Toto Wolff: Mercedes hat "Prügel bezogen" im Formel-1-Sprint in Brasilien
Wie Mercedes-Sportchef Toto Wolff die Plätze vier und sieben von Russell und Hamilton im Formel-1-Sprint von Sao Paulo einordnet und was schiefgelaufen ist
(Motorsport-Total.com) - Der Anfang war stark, das Ende nicht so sehr. Und das ist auch der Grund, weshalb Mercedes beim Formel-1-Sprint in Brasilien hinter seinen eigenen Erwartungen zurückgeblieben ist. Teamchef Toto Wolff sagt daher bei Sky frei heraus: "Heute haben wir Prügel bezogen." Und: "Heute war nicht gut."
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Russell im Mercedes W14 neben Norris im McLaren MCL60 beim Formel-1-Sprint in Brasilien 2023 Zoom Download
Dabei waren George Russell und Lewis Hamilton von den Startplätzen vier und fünf gut ins Rennen gekommen und hatten zu Beginn Akzente gesetzt: Russell fuhr etwa kurzzeitig auf dem zweiten Platz hinter Red-Bull-Mann Max Verstappen.
Doch genau darin liegt laut Wolff der Fehler: "Ich glaube, wir haben am Anfang sehr viel Druck gemacht. Das Auto war nicht richtig ausbalanciert. Dann kommst du ins Rutschen, und das hat die Reifen zerstört."
Im Sprintrennen von Sao Paulo hatte dies zur Folge, dass die Mercedes-Fahrer ihre Positionen nicht halten konnten. Russell fiel über die 24-Runden-Distanz auf P4 zurück, Hamilton belegte gar nur P7.
Reifen gehen ein bei Hamilton und Russell
Vor allem Hamiltons Zurückfallen sei leicht zu erklären, sagt Wolff: Der Mercedes W14 habe "in den letzten zwei Runden die [Soft-] Reifen gekillt".
Genau dieses Szenario habe sein Team bereits beim Mexiko-Grand-Prix vor einer Woche erlebt: "[Hamilton] ist da am Ende die schnellsten Runden gefahren und [Russell] ist total weggebrochen. Und das ist heute bei beiden Autos passiert."
Die Ursache dafür seine eine nicht optimale Balance des W14 mit einem "etwas zu schwachen Heck", so formuliert es Wolff. "Damit steht die Balance auf Messers Schneide."
Wie die Mercedes-Fahrer das Rennen erlebt haben
Was das bedeutet, das bringt Hamilton im Sky-Gespräch auf den Punkt: "Es war furchtbar. Es hat überhaupt keinen Spaß gemacht."
Nach seinem eigentlich "guten Start" habe er "einfach nur Schwierigkeiten mit der Balance" gehabt, so der Mercedes-Fahrer. "Ich hatte Untersteuern und plötzliches Übersteuern. Im Prinzip kämpfte ich schon früh mit dem Auto. Am Ende gingen mir die Reifen ein."
All das stellt Russell vor ein Rätsel. Ebenfalls bei Sky meint er: "Leider geht es immer nur um die Reifen und darum, sie ins ideale Arbeitsfenster zu bringen. Speziell an den beiden jüngsten Wochenende hat das niemand so richtig verstanden. Ferrari hatte in Mexiko die Pace im Qualifying, wir im Rennen. Heute war die Pace wieder nicht da, obwohl wir einiges erwartet hatten."
Das große Problem von Hamilton und Russell im Sprint
An einem zu konservativen Set-up habe es nicht gelegen, sagt Russell auf die Nachfrage, ob Hamiltons Disqualifikation in Austin Mercedes zu mehr Vorsicht verleitet habe. "Natürlich haben wir [Austin] im Hinterkopf, aber Austin war eine ganz andere Nummer", so Russell. "Die Strecke hier hat zwar auch Bodenwellen, aber ist insgesamt flacher. Bisher gibt es auch keine Bedenken."
Nur die Gewissheit, dass der W14 einfach "nicht schnell genug" war über die Sprint-Distanz. Russell: "Eigentlich war unsere Pace so, wie ich sie erwartet hatte. Das Problem war nur: Alle anderen waren deutlich schneller."
"Max [Verstappen] kam 25 Sekunden vor uns an, und das in einem 24-Runden-Rennen. Das ist mehr als eine Sekunde pro Runde. Das war ziemlich überraschend für uns und eine bittere Pille."
Was die Daten zur Mercedes-Form sagen
Die Datenanalyse von F1 Tempo unterstreicht Russells Eindrücke noch: Demnach war Russell nur in der zweiten Runde einen Hauch schneller als Verstappen, sonst teilweise deutlich langsamer, um bis zu 2,2 Sekunden. Den Löwenanteil der Zeit verlor Mercedes vor allem ab Kurve 12 beim Herausbeschleunigen bis Start und Ziel.
Was die Frage aufwirft, wie die Mercedes-Leistung wohl über die Grand-Prix-Distanz aussehen wird. Dazu sagt Wolff: "Ich glaube nicht, dass es eine magische Schraube gibt, die man drehen kann, damit alles gelöst ist. Heute lief alles gegen uns. Wir müssen uns jetzt intensiv am Kopf kratzen und überlegen, was wir für Sonntag unternehmen können, um uns zu steigern."
Der Teamchef prognostiziert einen Rennverlauf, bei dem Mercedes "ein bisschen Konvoi fahren" werde, um zu sehen, "wie sich der Reifen stabilisiert". Mit einer besseren Balance im Auto "haben wir vielleicht mehr Pace", meint Wolff, "und dann killt man [die Reifen] nicht zu schnell".
Rettet ein Wetterwechsel Mercedes am Sonntag?
Doch weil die Formel-1-Autos unter Parc-ferme-Regeln nicht umgebaut werden dürfen, ist sich Hamilton nicht sicher, ob Mercedes am Sonntag die Trendwende einleiten kann. O-Ton: "Ich weiß wirklich nicht, wie wir das für Sonntag in den Griff kriegen sollen."
Er könne nur "vermuten, dass ich das Set-up falsch aufgebaut habe" und ihm deshalb "ein langer Nachmittag" im Grand Prix drohe. "Aber so ist es jetzt", meint Hamilton. "Gewinnen tun wir am Sonntag nichts. Wir müssen einfach schauen, ob wir besser mit den Reifen umgehen können."
Auch Russell gibt an, "nicht so optimistisch" zu sein für den Grand Prix. Andererseits sei er "zu einhundert Prozent sicher, dass es am Sonntag anders aussieht".
Als Begründung nennt er die aktuelle Wetterprognose: "Die Temperaturen werden um drei Grad anders sein. Das hört sich nach nichts an und es sollte auch nichts ausmachen, aber mit diesen Reifen auf unseren Formel-1-Autos ist das alles. Toi, toi, toi, dass es sich dadurch zum Besseren wendet für uns, aber Garantien gibt es nicht."