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Deshalb nur P11: "Das Auto funktionierte nicht für Lewis", sagt Mercedes
Weshalb Mercedes-Fahrer George Russell im Formel-1-Qualifying in Las Vegas so viel besser abgeschnitten hat als sein Teamkollege Lewis Hamilton
(Motorsport-Total.com) - Nur 0,028 Sekunden fehlten Lewis Hamilton im zweiten Segment des Formel-1-Qualifyings in Las Vegas zum Weiterkommen. Doch wo der siebenmalige Weltmeister als Elfter knapp scheiterte, zog sein Mercedes-Teamkollege George Russell locker in die nächste Runde ein und belegte schließlich den vierten Platz.
© Motorsport Images
Lewis Hamilton im Mercedes W14 beim Formel-1-Qualifying in Las Vegas 2023 Zoom Download
Er sei "zufrieden" mit dem Ergebnis und könne "selbstbewusst" agieren auf dem Las Vegas Strip Circuit, sagt Russell. Hamilton wiederum meint, es fehle ihm an "Vertrauen" ins Auto und er habe damit "keinen Grip" gefunden.
Das zeigt sich vor allem im ersten Sektor, in dem Russell gegenüber Hamilton alleine acht Zehntel rausholt. Hamilton fährt laut der Datenanalyse von F1 Tempo zwar auf den Geraden wieder leicht ran, doch praktisch in jeder Kurve ist ihm Russell überlegen.
Deshalb zieht Mercedes-Teamchef Toto Wolff bei Sky ein "gemischtes Fazit", weil er große "Differenzen" sieht bei seinen beiden Autos. Seine Erklärung, weshalb Hamilton deutlich abfiel im Vergleich zu Russell: "Da geht es um ein paar Grad rauf und runter bei dem Reifen. Der Reifen ist einfach so sensibel zwischen Grip und kein Grip."
Mercedes wechselt Abstimmung hin und her
Vielleicht aber hat Russell schlicht die bessere Abstimmung erwischt. Darauf deuten zumindest die Aussagen von Andrew Shovlin hin, dem leitenden Mercedes-Ingenieur an der Rennstrecke. Er spricht von "einigen Änderungen" an beiden W14-Fahrzeugen vor dem dritten Freien Training.
Außerdem sagt Shovlin: "Während George heute mit seiner Balance zufriedener war, hatte Lewis das Gefühl, dass er ein wenig das Vertrauen ins Auto verloren hatte. Wir haben vor dem Qualifying einige dieser Änderungen wieder zurückgenommen, aber das Auto funktionierte für Lewis nicht."
Hamilton will die unterschiedlichen Set-ups aber nicht überbewerten und meint: "Es gibt Unterschiede, wie immer. Ich hatte einfach Schwierigkeiten. Am Donnerstag hatte ich ein besseres Gefühl gehabt und war besser. Dann haben wir Änderungen vorgenommen und am Freitag fühlte es sich nicht [mehr] so toll an. Das Auto steht ein bisschen auf Messers Schneide."
Er glaube trotzdem, dass der Rückbau vor dem Qualifying "richtig" gewesen sei für sein Auto, wenngleich er sich "nicht besonders" viel von der Mercedes-Pace im Rennen verspreche. Überhaupt müsse er erst einmal die erste Kurve überstehen. Denn er sei von Startplatz zehn kommend "mittendrin" im Feld und habe "sicherlich nicht die beste Ausgangslage" inne, obwohl er von einer Strafe gegen Carlos Sainz profitiert.
Siegchancen für Russell in Las Vegas?
Auch Russell gewinnt kampflos eine Position durch die Sainz-Strafe und geht von P3 ins Rennen. An eine Siegchance aber glaubt Wolff nicht, sondern hält Red-Bull-Mann Max Verstappen für den klaren Favoriten: "Er wird schon stark sein, da braucht man sich keine Gedanken machen. Max war im Longrun am Donnerstag in einer völlig anderen Liga."
Also läuft es vermutlich auf ein Duell zwischen Leclerc im Ferrari und Russell im Mercedes um P2 hinter Verstappen hinaus. Doch auch hier hat Wolff gewisse Einwände und übt Kritik am eigenen Team, wenn er sagt: "Sowohl Ferrari als auch wir sind wirklich zu blöd zu maximieren, wenn das andere Team mal schlecht ist. Sainz geht nach hinten um zehn Plätze und wir haben keine zwei Autos vorne."
Denn Priorität im Endspurt der Formel-1-Saison 2023 habe der Kampf um WM-Rang zwei in der Konstrukteurswertung. "Da wollen wir schon Zweiter werden", betont Wolff. "Aber jetzt schauen wir mal, was am Samstag geht."
Mercedes erwartet viel Graining im Rennen
Letzteres hängt laut Russell vor allem von den Pirelli-Einheitsreifen ab. Der Mercedes-Fahrer erwartet "viel Graining" bei allen Teams, basierend auf den bisherigen Trainingsfahrten. Er meint: "Wenn es dir gelingt, gerade so an der Schwelle zu fahren, dass kein Graining auftritt, dann kommst du vielleicht gut mit einem Stopp durch. Wenn aber erst mal Graining auftritt, dann musst du stoppen."
Er selbst habe bislang in Las Vegas nie mehr als zwölf Runden geschafft, spätestens dann sei Graining aufgetreten und die Lauffläche der Reifen habe sich zersetzt. "Das macht es also schwierig", sagt Russell.
"Wenn du die Reifentemperatur halten kannst, wird es locker ein Einstopp-Rennen, aber wenn du Graining hast, dann machst du zwei, drei, vier Stopps. Wir müssen sicherstellen, dass wir nicht dazugehören."
Bloß nicht zu viel Reifenschonen
Doch allzu viel Reifenschonen könne man sich im Rennen wahrscheinlich nicht leisten, "sonst wirst du von hinten attackiert", erklärt Russell. Wie Hamilton gebraucht auch er die Formulierung "auf Messers Schneide", aber in anderem Zusammenhang. Denn Russell geht es nur darum, die Reifen über die Distanz zu bringen.
"Das große Problem in Las Vegas ist das kühle Wetter. Und auf den langen Geraden kühlen die Reifen richtig aus. Wenn du dann hart bremst, strapaziert das die Reifen ziemlich. Es setzt praktisch sofort Graining ein. Ich bin mir deshalb nicht sicher, wie man das angehen muss. Ich glaube, das weiß noch niemand."
Russell erwartet schwierige Startphase
Das Problem: Wirklich vorhersehbar habe sich sein Mercedes in den Trainings nicht verhalten. "Bei einem Versuch hatte ich Graining auf den Vorderreifen, aber in der folgenden Runde waren es die Hinterreifen. Wenn aber die Strecke mehr Grip kriegt, dann sehen wir im Rennen vielleicht nur im ersten Stint Graining."
Überhaupt erwartet Russell ein dramatisch anderes Bild bei Rennende. Der Las Vegas Strip Circuit werde dann "um vielleicht drei Sekunden oder sogar mehr" bessere Rundenzeiten ermöglichen. Doch aufgrund der fehlenden Rahmenserien werde der Kurs zunächst "in katastrophalem Zustand" sein, sagt Russell.
Mercedes-Ingenieur Shovlin verweist daher auf "viele Unbekannte" vor dem Las-Vegas-Rennen. Auch er erwartet Graining bei Soft- und Medium-Reifen und meint: "Auf dem harten Reifen sollten die Fahrer etwas mehr pushen können, was das Rennen etwas offener gestalten sollte."