Tracklimits-Chaos im Shootout: Oscar Piastri erobert Pole für Katar-Sprint!
Favoritensterben wegen Tracklimits- und Reifenchaos im Sprint-Shootout in Katar und somit am Ende sensationelle Doppelpole für McLaren: Oscar Piastri vor Norris
(Motorsport-Total.com) - In einem von heißen Diskussionen über die Sicherheit der Reifen und die Tracklimits geprägten Sprint-Shootout in Katar sicherte sich letztendlich Oscar Piastri (McLaren) den ersten Startplatz für den F1-Sprint, der am Samstagabend um 19:30 Uhr deutscher Zeit unter Flutlicht auf dem Losail International Circuit in Doha stattfindet.
© Motorsport Images
Oscar Piastri meisterte die Tracklimits am besten und sicherte sich Pole für den F1-Sprint Zoom Download
Topfavorit Max Verstappen hatte gleich im ersten Versuch in SQ3 eine Bestzeit von 1:24.543 Minuten vorgelegt und hängte seinen Gegnern die Latte damit vermeintlich extrem hoch. Doch dem angehenden Weltmeister wurde die Zeit wegen Tracklimits in Kurve 5 gestrichen. "Seid ihr euch sicher?", fragte er am Funk ungläubig nach.
Verstappen war zu Beginn der Session als Erster auf die Strecke gegangen, und so konnte er nach zwei "Cooldown-Laps" einen zweiten Anlauf auf die Sprint-Poleposition nehmen. Seine Zeit von 1:24.646 Minuten war aber erstens langsamer als sein erster Versuch - und zweitens nicht schnell genug, um die beiden McLaren-Fahrer zu verdrängen.
Zunächst sah es so aus, als würde Lando Norris den ersten Startplatz erobern. Doch Norris rutschte in der letzten Kurve seiner letzten Runde nach draußen und konnte seine bis dahin stehende Bestzeit nicht mehr verbessern. Das nutzte Piastri, der ihn im letzten Versuch um 0,082 Sekunden von der Sprint-Poleposition verdrängte.
Der Australier scherzte im Top-3-Interview mit Naomi Schiff: "Ich gebe der FIA noch fünf Minuten Zeit, bevor ich mich freue ..."
Als das Ergebnis einmal feststand (angesichts reihenweise gestrichener Rundenzeiten dauerte das ein Weilchen), lag Verstappen hinter dem McLaren-Duo auf Platz 3, gefolgt von George Russell (Mercedes/+0,387), Carlos Sainz (Ferrari/+0,701), Charles Leclerc (Ferrari/+0,793), Nico Hülkenberg (Haas/+0,866) und Sergio Perez (Red Bull/+0,928).
Fernando Alonso (Aston Martin) und Esteban Ocon (Alpine) belegten die Positionen 9 und 10. Die beiden hatten keine gewertete Rundenzeit, eben wegen Verstößen gegen die Tracklimits. "Heute gibt's nicht viele Punkte", sagt Alonso. "Da kommt es vor allem drauf an, das Auto sicher ins Ziel zu bringen."
Auch Lewis Hamilton (Mercedes) war eins von vielen Opfern der Tracklimits. Dem siebenmaligen Weltmeister wurden in SQ1 und SQ2 mehrere Rundenzeiten gestrichen, sodass er letztendlich nur den zwölften Platz belegte. "Sowas hat es noch nie gegeben. Aber es sitzen alle im gleichen Boot", sagt er achselzuckend über die dutzenden Tracklimits-Fälle.
Die Bedingungen seien "ganz anders" als am Freitag gewesen, schildert der Mercedes-Fahrer: "Gestern fühlte es sich okay an. Vielleicht war es der Wind, vielleicht die Temperatur, aber die Balance war total daneben. Ich hatte starkes Untersteuern, und ich weiß nicht genau warum."
Zum Thema:
Ergebnis Sprint-Shootout
F1-Liveticker: Der Samstag in Katar
F1-Livestream: Die Analyse des Samstags
Infos: Live-Übertragung im TV bei Sky (ANZEIGE)
Hat McLaren im F1-Sprint eine realistische Siegchance?
McLaren-Teamchef Andrea Stella freut sich über die erste Doppelpole unter seiner Führung, weiß aber, dass der F1-Sprint am Abend schwierig zu gewinnen wird: "Verstappen und Russell waren schon das ganze Wochenende schnell. Wir wissen, wie schnell Verstappen in längeren Stints ist. Aber wir versuchen unser Bestes."
Im Interview mit dem ORF spielt er außerdem augenzwinkernd auf die Tracklimits-Verstöße seiner beiden Fahrer im ersten Qualifying am Samstag an: "Heute haben sie einen besseren Job gemacht als gestern", grinst Stella und ergänzt: "Die Performance des Autos war gut, und es ist schön, dass die Fahrer das nutzen konnten."
So gut, dass McLaren die Pole aus eigener Kraft erobern konnte. Verstappen wurde eine Rundenzeit von 1:24.543 Minuten gestrichen. Doch auch mit dieser Zeit wäre er letztendlich Dritter geworden. "McLaren hat sich das rausgefahren", analysiert ORF-Experte Alexander Wurz. "Nicht nur wegen der Tracklimits, sondern sie waren einfach schneller."
Wurz weiter: "Beide Autos waren schneller als Verstappen, schneller als Red Bull - auf einer Strecke mit so langen Kurven, wo man sich denkt, dort sollte Red Bull eigentlich zuhause sein. Da muss man dann sagen: mega, wirklich mega! Das ist fast unglaublich."
Norris war mit seiner Leistung nicht zufrieden: "Ich habe heute wieder schlechte Arbeit abgeliefert. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin einfach nicht zufrieden. War nicht gut. Ich hätte gestern auf der Pole stehen sollen und heute auch. Fehler gemacht, die Runde nicht hingekriegt, obwohl ich leicht schnell genug gewesen wäre für die Poleposition."
Piastri ist mit dem Ergebnis "sehr zufrieden", auch wenn er einschränkt: "Natürlich wäre es noch besser, wenn das am Freitag passiert wäre! Es war eine ordentliche Runde. Am Anfang hatte ich Probleme damit, das Auto ins richtige Fenster zu kriegen und auf der Strecke zu bleiben. Dann aber hat es in SQ3 viel besser gepasst."
"Ich bin einfach etwas weniger Risiken eingegangen. In meiner gestrichenen Runde gestern ist mir ein herber Fehler unterlaufen. Die schnellen Kurven hier gehen gerade nicht Vollgas. Wenn du einen Fehler machst, wirst du dazu verleitet, einfach noch mehr zu pushen. Gestern habe ich zu viel gepusht. Heute habe ich mich etwas zurückgenommen."
Wird Verstappen jetzt trotzdem Weltmeister?
Für Red Bull war Platz 3 "Rettung in letzter Sekunde", wie es Helmut Marko formuliert: "Es war die erste Runde, nachdem die andere Runde gestrichen wurde. Da war unser Konzept schon durcheinander."
Selbst wenn Perez den F1-Sprint gewinnen sollte, reicht Verstappen ein sechster Platz, um den Sack zuzumachen. Die vorzeitige WM-Entscheidung scheint also nur noch Formsache zu sein. "Für die WM reicht es. Wir hätten uns gewünscht, dass es mit einem Sieg endet", sagt Marko. "Aber ein Podium ist auch gut."
"Jetzt müssen wir schauen, ob die McLaren dieses Tempo halten kann. Die waren gestern schon sehr schnell. Überholen ist auch nicht ganz leicht hier. Schauen wir mal, wie die Reifensituation ist. Der Abbau wird entscheidend sein. Und die Temperaturen gehen eigentlich nicht drastisch zurück bis zum Sprint. Das wird glaube ich ein heißes Rennen", analysiert Marko.
Verstappen findet, dass es "nicht die beste Runde meines Lebens" war, aber "P3 ist okay. Im Sprint gibt's noch einige Runden zu fahren. Unser Auto ist normalerweise gut bei Hitze. Wir haben's nur einfach nicht auf die Reihe gekriegt, als es drauf ankam."
Teamkollege Perez schaffte es diesmal immerhin in SQ3. Platz 8 ist aber nicht das Ergebnis, das er sich erhofft hatte. Perez erklärt: "Mit dem Medium lief es gut, aber nach dem Wechsel auf den Soft hatten wir nicht die richtige Strategie. Die Reifen waren in einem sehr schlechten Zustand, und wir waren dann mit dem Soft sogar langsamer. Gar nicht gut. Ein paar Punkte sind noch drin. Auch wenn Überholen schwierig wird."
Warum begann das Sprint-Shootout mit Verspätung?
Am Freitagabend stellte Pirelli bei der Untersuchung der Reifen nach dem Freien Training fest, dass die neuen Randsteine auf dem Losail International Circuit für Sicherheitsprobleme mit den Reifen sorgen könnten. Um ein Fiasko wie zuletzt in Indianapolis 2005 zu verhindern, wurden in Zusammenarbeit mit der FIA umgehend Notfallmaßnahmen auf den Weg gebracht.
Diese Maßnahmen umfassen unter anderem, dass die Tracklimits in den Kurven 12/13 um 80 Zentimeter nach innen versetzt wurden, sodass die Fahrer an der Stelle nicht mehr über die Randsteine fahren. Um den Fahrern die Möglichkeit zu geben, sich an diese Änderung zu gewöhnen, wurde vor dem Sprint-Shootout ein zehnminütiges Zusatztraining zur Akklimatisierung angesetzt.
Nach dieser Session, zu der es kein offizielles Ergebnis gab (inoffiziell: Verstappen vor Leclerc und Ocon), gab's nochmal zehn Minuten Pause. Deswegen konnte das eigentliche Sprint-Shootout erst mit 20 Minuten Verspätung um 15:20 Uhr deutscher Zeit beginnen.
Wie ging's dann in SQ1 weiter?
Einige Fahrer schafften es offenbar nicht so schnell, sich auf die neuen Tracklimits einzustellen. In SQ1 mussten reihenweise Rundenzeiten gestrichen werden. Am Ende schieden Lance Stroll (Aston Martin), Alexander Albon (Williams), Yuki Tsunoda (AlphaTauri), Kevin Magnussen (Haas) und Logan Sargeant (Williams) aus.
Für Tsunoda Grund genug, am Boxenfunk völlig zu eskalieren. Dabei war der Japaner am verpassten SQ2 auch ein bisschen selbst schuld. Denn bei seinem Tracklimits-Verstoß machte er mitten in der Kurve die Lenkung auf. Hätte er das nicht getan, wäre er wahrscheinlich nicht über die weiße Linie gefahren.
Selbst Leclerc musste im ersten Segment zittern. Bis zu seiner allerletzten Runde hatte er keine Zeit gefahren, die ausreichend war, um ins SQ2 aufzusteigen. Erst im letzten Versuch verbesserte er sich auf Platz 11, 0,583 Sekunden und somit doch noch komfortabel vor Stroll auf Rang 16.
Und in SQ2?
Es wurden weiterhin munter Rundenzeiten gestrichen. Unter anderem erneut von Leclerc, Sainz und Hamilton, die schon in SQ1 mit Verstößen aufgefallen waren. So war die große Kunst, eine schnelle Rundenzeit zu erzielen, ohne dabei aber allzu großes Risiko zu gehen, in den neuralgischen Passagen zu weit nach außen getragen zu werden.
Und das bekamen nicht alle hin. Unter den fünf Piloten, die in SQ2 ausschieden, war mit Hamilton auch ein echter Superstar. Er wurde mit einer Zeit von 1:25.962 Minuten auf Platz 12 gewertet. Schwacher Trost: Auch seine schnellste Runde von 1:25.626 Minuten hätte nicht gereicht, um in die Top 10 einzuziehen.
Neben Hamilton schieden in SQ2 auch Pierre Gasly (11./Alpine), Valtteri Bottas (13./Alfa Romeo), Liam Lawson (14./AlphaTauri) und Guanyu Zhou (15./Alfa Romeo) aus. Gasly fehlten am Ende der Session 0,176 Sekunden auf die Zeit seines Teamkollegen, die Platz 10 bedeutet hätte.
Von außen betrachtet mag es simpel wirken, als Rennfahrer einfach nicht über eine neu aufgemalte Linie zu fahren. Doch das Problem ist, dass die Fahrer die aufgemalten Linien anders wahrnehmen und spüren als "echte" Randsteine.
Polesetter Piastri erklärt: "Weil es sich nur um Farbe auf dem Asphalt handelt, kriegst du davon keine Rückmeldung im Cockpit. Als Fahrer aber siehst du den Boden nicht und auch nicht so einfach, was sich vor dir befindet. Es ist sehr schwer einzuschätzen, wo sich das rechte Vorderrad relativ zur weißen Linie befindet. Wirklich knifflig."
"Jetzt können wir die Randsteine teilweise benutzen, aber nicht ganz. Am Freitag galt ein klares Limit, weil du raus warst, wenn du hinter dem Randstein warst. Jetzt ist es schwieriger einzuschätzen", sagt der McLaren-Fahrer.
Wo kann man den Grand Prix von Katar live sehen?
Für Hardcore-Fans der Formel 1 endet der Tag nicht mit dem Ende der TV-Übertragung. Am späten Abend gibt's auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de nämlich noch die tägliche F1-Show mit der Analyse von Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll. Diese beginnt am Samstag um Mitternacht und in der Nacht von Sonntag auf Montag um 1:00 Uhr. (Jetzt Kanalmitglied werden und im Livechat mitdiskutieren und Fragen stellen!)
Zuschauer aus Deutschland können den Grand Prix von Katar nur bei Sky live sehen. Diesmal allerdings auch kostenlos. Sky zeigt das Rennen am Sonntag nämlich parallel zu den gewöhnlichen Kanälen und YouTube auch auf TikTok. Im ungewöhnlichen 9:16-Format kommentieren aber nicht Sascha Roos und Ralf Schumacher, sondern Joe Signon und Sophia Flörsch.
Die normale TV-Übertragung von Sky bleibt davon unberührt. Der F1-Sprint startet am Samstag um 19:30 Uhr deutscher Zeit. Sky Sport F1 HD steigt bereits um 18:30 Uhr in die Übertragung ein. Der Grand Prix am Sonntag startet bereits um 19:00 Uhr, mit Live-Vorberichten ab 17:30 Uhr. (Hier geht's zur kompletten TV-Übersicht für das Formel-1-Wochenende in Katar!)