• 24. September 2023 · 14:41 Uhr

DRS-Ärger bei Mercedes: "Ohne Grund all diese Zeit verschwendet"

Eine Stallorder von Mercedes sorgt in der Schlussphase des Suzuka-Rennens für Diskussionen - Nicht die einzige Szene zwischen Lewis Hamilton und George Russell

(Motorsport-Total.com) - Gleich mehrfach kreuzten sich beim Großen Preis von Japan die Wege von Lewis Hamilton und George Russell. Die beiden Mercedes-Piloten waren von den Positionen sieben und acht ins Rennen gestartet und belegten am Ende die Plätze fünf und sieben.

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George Russell und Lewis Hamilton duellierten sich in Suzuka mehr als einmal Zoom Download

Auf dem Weg zu diesem auf dem Papier eher unspektakulären Ergebnis kamen sich die beiden aber gleich mehrfach gefährlich nah. Das erste Duell gibt es bereits in Runde 5, als sich Russell in der Schikane zunächst an Hamilton vorbei drückt, der Rekordweltmeister in Kurve 1 allerdings kontert und P7 so behält.

Während es da am Funk noch ruhig bleibt, ist Russell in Runde 16 das erste Mal sauer. "Hey, wollen wir gegeneinander oder gegen die anderen kämpfen?", funkt der Mercedes-Pilot, nachdem Hamilton zuvor in der zweiten Degner-Kurve ein Fehler unterlaufen war.

Russell attackiert anschließend, doch Hamilton wehrt sich und schiebt seinen Teamkollegen dabei sogar leicht von der Strecke. "Ich war definitiv aggressiv, aber ich denke, es war gutes Racing", betont Hamilton nach dem Rennen.

Anschließend trennen sich die Wege der beiden dann erst einmal, weil Hamilton am Ende der Runde an die Box kommt. Weil er eine Zweistoppstrategie hat, Russell aber nur einmal stoppen wird, begegnen sich die beiden erst in der Schlussphase des Rennens wieder.

Hamilton hätte sich früheren Platztausch gewünscht

Da liegt Russell auf Positionen fünf und Hamilton holt auf deutlich frischeren Reifen auf seinen Teamkollegen auf. Das Problem aus Mercedes-Sicht: Rund 2,5 Sekunden hinter Hamilton liegt Carlos Sainz, weshalb man sich kein weiteres Duell der beiden erlauben kann.

Russell erklärt nach dem Rennen, dass man zuvor "im Kampf gegeneinander ein wenig Zeit verloren" habe. Weil nun aber Sainz direkt hinter den beiden ist, bekommt Russell am Funk die Anweisung: "Lass uns keine Zeit [im Kampf gegen Hamilton] verlieren."

Und Hamiltons Renningenieur Peter Bonnington funkt nach der Fast-Berührung zuvor im Rennen: "Stell nur sicher, dass ihr euch genug Platz lasst." Doch Hamilton kommt zunächst nicht an Russell vorbei, und kurz danach ist Sainz bis auf weniger als eine Sekunde herangefahren und steckt in seinem DRS.

"Wir werden beide Positionen verlieren", funkt Hamilton, der nach dem Rennen erklärt: "Wir hätten [die Plätze] früher tauschen sollen, und ich hätte so weit wie möglich nach vorne kommen sollen, um den Abstand zum Ferrari so groß wie möglich zu halten."

In diesem Fall, so Hamilton, "hätte George [Sainz] vielleicht besser hinter sich halten können. Aber da er versuchte, gegen mich zu kämpfen und seine Reifen beschädigte, wurde es dadurch nur kompliziert." Kurz danach greift das Mercedes-Team dann ein.

Russell fordert DRS als Wiedergutmachung

Hamilton bekommt am Funk den Hinweis, dass man in Kurve 1 die Positionen tauschen werde. In der Tat bekommt Russell vom Team die Anweisung: "Wir werden die Positionen tauschen. Aber pass auf Sainz mit DRS auf." Der Brite versucht allerdings zunächst, zu verhandeln.

Er schlägt vor, mit dem Platztausch bis zur letzten Runde zu warten, "falls er nicht um ein besseres Ergebnis kämpft." Oder anders gesagt: Wenn die Top 4 für Hamilton nicht mehr zu erreichen sind, soll er lieber hinter ihm bleiben und sich mit DRS gegen Sainz verteidigen.

Das Team hat allerdings andere Pläne und funkt an Russell: "Das ist eine Anweisung, George. Lass uns die Positionen tauschen." Gleichzeitig wird Hamilton informiert: "George hat die Anweisung erhalten, wir werden die Positionen in Kurve 1 tauschen."


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Kurz vor dem Platztausch wird Russell noch einmal von seinem Renningenieur Marcus Dudley angefunkt: "Das ist ein Anweisung, wir werden [die Positionen] tauschen." Russell antwortet leicht gereizt: "Ja, ich höre dich! Er ist doch nicht einmal nah an mir dran."

In Runde 49 von 53 geht er in Kurve 1 aber wie geplant vom Gas und lässt Hamilton vorbei. Vorüber ist die ganze Sache damit aber noch nicht, denn nun funkt Bonnington an Hamilton: "Wir werden versuchen, George zu helfen. Versuch, ihn im DRS zu halten."

Russell selbst fordert parallel dazu am Funk: "Er hat mich vorhin von der Strecke geschoben. Das ist das Mindeste, was er machen kann." Hamilton verrät nach dem Rennen allerdings, dass er von dem Plan alles andere als überzeugt war.

DRS-Spielchen ergab laut Hamilton "keinen Sinn"

"Als sie es mir vorschlugen, wusste ich, dass sie offensichtlich wegen des vergangenen Rennens daran dachten", so der Brite. Gemeint ist das Ende des Singapur-Rennens, als Sainz Lando Norris bewusst DRS gab, damit dieser sich gegen die beiden Mercedes-Fahrer verteidigen konnte.

"Aber es ergab keinen Sinn", winkt Hamilton ab und erklärt, es sei "überhaupt keine gute Idee" gewesen, weil es für ihn wichtiger gewesen wäre, sich einen Vorsprung auf Sainz herauszufahren. "Ich hatte etwa zwei Sekunden Vorsprung", erklärt Hamilton.

"Und sie baten mich dann, George DRS zu geben. Also musste ich auf der Geraden vom Gas gehen, um ihn 0,8 Sekunden hinter mich zu lassen. Dann hatte er DRS, wurde aber trotzdem überholt. Das musste passieren, denn er war auf einem Stopp und wir auf zwei", zuckt er die Schultern.


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Tatsächlich fährt Hamilton nach dem Manöver gegen Russell erst einmal weg, weswegen ihn sein Renningenieur ermahnt: "Wir müssen George DRS geben. Lass uns ihm helfen, er liegt 1,3 [Sekunden] zurück." Das tut Hamilton dann auch - allerdings erfolglos.

Denn obwohl Russell DRS hat, kommt eine Runde nach Hamilton auch Sainz auf deutlich frischeren Reifen an ihm vorbei. "Wir haben ohne Grund all diese Zeit verschwendet", ärgert sich Hamilton am Funk. Am Ende ist die Aufregung jedoch umsonst, weil er P5 bis ins Ziel gegen Sainz verteidigen kann.

Trotzdem, so Hamilton nach dem Rennen, sei die Situation "nicht ideal" gewesen. "In den letzten Runden wurde es dadurch sehr schwierig, aber ich denke, als Team müssen wir für einen fünften und siebten Platz dankbar sein. Das ist besser als ein sechster und siebter Platz", betont er.

Russell hat "keine Probleme" mit dem Platztausch

Das Duell mit Russell am Ende hält er für unnötig, weil es "nicht wichtig" sei, wer von beiden vorne liege. "Wichtig ist, dass einer von uns vor dem Ferrari ins Ziel kommt, um die Position [in der Konstrukteurs-WM] zu halten. Deshalb mussten wir heute wirklich als Team arbeiten", so Hamilton.

Für Russell ist das ganze Thema nach dem Rennen derweil schon wieder abgehakt. "Wir werden nicht einmal darüber sprechen. Es gibt nichts zu besprechen", stellt er klar und erklärt, man werde sich bei Mercedes intern auf deutlich wichtigere Dinge konzentrieren.

Man müsse herausfinden, "wie wir unser Auto schneller machen", so Russell, der wie Hamilton erklärt: "Das Hauptziel ist es, P2 in der Konstrukteurs-WM zu holen." Die Fahrer-WM spiele für ihn keine Rolle mehr, daher habe er "keine Probleme" mit dem Platztausch.


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Er habe "natürlich" mit dem Tausch gerechnet, und das Team habe rückblickend auch "die richtige Entscheidung getroffen", so Russell. Zu denen Szenen davor sagt er, es sei "gutes, hartes Racing" gewesen. "Wir haben nur beide Zeit auf die Autos um uns herum verloren", erklärt er.

"Ich war zufrieden damit, dass ich in der Lage war, [Lewis] unter Druck zu setzen und Manöver gegen ihn zu zeigen", so Russell, der erklärt, seine Pace sei "sehr stark" gewesen, "wenn man bedenkt, wie schwierig das Auto an diesem Wochenende zu fahren war."

Hamilton selbst verrät übrigens, er hätte eigentlich gar nicht "in dieser Position" sein sollen, mit Russell kämpfen zu müssen. Er glaubt nämlich, dass er in Suzuka schneller gewesen wäre, wenn er nicht zu Beginn des Rennens mit Sergio Perez kollidiert wäre.

Warum man die Funksprüche nicht überbewerten sollte

"Ich denke, wenn ich am Anfang nicht getroffen worden wäre, hätten wir vielleicht um den vierten Platz kämpfen können. Aber die Ferraris waren ziemlich schnell", so Hamilton, der erklärt, unter den Umständen sei P5 "das Beste" gewesen, "was ich heute erreichen könnte."

Nach der Berührung mit Perez habe er "etwas Schaden an meinem Frontflügel" gehabt und zudem vermutlich auch noch eine weitere Beschädigung, die allerdings nicht sichtbar war. Das habe er vor allem in der letzten Kurve und in Kurve 9 deutlich gespürt.

"Das ganze Wochenende über war ich dort gut unterwegs, aber ich habe gelenkt und nichts ist passiert", berichtet er und erklärt: "Ich habe das Gefühl, dass die Front so stark getroffen wurde, dass ich plötzlich das rechte Vorderrad blockiert habe, was ich das ganze Wochenende nicht hatte."

"Angesichts dessen bin ich dankbar, dass ich vor einem Ferrari ins Ziel gekommen bin", so Hamilton. Kurios: Während der Safety-Car-Phase zu Beginn des Rennens fragte Hamilton am Funk nach, ob Russell kurz einmal neben ihn fahren könne, um zu schauen, "ob er irgendeinen Schaden sehen kann."

Später ging es dann bekanntlich deutlich weniger freundlich zu. Seine Manöver gegen den Teamkollegen seien "etwas aggressiv" gewesen, räumt er ein, "aber das war nötig, um die Position zu holen", so Hamilton, und Russell betont, dass man die Funksprüche im Rennen nicht überbewerten sollte.

"Man benutzt den Funk als eine Art Ventil", erklärt er und ergänzt: "Es ist so heiß im Auto, es ist ein langes Rennen, man pusht anderthalb Stunden lang, man kämpft um jeden Zentimeter." Da sei es normal, dass man am Funk manchmal etwas "frustriert" sei.

Shovlin erklärt Tausch: Hamilton hatte die besseren Chancen

"Aber das gehört im Rennsport einfach dazu", betont Russell, und Andrew Shovlin, der Technische Leiter von Mercedes an der Rennstrecke, erklärt: "Uns war früh klar, dass wir nicht in der Lage sein würden, die Fahrer weiter vorne im Kampf um das Podium herauszufordern."

"Deshalb ging es für uns heute im Rennen letztlich darum, den Punkteverlust auf Ferrari zu minimieren. Wir haben unsere Strategien gesplittet, um die besten Chancen darauf zu haben", erklärt er und betont: "Gegen Rennende waren die Chancen von George relativ gering, Sainz hinter sich zu halten."

"Durch seine Einstoppstrategie hatte George im Vergleich zum Ferrari einen beträchtlichen Reifennachteil. Der Grund, warum wir uns für diese Strategie entschieden haben, war, dass wir wenig zu verlieren hatten - hinter Sainz bestand keine Gefahr", so Shovlin.

"Es war schwierig, diese Strategie umzusetzen, aber George hat einen guten Job gemacht", lobt er und ergänzt: "Letztendlich war der Reifenabbau aber zu hoch, um es zu schaffen. Angesichts dessen mussten wir Lewis davor bewahren, die Position an Sainz zu verlieren."

"Er war der Fahrer, der die größere Wahrscheinlichkeit auf ein besseres Ergebnis hatte. Deshalb gaben wir die Anweisung, die Plätze auf der Strecke zu tauschen", erklärt Shovlin den Hintergrund der Entscheidung. Zumindest dieses Ziel erreichte man am Ende.

In der WM rückte Ferrari im Kampf um Platz zwei allerdings trotzdem etwas näher an Mercedes heran, weil Charles Leclerc in Suzuka Vierter wurde. Die Scuderia konnte den Rückstand dadurch von 24 auf 20 Punkte reduzieren.

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