• 17. September 2023 · 19:15 Uhr

Russell: "Halbe Wagenlänge" machte den Unterschied zwischen Sieg und Crash

George Russell ärgert sich über seinen späten Crash, betont aber auch, dass es davon abgesehen ein starkes Wochenende gewesen sei - Der Fehler sei minimal gewesen

(Motorsport-Total.com) - "Die Dinge, die er am Funk gesagt hat, die kann man im Fernsehen nicht wiederholen", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach dem Großen Preis von Singapur 2023 bei Sky. Gemeint ist George Russell, der in der letzten Runde des Rennens auf Rang drei liegend crashte.

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George Russell kam am Ende nicht mehr an Lando Norris vorbei Zoom Download

"Es war einfach ein unglücklicher Moment", sagt Wolff über den Unfall und erklärt: "Er hat die Mauer berührt. Es war ein kleiner Fehler im Bruchteil einer Sekunde, und das beendet dann ein tolles Rennen. Es ist schade, denn er hätte es verdient gehabt."

Der Brite sei "total fertig", verrät Wolff, der aber betont, "dass das einfach passieren kann. Ich sage immer: Er ist ein junger Fahrer, er ist das zweite Jahr in einem schnellen Auto. Mir ist lieber, das passiert [im Kampf] um den dritten Platz - und nicht um einen Sieg, wie es in der Zukunft sein wird."

Auf die Frage, ob er Russell nun aufmuntern werde, antwortet er: "Ja, absolut. Ich denke, als Fahrer ist man in so einem Moment am Boden. Also werde ich genau das machen." Dabei hätte auch alles ganz anders kommen und Russell das Rennen sogar gewinnen können.

Denn als nach dem Ausfall von Esteban Ocon in Runde 44 das virtuelle Safety-Car eingesetzt wurde, lag Russell auf Platz zwei hinter Carlos Sainz. Sowohl er als auch Teamkollege Lewis Hamilton, der zu diesem Zeitpunkt Vierter war, kamen unter dem VSC an die Box.

Dadurch fielen die Mercedes-Piloten zwar auf die Plätze vier und fünf zurück, hatten für die letzten 18 Rennrunden aber noch einmal frische Medium-Reifen drauf, während die anderen Piloten an der Spitze auf harten Reifen unterwegs waren, die bereits mehrere Runden drauf hatten.

"Wir haben versucht, zu gewinnen", erklärt Wolff die "mutige" Entscheidung und erklärt: "Positiv ist, dass mir die Entscheidung von Fahrer und Strategieteam gefallen hat. Sie haben gesagt: Wir versuchen es!" Am Ende der VSC-Phase lag Russell zunächst 18 Sekunden hinter Sainz.

"Zuerst hat es ausgeschaut, als würden wir es nicht schaffen", verrät Wolff. Doch dann habe der Computer kurz danach die Prognose ausgespuckt, dass Mercedes sogar einen Doppelsieg einfahren werde. "Aber das war natürlich nur die Theorie", so Wolff. Denn letztendlich klappte das nicht.

Wolff: Würden Entscheidung wieder so treffen

Trotzdem habe sich das Risiko gelohnt, betont der Teamchef, denn: "Es war klar, dass es sehr schwierig ist, das Rennen zu gewinnen, wenn alles statisch bleibt." Auf die Frage, ob man das Rennen ohne den zusätzlichen Stopp hätte gewinnen können, antwortet Wolff: "Nein."

"Ich glaube nicht, dass wir dazu in der Lage gewesen wären. Darum sind wir das Risiko eingegangen. Wir wussten, dass der schlechteste Fall Vierter und Fünfter war. Aber der beste Fall wäre ein Sieg gewesen", so der Teamchef, für den der zusätzliche Stopp "die absolut richtige Entscheidung" war.

Denn ohne den Boxenstopp unter dem VSC wäre das Rennen vermutlich ohne weitere Überholmanöver an der Spitze zu Ende gegangen - für Mercedes also mit P2 und P4. "Aber wir wollten das Rennen gewinnen. Daher sind wir das Risiko eingegangen, und das würde ich immer wieder so machen", stellt Wolff klar.


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Zunächst ging es für Russell und Hamilton dann auch gut nach vorne, weil Charles Leclerc kein großes Hindernis für die beiden war. In der Schlussphase war man dann direkt hinter dem Führungsduo aus Sainz und Lando Norris. Doch an dem McLaren kam Russell nicht mehr vorbei.

Der Brite ärgert sich: "Eine halbe Wagenlänge mehr und wir hätten das Rennen gewonnen, denn dann wäre ich an Lando vorbeigekommen und Carlos hätte kein DRS gehabt. Ich wäre an ihm vorbeigeflogen. Stattdessen endete das Rennen in der Mauer."

Denn weil Sainz Norris bewusst DRS gab, konnte dieser sich gegen Russell bis zur letzten Runde verteidigen. Da machte der Mercedes-Pilot dann den entscheidenden Fehler. "In der letzten Runde haben Millimeter bei der Konzentration gefehlt - und das war es", zuckt er die Schultern.

"Es tut mir leid für das ganze Team", so Russell, der bei Sky erklärt: "[Es war] so ein langes, physisches Rennen. Es war schwierig, konzentriert zu bleiben. Carlos hat einen tollen Job gemacht. Er hat das Feld eingebremst und es uns nicht erlaubt, die alternative Strategie zu probieren."

Russell: Sieg war beim Crash sowieso schon weg

Ohne das virtuelle Safety-Car hätte Mercedes bei einem zusätzlichen Boxenstopp zu viel Zeit verloren. "Wir hatten Glück mit dem Safety-Car, und dann wurde das Rennen auf den Kopf gestellt und wirklich spannend", so Russell.

"Ich habe Vollgas gegeben, aber Carlos hat wieder einen guten Job gemacht und die Lücke zu Lando im DRS gemanagt. Das war sehr clever von ihm", lobt er und sagt über seinen Unfall am Ende: "Ich habe keine Ahnung, wie das passiert ist."

"Vermutlich fehlende Konzentration oder Frustration, weil ich wusste, dass es die letzte Runde und die Chance [auf den Sieg] weg war. Ein Fehler um einen Zentimeter überschattet das ganze Wochenende", ärgert sich Russell, der mit seiner Leistung eigentlich zufrieden ist.


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"In dem Moment will man sich einfach nur verkriechen und alleine sein. Es ist das fürchterlichste Gefühl auf der Welt, wenn man physisch und mental so ausgelaugt ist und eine Chance auf den Sieg verpasst hat. Wenn man dann so einen Fehler macht, dann ist das wirklich herzzerreißend", gesteht er.

Mit etwas Abstand sehe er aber auch die positiven Seiten des Wochenendes. "Es war ein tolles Wochenende. Ich habe wirklich das Gefühl, dass ich besser als je zuvor gefahren bin. Das Qualifying gestern war toll, das Rennen war großartig. Ich habe mich selbstbewusst und gut gefühlt", verrät er.

"Ich werde mir das nicht von einem Zwei-Zentimeter-Fehler kaputtmachen lassen", stellt er klar und betont: "Die Nacht und der Morgen werden vermutlich hart werden. Aber dann werde ich das hinter mir lassen und weitermachen. Ich kann mich nur beim Team entschuldigen, denn sie hätten mehr verdient gehabt."

Auch Norris vor ihm berührte die Mauer

"Aber 'shit happens'", so Russell, der gesteht: "Ich werde das natürlich nicht einfach abschütteln können. Aber der Fehler war so verschwindend klein. Wenn ich mich gedreht oder verbremst hätte und in der Mauer gelandet wäre, dann würde ich mich ganz anders fühlen."

"Aber die Mauer in der letzten Runde zu berühren, das ist so ein mickriger Fehler", betont er und erklärt: "Der Sieg war in der letzten Runde sowieso schon weg. Wenn es in der letzten Runde um den Sieg gegangen wäre, dann würde ich jetzt nicht hier stehen."

Kurios: Norris berührte unmittelbar vor ihm an der gleichen Stelle die Mauer. "Ich habe gesehen, dass Lando die Mauer berührt hat. In diesem Bruchteil einer Sekunde habe ich mir gedacht: Oh, er hat die Mauer berührt. Und unmittelbar danach berühre ich selbst die Mauer".

"Ich habe alles riskiert und bin hart gefahren. Es war schwierig, weil ich meine Reifen managen wollte, um am Ende des Rennens die bestmöglichen Reifen zu haben. Darum habe ich mein Team gefragt, welche Rundenzeiten ich fahren muss, um am Ende des Rennens vorne zu sein", so Russell.

"Ich wollte nicht eine halbe Sekunde schneller fahren, dann aber am Ende keine Reifen mehr haben. Aber auf der anderen Seite war Lewis hinter mir, der gepusht hat. Man muss also die Balance zwischen einigen Dingen finden. Aber wie gesagt: Ich fühlte mich selbstbewusst und gut."

"Carlos hat es strategisch einfach perfekt gespielt. Lando hat auch einen tollen Job gemacht. Es hätte mit einem kleinen Unterschied ein ganz anderes Ergebnis werden können. Aber das Überholmanöver gegen Lando sollte nicht sein", zuckt Russell die Schultern.

Russell: Mache eigentlich nicht viele Fehler

"Es war ein sehr, sehr leichter Fehler. Es ist ein Straßenkurs und diese Dinge passieren", so Russell, der zudem betont: "So sollte Racing sein: Man macht einen kleine Fehler und zahlt den Preis dafür." Er stellt klar: "Ich habe das Gefühl, dass ich insgesamt kein Fahrer bin, der dumme Fehler macht."

"Ich habe nicht den Eindruck, dass ich im Qualifying oder Training oft crashe. Aber ich habe über die Jahre einige sehr, sehr simple Fehler gemacht, die große Konsequenzen hatten. Das muss ich mir anschauen, denn ich habe nicht das Gefühl, dass es zu mir passt, so etwas zu machen."

"Wie gesagt: Wir waren so schnell an diesem Wochenende und das nehme ich positiv mit. Diese Fehler werden nicht passieren, wenn wir um eine Meisterschaft kämpfen, das kann ich garantieren", so Russell, der unterm Strich "viele positive Dinge" aus Singapur mitnimmt.

Auch Toto Wolff betont: "Mir tut es leid für George, weil er ein Wochenende abgeliefert hat, das zu 99,9 Prozent perfekt war. Und für den Bruchteil einer Sekunde hat er die Konzentration verloren und die Mauer berührt." Er habe "alles gegeben und hart gepusht, um das Rennen zu gewinnen."

"Zu diesem Zeitpunkt war es der einzige Weg, Norris und dann Sainz zu überholen, keinen Millimeter auf der Strecke zu verschenken", erklärt er und betont ebenfalls: "Wenn man so pusht, dann können diese Dinge passieren." Es sei trotzdem "ein tolles Wochenende" von Russell gewesen.

"Am Ende sind ihm einfach die Runden ausgegangen", so Wolff.

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