"Das gleiche Problem": Was war bei Leclerc in der Aufwärmrunde los?
Charles Leclerc crashte vor dem Großen Preis von Brasilien am Sonntag, konnte dann noch einmal losfahren, musste seinen Ferrari aber kurz danach endgültig abstellen
(Motorsport-Total.com) - Für den ersten Aufreger sorgte Charles Leclerc am Rennsonntag in Brasilien bereits vor dem Start. Der Monegasse flog in der Einführungsrunde ab, konnte seinen Ferrari anschließend noch einmal starten, mussten den Boliden wenige Meter später aber komplett abstellen.
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Charles Leclerc flog am Sonntag bereits in der Einführungsrunde ab Zoom Download
Am Rennen konnte Leclerc damit nicht teilnehmen. Doch was genau war letztendlich dafür verantwortlich? Bereits unmittelbar nach Leclercs Abflug wurde klar, dass es kein klassischer Fahrfehler des Monegassen war. Vielmehr sorgte ein technisches Problem für seinen Crash.
"Ich habe die Hydraulik verloren", funkte Leclerc direkt nach dem Abflug, und Frederic Vasseur erklärt nach dem Rennen, dass man die Ursache zwar noch nicht genau kenne. "Aber es war eher ein elektronisches Kommando als etwas anderes", so der Ferrari-Teamchef.
Vasseur verrät, dass Leclerc zweimal "das gleiche Problem" gehabt habe. Auch Leclerc selbst bestätigt: "Ich bin wieder losgefahren, ich habe die Hydraulik für 15 Sekunden [zurück] bekommen. Aber dann passierte genau das Gleiche. Ich verlor die Hydraulik, und dann schaltete sich der Motor ab."
"Das System schaltete die Hydraulik und den Motor ab", erklärt Vasseur, laut dem es wieder "die gleiche Situation" wie beim Crash war. "Das Problem ist, dass er es [nur] 30 Meter weit geschafft hat", so der Teamchef. Dann trat das Problem wieder auf.
Warum es keinen dritten Versuch mehr gab
"Das nächste Mal wäre ich nur noch zwei Meter weit gekommen", glaubt Leclerc, der seinen Boliden schließlich komplett abstellte. "Es war besser, anzuhalten", betont Vasseur, der noch einmal klarstellt, dass Leclerc keinerlei Schuld an dem Unfall treffe.
Er habe "keine Servolenkung und kein Getriebe mehr" gehabt und habe den Einschlag deshalb nicht verhindern können. Der Crash war laut Leclerc selbst auch gar nicht so heftig. "Nur der Frontflügel war beschädigt, aber sonst nichts", betont er.
Am Rennen hätte er also wohl trotzdem teilnehmen können, wenn das ursprüngliche Problem nicht noch ein weiteres Mal aufgetreten wäre. Vasseur betont übrigens, dass es in seiner Zeit in Maranello "das erste Mal" gewesen sei, dass man diesen Defekt gehabt habe.
Letztendlich sei es einfach "sehr frustrierend für Charles und für das Team", betont der Teamchef, der daran erinnert, dass man am Freitag und Samstag extra Reifen für das Rennen gespart hatte. "Ich war sehr frustriert", bestätigt daher auch Leclerc selbst.
"Es nervt, weil ich vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres endlich das Vertrauen in das Auto gefunden habe. Und dann startet man als Zweiter, opfert ein ganzes Wochenende für das Sonntagsrennen, fährt sechs Kurven und das war's", winkt der Monegasse ab.
Was wäre für Leclerc möglich gewesen?
Vasseur betont: "Wir müssen jetzt ruhig bleiben und verstehen, was passiert ist, um weitere Probleme in der Zukunft zu vermeiden. Ich denke, das Tempo am Wochenende war gar nicht so schlecht." Was den Ausfall allerdings umso ärgerlicher macht.
Denn laut Vasseur wäre ein Podestplatz für Leclerc am Sonntag zumindest "möglich" gewesen, weshalb das Rennen in Brasilien letztendlich eine "verpasste Gelegenheit" im Hinblick auf den Kampf um Platz zwei in der Konstrukteurs-WM gegen Mercedes gewesen sei.
Zwar kam man dank Platz sechs von Carlos Sainz bis auf 20 Punkte und damit minimal an Mercedes heran. "Aber mit Charles in der ersten Reihe [...] hätte es viel besser sein können", ärgert sich Vasseur, der betont: "Wir haben mit Vegas und Abu Dhabi noch zwei Möglichkeiten."
"Vegas könnte chaotisch werden, und wenn wir und Mercedes die gleiche Pace wie an diesem Wochenende haben, haben wir eine Chance", so der Teamchef. Und auch Leclerc selbst betont, er wolle sich jetzt auf die beiden letzten Saisonrennen fokussieren.
"Das ist das Beste, was ich als Fahrer tun kann", zuckt er die Schultern und erklärt, er habe in dieser Saison bereits "so viele Möglichkeiten" und gleich ab Saisonbeginn "so viele Punkte" verloren. Sein einziges Ziel sei daher jetzt noch der Kampf um P2 in der Konstrukteurs-WM.
Leclerc: Kann Enttäuschungen gut verarbeiten
"Das ist meine einzige Motivation für den Rest des Jahres, denn was dann noch übrig bleibt, ist nicht besonders aufregend", so Leclerc, der in der Fahrer-WM zwei Rennen vor Schluss nur auf P7 liegt und auch das interne Ferrari-Duell gegen Sainz zu verlieren scheint.
22 Punkte liegt der Spanier nach Brasilien vor seinem Teamkollegen, der betont: "Ich habe lieber eine Menge Probleme in einer Saison, in der ich um diese [schlechteren] Positionen kämpfe, als in einer Saison, in der ich um die Meisterschaft kämpfe."
Tatsächlich zieht sich das Pech wie ein roter Faden durch Leclercs Saison 2023. Direkt in zwei der ersten drei Saisonrennen sah er nicht die Zielflagge, beim jüngsten Tripleheader in den USA, Mexiko und Brasilien wurde er zwar einmal Dritter, dazu kamen aber wieder zwei Nullnummern.
Nachdem er in Austin disqualifiziert wurde, fiel er nun in Sao Paulo bereits vor dem Start aus. Leclerc selbst betont, er sei "ziemlich gut" darin, solche Enttäuschungen schnell abzuhaken. Bereits am Montag nach einem Rennen fühle er sich meistens wieder besser.
Inzwischen hat er eben auch bereits einige Erfahrung darin gesammelt, mit solchen Enttäuschungen umzugehen ...