Kritik an Sergio Perez: "Er ist wirklich neben sich gestanden"
Pleiten, Pech und Pannen für Sergio Perez beim Formel-1-Rennen in Japan: Was alles schiefgelaufen ist und wie hart die Kritik am Red-Bull-Fahrer ausfällt
(Motorsport-Total.com) - "Es war kein so toller Tag", sagt Sergio Perez kleinlaut nach dem Japan-Grand-Prix 2023 in Suzuka. Und das ist noch untertrieben. Denn für den Red-Bull-Fahrer ging beim 16. Formel-1-Rennen des Jahres fast alles schief, und das von Anfang an: Er beschädigte gleich zwei Frontflügel, überholte unter Gelb, räumte einen Gegner ab und fiel obendrein gleich zweimal (!) aus.
Red-Bull-Sportchef Helmut Marko spricht deshalb bei ORF und Sky von einem "pechschwarzen Tag" für Perez, und Formel-1-Experte Alexander Wurz kann hier nur beipflichten: Perez sei "wirklich neben sich gestanden" und "nicht voll bei der Sache" gewesen. "Das muss ich ganz ehrlich sagen."
Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner findet nur wenig Positives an Perez' Auftreten in Japan. "Das einzige Ordentliche, was wir heute mitnehmen, ist: Es gibt keine Strafe, die sich auf das nächste Rennen in Katar auswirken würde."
Perez' Rennen geht von Anfang an schief
Und das auch nur, weil Red Bull Perez noch einmal ins Rennen schickte, obwohl man Perez zuvor mit beschädigtem Auto zur Aufgabe an die Box geholt hatte. Bis zu diesem Punkt im Japan-Grand-Prix hatte Perez allerhand erlebt.
"Es ging schon schlecht los, weil er auf dem Weg zu Kurve 1 zum Spielball wurde. Das war unglücklich", meint Horner. Perez selbst räumt einen "furchtbaren Start" seinerseits ein und sagt, er sei "in Kurve 1 praktisch nur Passagier" gewesen zwischen Carlos Sainz auf der linken und Lewis Hamilton auf der rechten Seite. "Und dann ging die ganze Frontflügel-Endplatte fliegen."
Es folgte der erste Reparaturstopp für eine neue Nase, aber Perez' Albtraum-Nachmittag in Suzuka ging weiter, weil er bei der Boxeneinfahrt unter Gelb am Aston Martin von Fernando Alonso vorbeigefahren war. Dafür setzte es eine Fünf-Sekunden-Zeitstrafe sowie zwei Strafpunkte für die Formel-1-Fahrerlizenz.
Perez räumt Magnussen ab und wird wieder bestraft
Nur wenig später dann ein Volltreffer: Perez verschätzte sich beim Versuch, Haas-Fahrer Kevin Magnussen in der Haarnadelkurve zu überholen. Selbst Teamchef Horner fand das Manöver "ein bisschen zu optimistisch" und meint: "Wahrscheinlich war in dieser Szene auch ein bisschen Frust dabei."
So oder so: Es kostete Perez einen weiteren Frontflügel, außerdem stand danach die Lenkung schief. Der nächste Reparaturstopp wurde fällig, und dabei nahm Red Bull das Auto zum ersten Mal aus dem Rennen.
Über die Ausfallursache, den Crash mit Magnussen, kann Wurz im ORF-Gespräch nur mit dem Kopf schütteln: "Das war einfach von zu weit hinten und zu ungestüm. Normalerweise möchte ich nicht so kritisch sein, aber bei dem Manöver habe ich eindeutig erkannt, er steht sich heute selbst im Weg."
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Perez selbst verliert nicht viele Worte über den folgenschweren Zwischenfall, sagt aber klar, dass es "natürlich mein Fehler" gewesen sei. "Ich versuchte innen ein Manöver, aber es gelang mit nicht, rechtzeitig zu verzögern."
Welche Folgen der Erstrunden-Zwischenfall hatte
Letzteres schiebt Perez auf die Erstrunden-Berührung gleich nach dem Start. Er habe direkt gespürt, dass an der Vorderachse "kein Anpressdruck mehr" vorhanden sei. "Das war selbst nach dem Flügelwechsel noch so. Ich schätze daher, es war viel mehr kaputt am Auto", so Perez. Er habe im weiteren Rennverlauf "ziemlich große Bremsprobleme vorne" gehabt, was der Magnussen-Unfall nur unterstreiche.
Für den Crash erhielt Perez eine weitere Fünf-Sekunden-Zeitstrafe, was der Grund war, weshalb ihn Red Bull später noch einmal auf die Strecke schickte: So konnte Perez die Strafe bei einem Boxenstopp "absitzen" und lief nicht Gefahr, für das folgende Rennen in Katar in der Startaufstellung zurückversetzt zu werden. Doch bei seinem Kurz-Comeback für nur zwei Runden sei "die Stimmung weg" gewesen, sagt Perez.
Was bleibt, ist ein aus seiner Sicht ernüchterndes Fazit: "Es war leider ein sehr unglückliches Wochenende für uns, und ziemlich kostspielig."
Verstappen in einer anderen Liga als Perez
Und es hatte schon schwach begonnen für Perez: fast 1,4 Sekunden Rückstand im ersten Freien Training, mehr als eine Sekunde im zweiten Training, über sieben Zehntel im dritten Training und erneut sieben Zehntel im Qualifying. Perez' Red-Bull-Teamkollege Max Verstappen fuhr im Vergleich in einer ganz anderen Liga.
Warum also ist es Perez nicht gelungen, den hervorragenden Speed des Red Bull RB19 ebenso umzusetzen wie Verstappen, der souverän die Poleposition erzielte und den Rennsieg einstrich? "Um das zu verstehen, müssen wir das gesamte Wochenende noch einmal durchgehen", meint Perez. Es sei "zweifelsohne ein schwaches Wochenende" seinerseits gewesen. "Das müssen wir nachvollziehen."
Ob er Parallelen zum Formel-1-Rennen in Singapur erkenne, wird Perez gefragt. Beim vorherigen Grand Prix war Red Bull völlig von der bisherigen Saisonform abgefallen. Könnte das in Perez' Fall auf die Japan-Form abgefärbt haben?
Fehler in der Abstimmung bei Perez?
Perez deutet zumindest an, dass der Fehler in der Abstimmung zu finden sein könnte, wenn er sagt: "Es gibt ein paar Entscheidungen vom Freitag, die wir analysieren müssen. So verstehen wir vielleicht, was wir da besser machen können." Ins Detail geht er dabei nicht.
Der Verweis auf den vorzeitigen WM-Titelgewinn durch Red Bull in der Konstrukteurswertung dürfte die Stimmung bei Perez abschließend nicht gehoben haben. "Natürlich freue ich mich sehr", sagt Perez. Er sei "stolz auf das gesamte Team" und freue sich über den "schönen Moment" für den Rennstall.
Realität ist aber auch: Verstappen würde Red Bull auch ganz allein zum WM-Titel tragen. Mit aktuell 400 Punkten aus den bisher 16 Rennwochenenden wäre Verstappen auch in der Konstrukteurswertung locker vor Mercedes und Ferrari. Perez auf P2 wiederum gerät in der Fahrerwertung zunehmend unter Druck durch Mercedes-Fahrer Hamilton auf P3.