Verstappen-Traumrunde als Antwort auf Kritiker: "Können sich verpissen!"
Max Verstappen liefert im Qualifying in Suzuka eine Sensationsrunde ab und will es damit auch den Kritikern zeigen - Vor allem in Sektor 1 ist er eine Klasse für sich
(Motorsport-Total.com) - "Wir haben heute etwas ganz Besonderes erlebt", schwärmt Red-Bull-Teamchef Christian Horner bei Sky nach dem Qualifying zum Großen Preis von Japan. Weltmeister Max Verstappen sicherte sich dort die Poleposition mit mehr als einer halben Sekunde Vorsprung auf den Rest der Welt.
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Max Verstappen sicherte sich in Japan seine neunte Poleposition in diesem Jahr Zoom Download
"Max war hier wirklich motiviert und wollte das zeigen", verrät Helmut Marko und erklärt: "Singapur ist uns allen in den Knochen gelegen, aber speziell ihm und vor allem die Kommentare." Singapur eine Woche zuvor was das erste Rennen der Saison 2023, das Red Bull nicht gewinnen konnte.
Marko verrät, Verstappen habe sich an Kommentaren gestört, dass er "immer nur im besten Auto" gewinnen könne. Der Österreicher stellt nach dem Qualifying klar: "Hier hat er bewiesen, dass das Auto sehr, sehr gut ist, das Team sehr, sehr gut ist, aber er der Allerbeste."
Und auch Verstappen selbst ist anzumerken, dass einige Aussagen nach Singapur nicht spurlos an ihm vorbeigegangen sind. Er erklärt: "Wir hatten ein schlechtes Wochenende. Und dann fangen die Leute natürlich an, darüber zu reden, dass das alles nur wegen der Technischen Richtlinien passiert sei."
Seine klare Ansage an die Kritiker: "Die können sich jetzt verpissen! Ich habe darauf gebrannt, hier ein gutes Wochenende zu haben und dafür zu sorgen, dass wir stark sind." Die Kritik, die Red Bull nach Singapur einstecken musste, war offenbar eher eine zusätzliche Motivation für den Niederländer.
"Wenn ihr euch diese letzte Runde [...] noch einmal anseht, dann guckt euch einfach mal Kurve 5 an. Dieser erste Sektor war eine absolute Machtdemonstration", jubelt Teamchef Horner und betont: "Dieser erste [Q3-]Run sah bereits gut genug aus, aber dann ist er noch einmal schneller gefahren."
Zweite Q3-Runde: Horner hatte Angst ums Auto
Tatsächlich fuhr Verstappen im ersten Versuch in Q3 eine 1:29.012, was bereits zur Poleposition gereicht hätte. Im zweiten Versuche legte er aber sogar noch einmal eine 1:28.877 nach, womit er am Ende 0,581 Sekunden schneller als Oscar Piastri war, der Zweiter wurde.
Mit einem Lachen verrät Horner: "GP [Renningenieur Gianpiero Lambiase] hat ihn für den letzten Versuch angestachelt und gesagt: 'Zeig uns mal eine 28.' Dann habe ich zu GP gesagt: 'Ich würde am Ende gerne noch vier Reifen am Auto sehen!'"
Auch Verstappen selbst bestätigt mit einem Grinsen: "Ja, [GP] hat mir gesagt, dass eine 28 schön wäre. Ich habe gesagt: 'Keine Sorge, ich werde Gas geben!' Er hat dann gesagt: 'Okay, aber wirf das Auto nicht weg, klar?' Ich meinte dann, dass das natürlich nicht mein Plan ist."
Red Bull: "McLaren ist das bessere Auto"
Vettel hat einmal davon gesprochen, dass die anderen "die Eier in den Pool hängen lassen". Jetzt hat auch Verstappen seinen ikonischen "Eier-Spruch". Weitere Formel-1-Videos
"Aber ich wusste, dass an einigen Stellen noch etwas mehr drin war. Das habe ich versucht, noch besser zu machen - was ziemlich gut funktioniert hat", so Verstappen, und Horner betont: "Besonders der erste Sektor, in dem Mensch und Maschine am Limit sind, war heute eine großartige Leistung."
In der Tat holte Verstappen 0,448 von seinen insgesamt 0,581 Sekunden Vorsprung im ersten Sektor heraus. Und alleine in der von Horner angesprochenen Kurve 5 war er fast zwei Zehntel schneller als Piastri. "Alle seine Runden waren heute großartig", betont Horner.
"Es war eine absolut atemberaubende Performance", so der Teamchef, und Marko betont: "Er wollte hier zeigen, wer der Beste und Schnellste ist. Und in dieser Runde ist ihm alles gelungen. Es war atemberaubend, mit welchen Geschwindigkeiten er diese schnellen Kurven getätigt hat."
Verstappen: Hat von der ersten Runde an gepasst
Der Weltmeister selbst berichtet: "Ehrlich gesagt war das ganze Wochenende wirklich gut. Ab dem ersten Moment, an dem wir auf die Stecke gegangen sind, hat es sehr viel Spaß gemacht, das Auto zu fahren, und es war sehr vorhersehbar. Das ist das Wichtigste."
"Ich wusste heute und am ganzen Wochenende, dass ich ohne darüber nachzudenken die Rundenzeit raushauen kann, wenn ich rausfahre", verrät der Niederländer und ergänzt: "Runde für Runde wurde es noch besser, auch im Qualifying."
Lediglich die Reifensituation sei ein kleines Problem gewesen, denn: "Ich hatte nur drei neue Reifensätze, also musste ich etwas vorsichtig sein, wie ich die benutze. In Q2 musste ich daher einen gebrauchten verwenden."
Fotostrecke: Singapur: Die Fahrernoten der Redaktion
Lance Stroll (6): Nahm am Rennen nicht teil, daher können wir nur das Qualifying bewerten. Da war er nicht nur zu langsam sondern warf am Ende auch noch das Auto weg, was dann zu seiner Nichtteilnahme am Sonntag führte. Ungenügend. Fotostrecke
Marko bestätigt im ORF: "Max ist in Q2 mit gebrauchten Reifen gefahren. Die sind normal fünf bis sieben Zehntel langsamer und er war lange, lange vorn, bis die anderen einen zweiten Satz herausgezaubert haben." Die Session beendete er schließlich auf P2, nur 0,024 Sekunden hinter Charles Leclerc.
Das Reifenmanagement des Niederländers sei "Weltklasse", so Marko, und Verstappen selbst erklärt: "Als ich im ersten Run in Q3 wieder einen neuen [Reifen] aufzog, war es einfach super. Das Auto hat eine sehr gute Balance in diesen schnellen Kurven, man kann wirklich ans Limit pushen. Es macht einfach Spaß."
Auf die Frage, ob er selbst mit einem so großen Vorsprung gerechnet habe, antwortet er: "Es ist immer schwer, das zu beurteilen. Nach FT3 dachte ich: 'Die [anderen] sind schon ziemlich nah dran ...' Aber dann haben wir einige kleine Änderungen vorgenommen, und ich denke, das hat etwas geholfen."
Große Red-Bull-WM-Party am Sonntag?
"Wenn man in Sektor 1 dann viel Vertrauen ins Auto hat, dann kann man noch etwas mehr pushen - und das ist im Qualifying passiert", so Verstappen, der damit die perfekte Antwort auf das Singapur-Wochenende lieferte, als er und Teamkollege Sergio Perez in Q2 ausgeschieden waren.
"Alles wieder im Lot", zeigt sich auch Marko zufrieden und Horner antwortet auf die Frage, warum es in Suzuka wieder besser laufe: "Ich wünschte, dass ich all die Antworten hätte! Ich bin mir nicht sicher, ob wir Singapur schon komplett verstanden haben. Es war eine kleine Anomalie für uns."
"Wir haben da ein paar Lektionen gelernt. Das Auto war das ganze Jahr über immer stark auf diesen Strecken [wie Suzuka]", erinnert der Teamchef. Am Sonntag könnte Red Bull dann nicht nur das Rennen gewinnen, sondern auch den Titel in der Konstrukteurs-WM eintüten.
Holt man am Sonntag mehr Punkte als Mercedes und Ferrari nicht mindestens 24 Zähler mehr, was laut Marko "eher unwahrscheinlich" ist, sind die Bullen in der WM bereits sechs Rennen vor Schluss nicht mehr einzuholen. "Das ist das Ziel, besonders nach Singapur", verrät Verstappen.
Auf die Frage, ob es eine große WM-Party geben werde, antwortet Marko: "Nein, es geht relativ rasch zurück nach Europa, aber ich bin sicher, dass unsere Marketingleute etwas vorbereitet haben. Aber es ist natürlich ganz wichtig für unseren Motorenpartner Honda, wenn das hier passieren würde."
"Das wollen wir schaffen", bestätigt auch Verstappen, der bereits nach dem Qualifying und unabhängig vom Ausgang des Rennens mit einem Lachen erklärt: "Singapur ist für uns nie passiert!"