns aber nicht blenden lassen von der aktuellen Zeitenliste."
Stattdessen müsse Mercedes nun erst einmal "nachvollziehen, wo die erhöhte Leistung [über eine schnelle Runde] herkommt", sagt Russell. "Ob es eine Eintagsfliege ist oder ob wir das nachhaltig hinkriegen. Und wir müssen auch herausfinden, was wir tun müssen, um am Sonntag für eine gute Endposition in Frage zu kommen. Denn wie ich schon sagte: Unser Ziel ist, dass wir um Siege kämpfen können."
"Nach den Tests sah Max wie der klare Favorit aus, aber dieser Abstand wirkt jetzt geringer. Er ist aber immer noch vorne. Ich glaube, er hat immer noch ein ordentliches Polster auf die Verfolger als nur ein kleines Polster", meint Russell. Dann fügt er noch hinzu: "[Das Ergebnis] bedeutet auf keinen Fall, dass wir wieder voll da wären oder dass wir es schon jetzt mit Red Bull aufnehmen könnten."
Mercedes 2024: Besser als in den Vorjahren, aber ...
So sieht es auch Shovlin und verweist darauf, dass Mercedes mit der Entwicklung des W15 "noch am Anfang stehe" und viel Luft nach oben habe. "Wir lernen mit jedem Versuch, wie wir die Rundenzeiten verbessern können." Dann fällt ein entscheidender Satz: "Es fühlt sich schon jetzt ganz anders an als in den beiden vergangenen Jahren."
Das können die Fahrer so bestätigen. Hamilton etwa gibt an, er sei "viel zufriedener mit dem Auto" und macht das unter anderem an der leicht nach hinten versetzten Sitzposition fest. "Ich habe auch ein besseres Gefühl für das Auto beim Anfahren der Kurven. Und wir haben noch weitere Bereiche des Autos verbessert. Damit fühlt sich das Auto mal wie ein Rennauto an."
Laut Hamilton ist das eine "wirklich gute Ausgangslage" für Mercedes, mit der das Team "arbeiten" könne. "Denn die beiden Vorgängerautos haben sich nicht so angefühlt!"
Hamilton: Abstimmung ist aktuell noch Blindflug
Offen ist nur, wie es ausgehend davon weitergeht für Mercedes mit dem W15. Hamilton gibt an, er habe "eine Idee", wie sich das Set-up hin zum Qualifying und zum Rennen optimieren lasse. "Aber ich weiß bei diesem neuen Auto nicht zwingend, wie wir das machen können."
"Bei einem neuen Auto hast du natürlich auch neue Werkzeuge. Alles ist neu entwickelt worden. Alles, was man bisher kannte an Namen und Zahlen, das hat sich jetzt verschoben. Wir arbeiten beim Set-up praktisch mit ganz anderen Bezeichnungen. Manche davon haben wir schon ausprobiert, aber nicht alle, weil wir ja nur eineinhalb Tage hatten. Also müssen wir sehen."
Er setze dennoch auf einen "Schritt nach vorne" bei der Abstimmung: "Ich habe eine grobe Ahnung, wie das gehen könnte, aber wir müssen schauen, ob das klappt, ohne [den Speed über eine Runde] zu beeinträchtigen."
Russell macht Set-up-Fehler und schon ...
Denn wie leicht man sich in dieser frühen Phase der Formel-1-Saison vertut, das hat Teamkollege Russell im Donnerstagstraining erfahren: "Wir hatten uns bei einer Set-up-Anpassung leicht vertan. Mein Auto setzte auf. Ich weiß nicht, ob man die Funken hat fliegen sehen."
"Es fühlte sich gleich in Kurve 1 nicht richtig an und ich verbremste mich. In Kurve 11 hüpfte das Auto durch die Kurve."
"Anhand der Daten erkannten wir dann, dass wir einen kleinen Fehler gemacht hatten. Das haben wir für den nächsten Versuch korrigiert. Besser heute als morgen", meint Russell. "Wir lernen das Auto halt immer noch kennen und sowas kann passieren. Aber ansonsten war es ein wirklich guter Tag."