Ferrari: Stint auf harten Reifen hat Leclerc das Rennen gekostet
Warum war Charles Leclerc in Mexiko zu Beginn so stark, hatte dann aber gegen Lewis Hamilton keine Chance mehr? - Hätte dessen Strategie das Problem gelöst?
(Motorsport-Total.com) - Nach der überraschenden Poleposition und einem starken Eröffnungsstint schien Ferrari eine realistische Chance zu haben, bestes Team hinter dem überragenden Max Verstappen zu werden. Doch am Ende reichte es nur zu den Plätzen drei und vier. Was geschah nach dem Restart bei der Scuderia?
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Hart ist nicht dein Freund: Charles Leclerc fiel im zweiten Stint zurück Zoom Download
Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur sucht nach Erklärungen: "Mein Gefühl von der Boxenmauer war, dass der erste Stint in Ordnung war, dass wir drei oder vier Zehntel [von] Max entfernt waren. Mit dem Schaden am Auto [Leclercs beschädigter Frontflügel nach der Startkollision] war es eigentlich ein guter Stint."
"Aber wir haben den harten Reifen nie richtig zum Arbeiten gebracht. Wir waren immer auf der zaghaften Seite, das hat überhaupt nicht funktioniert."
Leclerc bestätigt: "Ja, wir hatten nach dem Restart ein bisschen mit dem harten Reifen zu kämpfen. Lewis war auf dem Medium sehr schnell, und dann waren sie beim Reifenverschleiß sehr gut. Ja, sie waren heute einfach besser, so ist das Leben."
Leclerc sieht das Problem mit dem harten Reifen als generelles Problem des Autos: "Ich denke, es bestätigt die Schwächen unseres Autos, das sehr spitz ist. Jedes Mal, wenn wir aus dem optimalen Fenster des Autos herausfallen, verlieren wir zu viel Zeit. Und genau das ist auf der harten Mischung passiert."
Ferraris Problem mit dem Arbeitsfenster
Kurz nach dem Stopp, den er zwei Runden vor dem Rennabbruch einlegte, hatte er noch ein gutes Gefühl auf dem harten Reifen. "Doch dann kam die Rote Flagge, die Reifen kühlten ab. Als es wieder losging, war das Gefühl einfach nicht mehr das Gleiche. Ich habe das Gefühl für die Reifen nicht wiedergefunden."
Hoffnung auf eine schnelle Lösung des Problems hat er nicht: "Wir werden uns die harten Reifen noch einmal genauer ansehen, um zu verstehen, was schiefgelaufen ist, damit wir es in Zukunft besser machen können. Aber ich glaube nicht, dass es kurzfristig große Korrekturen geben wird."
Ärgerlich ist natürlich, dass Leclerc so kurz vor dem Abbruch durch den Unfall von Kevin Magnussen an die Box kam. Von der Pole aus hätte das Rennen beim zweiten Start womöglich eine andere Dynamik bekommen.
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Vasseur weist solche Gedankenspiele zurück: "Ich möchte nicht darüber spekulieren, was passiert wäre, wenn wir zwei Runden später an die Box gekommen wären, als die Rote Flagge geschwenkt wurde und wir von der Poleposition gestartet wären. So sind die Rennen, es gibt viele Zwischenfälle."
"Ich habe das Gefühl, dass wir im ersten Teil des Rennens fast mit Max mithalten konnten und wahrscheinlich etwas schneller als Lewis waren. Im zweiten Stint haben wir das Rennen verloren und ich denke, der einzige Unterschied war die Reifenmischung."
Bleibt die Frage, warum Ferrari es Mercedes nicht gleichtat und zumindest ein Auto auf Mediums setzte. Denn mit seinen zwei Runden auf Hard hatte sich Leclerc beim Stopp an das Reglement gehalten, Carlos Sainz mit seinem längeren Stint sowieso.
"Ehrlich gesagt war das keine Option, weil wir 35 Runden oder so fahren mussten. Und Max hat auch keine Mediums genommen", so Vasseur. "Und wir hatten nur noch angefahrene Mediums übrig."
Pirelli: Mediums waren die besten Wahl
Laut Pirelli-Motorsportdirektor Mario Isola hätte Ferrari den Medium ruhig fahren können: "Ich denke, der Medium war heute besser als die anderen Mischungen, vor allem in den 37 Runden nach der Roten Flagge. Wir haben einen sehr geringen Abbau der mittleren Mischung gesehen." Nur der Haas von Nico Hülkenberg fiel aus dem Rahmen.
"Offensichtlich hatten die Teams Informationen aus dem ersten Stint, denn wie vorhergesagt, starteten die meisten Autos auf der Medium-Mischung", so Isola weiter. "Nach dem Wechsel stellten sie fest, dass vor allem das Graining weniger stark war als am Freitag. Das hatten wir aufgrund der Streckenentwicklung erwartet."
Dennoch bestand die berechtigte Sorge, dass der Medium-Reifen hinten einbrechen könnte (im Fachjargon "falling off a cliff" - von einer Klippe stürzen): "Wenn man sich den ersten Stint von Ferrari anschaut, sieht man, dass der Medium-Reifen nach 28 Runden etwas mehr abgebaut hat."
"Ich denke, der Crossover-Punkt [der Punkt, ab dem der harte Reifen schneller war] kam ziemlich spät. Später als erwartet, weil der Abbau des Mediums geringer war. Aber wir hatten einen Crossover-Punkt."