Zweimal ausgefallen im Rennen: Warum Perez nochmal rausfuhr
Weshalb Red-Bull-Fahrer Sergio Perez nach seinem Ausfall im Formel-1-Rennen in Suzuka noch einmal auf die Strecke ging und was das Reglement dazu sagt
(Motorsport-Total.com) - "Wir nehmen das Auto aus dem Rennen." Diesen Satz hat Red-Bull-Fahrer Sergio Perez beim Japan-Grand-Prix in Suzuka mehrfach im Funk gehört. Und er ist in diesem Rennen zwei Mal (!) ausgeschieden.
Wie das geht? Der erste Ausfall ereignete sich nach 15 Runden als Folge von diversen Zwischenfällen und mit schiefstehendem Lenkrad. Perez stellte den RB19 an der Box ab und stieg aus. Später aber schickte ihn Red Bull noch einmal auf die Strecke, nur um ihn in Runde 43 erneut reinzuholen, um das Rennen ein zweites Mal an der Box aufzugeben.
Aber ist es überhaupt erlaubt, ein Rennen wieder aufzunehmen, nachdem man es für sich schon beendet hatte? Red-Bull-Sportchef Helmut Marko sieht sich und sein Team im Recht. Im ORF-Gespräch meinte er nach dem Rennen: "Ich glaube nicht, dass wir gegen das Reglement verstoßen haben. Es ist alles im Rahmen des Reglements."
Wurz: Red Bull hat alles richtig gemacht
So sieht es auch Formel-1-Experte Alexander Wurz in seiner ORF-Analyse - und er sieht nichts, was gegen das Vorgehen von Red Bull spricht: "Wenn du aus dem Auto aussteigst, ist es [zwar für dich] das offizielle Ende des Grand Prix. Ausnahmen gibt es aber, wenn du aussteigen musst, um etwas zu reparieren. Das Reparieren an sich ist ja erlaubt."
"Du darfst an der Box den Frontflügel wechseln. Du kannst dich reinschieben lassen, kurz was wechseln, wieder rausfahren. Das ist vom Reglement gestattet."
Entscheidend sei in diesem Fall laut Wurz, dass Red Bull die Rennleitung wohl davon überzeugt habe, "dass sie Perez aussteigen lassen mussten, um aus Sicherheitsgründen etwas zu checken am Sitz oder im Cockpit, und dass es immer die Absicht war, dass er weiterfährt".
"Natürlich kann man sagen: Wenn es schon hieß 'Wir nehmen das Auto aus dem Rennen', dass es sehr weit an den Haaren herbeigezogen ist. Aber warum auch nicht? Du musst das Reglement ausnutzen."
Es sei "wie bei der Steuererklärung", meint Wurz und erklärt: "Man versucht, es für sich optimal auszulegen. So macht das Red Bull ebenfalls. Wenn sie damit durchkommen, dann ist es gut."
Warum Perez so lange an der Box stand
An etwaigen langwierigen Verhandlungen zwischen Red Bull und der Rennleitung hat es jedenfalls nicht gelegen, dass Perez' Auto zwischendurch für über 41 Minuten an der Box stand, wie ein FIA-Sprecher auf Nachfrage von Motorsport-Total.com bestätigt hat. Es habe keine Anweisung gegeben, das Auto so lange zurückzuhalten. Red Bull habe vermutlich einfach so lange für die Reparatur gebraucht.
Aber warum musste Perez überhaupt nochmal zurück auf die Strecke? Weil er für einen selbst verschuldeten Crash mit Haas-Fahrer Kevin Magnussen eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe erhalten hatte, diese aber vor seinem ersten Ausfall nicht "abgesessen" hatte. Und das hätte für Perez beim nächsten Rennen zum Problem werden können.
Analyse Suzuka: Was war da bei Perez los?
Wofür hat Sergio Perez eigentlich die Strafe bekommen? Und war es regelkonform, ihn nach so langer Pause nochmal ins Rennen zu schicken? Weitere Formel-1-Videos
Denn im Sportlichen Reglement der Formel 1 heißt es unter Artikel 54.3 Abschnitt d: "Wenn ein Fahrer eine Strafe im Rennen nicht antreten kann, weil er ausfällt, dann können die Sportkommissare eine Startplatz-Strafe für das nächste Rennen des Fahrers aussprechen."
Die Betonung in dieser Formulierung liegt auf "können": Es folgt also nicht automatisch eine Strafe, aber es könnte eine Strafe folgen. Red Bull wollte aber nichts riskieren. So sagt es Marko im ORF: "Wir haben das so geregelt, damit wir beim nächsten Mal keine Startplatz-Strafe [für Perez] bekommen."
Der entscheidende letzte Boxenstopp für Perez
Dazu musste Perez noch einmal ins Rennen gehen und einen Boxenstopp absolvieren, bei dem vor dem Reifenwechsel die Zeitstrafe "abgesessen" werden konnte. Diesen Stopp hat Perez gleich nach seinem Zurückfahren auf die Strecke eingelegt. Kaum wieder raus aus der Boxengasse, erklang schon der Funkspruch: "Wir nehmen das Auto am Ende der Runde aus dem Rennen." Perez fiel ein zweites Mal aus.
Für Red Bull stand in diesem Moment aber mehr auf dem Spiel als nur eine mögliche Startplatz-Strafe für Perez im folgenden Rennen. Denn zum "Absitzen" der Strafe blockierte Perez für kurze Zeit den Boxen-Stellplatz seines Teams, was Teamkollege Max Verstappen zum Nachteil hätte gereichen können.
"Wir haben das so getimt, dass immer Max Priorität hatte", erklärt Sportchef Marko bei Sky. "Das heißt, wir haben ihn dann so hinausgeschickt, dass er Max im Falle einer Safety-Car-Phase in keiner Weise behindern könnte." Man habe die Situation also "optimal gelöst für das Team".
"Rabenschwarzer Tag" für Perez in Suzuka
Und das alles nur, weil Perez laut Marko einen "rabenschwarzen Tag" in Suzuka erlebt hatte. Perez selbst spricht von einem "furchtbaren Start", weshalb er in Kurve 1 "praktisch nur Passagier" gewesen sei, und eingeklemmt zwischen Carlos Sainz rechts und Lewis Hamilton links. "Dann ging die Endplatte des Frontflügels fliegen und ich hatte sofort keinen Anpressdruck mehr auf der Vorderachse", sagt Perez.
Es folgte der erste Reparaturstopp in Runde zwei zum Nasenwechsel. "Es blieb aber unverändert", meint Perez. "Ich schätze also, da war mehr kaputt am Auto."
Er habe sich dann vor allem auf der Bremse schwergetan. Das äußerte sich wenige Runden später in dem missglückten Manöver gegen Magnussen in der Haarnadelkurve. "Ich versuchte etwas, konnte dann aber nicht rechtzeitig verzögern", sagt Perez, der Magnussen voll in die Seite drauf und in einen Dreher zwang. "Das war natürlich mein Fehler", räumt Perez ein. Und die Sportkommissare sahen es genauso.