• 27. November 2023 · 07:38 Uhr

Hamilton sauer: Warum Fernando Alonso einen "Bremstest" gemacht hat

Weil sein Aston Martin nicht den Topspeed hat, den er sich vorstellt, greift Fernando Alonso im Duell gegen Lewis Hamilton tief in die Trickkiste

(Motorsport-Total.com) - 37. Runde im Grand Prix von Abu Dhabi, Fernando Alonso hat gerade seinen zweiten Boxenstopp absolviert, und als er durch den unterirdischen Tunnel zurück auf die Strecke fährt, sagt ihm sein Renningenieur Chris Cronin: "Okay, Kumpel, das wird eng mit Hamilton. Nimm einen Haufen Energie, falls du sie brauchst!"

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Fernando Alonso und Lewis Hamilton griffen bei ihrem Duell tief in die Trickkiste Zoom Download

Alonso fährt jetzt den Hügel hoch in Richtung Strecke, schaut im Rückspiegel zuerst rechts, dann links - und weiß ganz genau, was er tut, als er bei der Anfahrt zu Kurve 5 viel früher als sonst vom Gas geht. Im Mercedes dahinter flucht Lewis Hamilton: "Der hat einen Bremstest mit mir gemacht, unmittelbar vor der Bremszone!"

Was auf den ersten Blick nach einem erratischen Fahrmanöver von Alonso aussah und als solches auch von den FIA-Rennkommissaren untersucht wurde ("no further action"), war in Wahrheit Kalkül des ausgebufften Spaniers, der mit 42 Jahren immer noch so leidenschaftlich Rennen fährt, als wäre er gerade erst frisch in die Formel 1 eingestiegen.

Denn Alonso wusste, dass Topspeed nicht die große Stärke des Aston Martin ist, und er wusste auch, dass er gegen einen DRS-befeuerten Mercedes auf dem langen Stück bis Kurve 6 keine Chance haben würde. Also bremste er vor dem sogenannten DRS-Detektionspunkt ab, um Hamilton im besten Fall vorbeizulassen, selbst DRS zu bekommen und bei Kurve 6 vorn zu sein.

Hamilton fiel auf den Trick nicht rein

Hamilton regte sich über Alonsos Fahrweise auf, dürfte das Spielchen jedoch sofort kapiert haben, schließlich hätte er vor Kurve 5 auch einfach überholen können. Tat er aber nicht, sondern Hamilton bremste ab, blieb dahinter - und hatte damit auf der folgenden Gerade den entscheidenden Vorteil, durch den er zunächst überholen und Platz 11 übernehmen konnte.

Alonso war jetzt sichtlich erregt: "Wir sind das langsamste Auto auf den Geraden. Bei weitem!" Ein Spruch, bei dem viele an seinen legendären "GP2-Engine"-Aufreger vor ein paar Jahren in Suzuka denken mussten, mit dem er McLarens damaligen Motorenpartner Honda ausgerechnet zu Hause bis auf die Knochen blamiert hat.

Alonsos spontane Analyse ist übrigens, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt, faktisch falsch. In der Topspeed-Tabelle des Rennens in Abu Dhabi liegt er auf Rang 11, 5,2 km/h hinter Spitzenreiter Kevin Magnussen. Und eine Runde später hatte sich das Thema Hamilton ohnehin erledigt. Denn diesmal hatte Alonso DRS und auch noch die um eine Runde frischeren Reifen.

Aus Hamiltons Sicht war der Bremstest in Runde 37 trotzdem eine fahrlässige Aktion: "Wir sind voll auf dem Gas, 400, 300 Meter vor der Kurve, und fahren mit 290 Sachen, da wird der Kerl vor mir auf einmal dramatisch langsamer", kritisiert der Mercedes-Fahrer.


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Eine Kritik, auf die Alonso "nichts" zu entgegnen hat. Er kontert mit einem spitzbübischen Grinsen im Gesicht: "Lewis ist offensichtlich sehr clever und versteht den Sport wirklich gut. Er hat viel Erfahrung. Aber ich habe mehr!" Und er erinnert sich: "Wir hatten das schon mal, in Kanada 2012. Elf Jahre später wieder das gleiche Spiel, und wieder habe ich gewonnen!"

Alonso beendet WM auf Platz 4

Alonso setzte sich nach dem Manöver von Hamilton ab und beendete den Grand Prix letztendlich auf Platz 7. Das bedeutete sechs Punkte für die Fahrer-WM, die er damit sensationell als Vierter abschließt (206) - hauchdünn vor Charles Leclerc (206), Lando Norris (205) und Carlos Sainz (200), was ihm und Aston Martin vor Saisonbeginn wahrscheinlich kaum jemand zugetraut hätte.

Trotzdem meckert er nach Abu Dhabi: "Wir brauchen viel mehr Tempo, um andere zu überholen, waren auf den Geraden ein bisschen langsam. Das ist uns gestern schon aufgefallen, aber es war so der beste Kompromiss für unsere Gesamtrundenzeit. Leider ist der Topspeed schon die ganze Saison unsere Schwäche. Daran müssen wir fürs nächstjährige Auto arbeiten."

Gerade mal so schnell genug zu sein, um Yuki Tsunodas AlphaTauri zu überholen, sei "nicht genug", kritisiert Alonso. Als Ursache macht er zwei Faktoren aus: erstens den Topspeed, für Aston Martin kein ganz neues Thema, und zweitens "den höhen Reifenverschleiß, den wir hoch erwartet hatten, der dann aber noch höher war".

"Ich glaube, wir waren in Runde 16 die Ersten, die zum Boxenstopp mussten. Da war mir schon klar, dass es noch ein langes Rennen werden würde. Am Ende war die Pace gut genug für Platz 7 oder 8. Die Runde im Qualifying war gut, aber die Rennpace ein Grund zur Sorge. Und das hat sich im Rennen dann bestätigt", bilanziert Alonso.

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