Ferrari gibt zu: Leclercs Einstopp-Strategie war Murks
Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur versteht Charles Leclercs Frust am Funk: Warum lag Ferrari mit der Strategie wieder einmal daneben?
(Motorsport-Total.com) - Man könnte relativ einfach sagen: "Ferrari macht Ferrari-Dinge". Am Ende war es das Risiko des Experiments mit der Einstopp-Strategie für Charles Leclerc vielleicht wert. Sein sechster Platz ist ohnehin nur noch Makulatur, da er nach dem Rennen disqualifiziert wurde.
Trotzdem ist Teamchef Frederic Vasseur unzufrieden, denn die Ferrari-Daten scheinen nicht zu gestimmt zu haben. Wieder einmal muss sich die Strategieabteilung unangenehme Fragen gefallen lassen.
"Natürlich haben wir gemischte Gefühle", sagte Vasseur nach dem Rennen, als die Disqualifikation noch nicht feststand. "Einerseits sind wir mit Carlos Vierter geworden. Aber bei Charles, der nach zwölf Runden rund zehn Sekunden vor Carlos lag, haben wir mit der Strategie keine gute Entscheidung getroffen."
"Das Problem war wahrscheinlich, dass wir vor dem Rennen keine klare Vorstellung hatten. Wir haben ein bisschen gezögert, und dadurch hat er im ersten Stint ein bisschen gezögert, ob er pushen soll oder nicht. Und dann haben wir einen Fehler gemacht."
Was es so bitter macht: Ferrari glaubte eigentlich, mit einem Stopp alles richtig gemacht zu haben. "Wir müssen uns auf den Fehler konzentrieren und versuchen zu verstehen, warum wir diese Entscheidung getroffen haben. Denn wir waren überzeugt, dass es mit den Informationen, die wir zu diesem Zeitpunkt hatten, die richtige Entscheidung war."
Alle Simulationen haben also versagt: "Das bedeutet, dass die Zahlen, die wir in dieser Phase des Rennens an der Boxenmauer und in der Fabrik hatten, nicht gut waren."
Hätten mehr andere Einstopper geholfen?
Das lag nicht zuletzt daran, dass Leclerc wirklich der einzige Fahrer war, der nur einmal an die Box kam. Damit fuhr er im Vergleich zu allen anderen "off sequence".
"Es geht nicht nur darum, Zeit wegen der Reifen zu verlieren, sondern auch darum, was die anderen machen. Wir haben den Fehler gemacht, davon auszugehen, dass die Strategien im Feld etwa 50:50 sein würden. Das war aber nicht der Fall. Alle anderen Fahrer haben zwei Stopps [und mehr] gemacht."
Das hatte für Leclerc unangenehme Nebenwirkungen: "Das bedeutet, dass man viel mehr Verkehr um sich herum hat, weil man ein anderes Rennen fährt als alle anderen. Man muss viel überholen und wird viel überholt.
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"Und jedes Mal, wenn dich jemand überholt, verlierst du 1,5 Sekunden. Das heißt, wenn dich die gleichen vier Fahrer zweimal überholen, verlierst du allein dadurch zwölf Sekunden."
Andere Konkurrenten haben laut Vasseur noch die Kurve gekriegt: "Ich denke, Hamilton war nicht weit davon entfernt, einen Stopp zu machen. Russell wollte ganz klar nur einen Stopp machen, aber er war der Letzte in der [Führungs]gruppe. Es ist viel einfacher, die Strategie zu ändern, wenn man der Letzte [in einer Gruppe] ist.
Bei Sainz hingegen stellte sich die Frage nach der Strategie gar nicht: "Wir sind bei ihm schnell auf zwei Stopps gegangen, weil er mit Max gekämpft hat. Bei Charles war es weniger klar. Wir lagen bei ihm ein bisschen in der Mitte."