Antrieb überhitzt: Charles Leclerc in Singapur unter Wert geschlagen
Wieso Charles Leclerc beim Sieg seines Ferrari-Teamkollegen Carlos Sainz in Singapur nur P4 ins Ziel brachte und was ein Podestergebnis verhindert hat
(Motorsport-Total.com) - Im Kampf um den Sieg beim Singapur-Grand-Prix 2023 spielte Ferrari-Fahrer Charles Leclerc keine Rolle. Im Ziel fehlten ihm 19,9 Sekunden auf die Top 3, obwohl er anfangs selbst in der Spitzengruppe mitgespielt hatte. Warum aber musste Leclerc am Ende so sehr abreißen lassen?
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Ferrari-Fahrer Charles Leclerc (hinten) stand in Singapur im Schatten von Carlos Sainz Zoom Download
Leclerc selbst erklärt, seine Pace im letzten Renndrittel sei "nicht mehr repräsentativ" gewesen. Und die Daten bestätigen das: In den ersten zwei Dritteln der Singapur-Distanz war er höchstens 9,1 Sekunden hinter den Führenden zurückgefallen. Mehr als zehn Sekunden aber verlor er allein in den letzten acht Rennrunden.
Da waren die beiden Mercedes-Fahrer George Russell und Lewis Hamilton auf frischen Medium-Reifen gerade an ihm vorbeigegangen. "Danach ging es für mich nur noch darum, das Auto ins Ziel zu bringen", sagt Leclerc.
Auto überhitzt, Reifen gehen in die Knie
Sein Ferrari SF-23 habe "überall überhitzt", so beschreibt er es. "Hauptsächlich der Antrieb" habe ihm hier Probleme bereitet. "Wir wussten, dass wir ans Limit kommen würden. Singapur ist immer ein Rennen am Limit. Als mich die beiden Mercedes überholt hatten, gab es nicht mehr viel zu gewinnen. Also nahm ich Tempo raus und brachte das Auto ins Ziel."
Laut Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur waren auch die Hard-Reifen von Leclerc nicht mehr in Schuss, sondern "am Ende". Das habe sich Leclerc allerdings "vielleicht" selbst zuzuschreiben, weil er beim Aufholen in der Schlussphase "zu viel Druck" gemacht haben könnte, so Vasseur weiter.
Viel entscheidender für Leclercs Rennen aber sei der Boxenstopp unter Gelb gewesen, bei dem er sich hinter Ferrari-Teamkollege Carlos Sainz habe anstellen müssen. Da gingen "zwei oder drei Positionen" verloren, sagt Vasseur. Leclerc dagegen spricht von "vier, fünf Positionen".
Richtig ist: Leclerc kam als Zweiter in die Box und lag danach an sechster Stelle, war zwischendurch sogar kurz Siebter. "Leider hat mich das Safety-Car ein bisschen ins Hintertreffen gebracht", sagt er.
Ferrari erwischt perfekten Start ins Rennen
Bis dahin war das Rennen aus Sicht der Ferrari-Fahrer perfekt verlaufen: Leclerc hatte gleich beim Start auf Soft-Reifen den Medium-Starter Russell im Mercedes überholt und P2 hinter Sainz übernommen. Anschließend setzte er den Spitzenreiter unter Druck, was aber nicht ganz im Sinne von Teamchef Vasseur war.
"Der Plan war, Russell zu überholen, nicht Carlos", meint Vasseur. "Wir wussten: Die Position auf der Strecke ist entscheidend in Singapur. Wir konnten Carlos am besten schützen, indem wir Charles auf P2 hinter ihm haben."
Es dauerte prompt nicht lange, ehe die erste von einigen Anweisungen an Leclerc erging, er möge sich deutlich hinter Sainz zurückfallen lassen. Erst sollten es drei Sekunden Puffer sein, dann sogar fünf. Und Leclerc zögerte zunächst, fügte sich aber schließlich in sein angeordnetes Schicksal.
Wie Teamchef Vasseur die Ferrari-Strategie begründet
Vasseur verteidigt diese Ferrari-Strategie: "Wir haben Charles deshalb darum gebeten, etwas langsamer zu fahren, um uns gegen einen Undercut von Russell zu schützen. So hatten wir das von der ersten Runde an geplant."
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Leclerc nimmt das seinem Team nicht krumm, sondern sagt: "Mit dem Soft haben wir genau das erreicht, was wir schaffen wollten. Wir wollten die Position gegen George erobern. Danach ging es darum, einen Puffer für Carlos aufzubauen, damit er eine Runde später zum Stopp kommen könnte, ohne die Führung zu verlieren. Auch das ist gelungen."
Danach fiel vor allem Sainz positiv als Ferrari-Fahrer auf, aber Leclerc nicht so sehr. Was auch daran liege, dass Sainz seit dem Monza-Wochenende "wirklich voll da" und "sehr stark" sei, betont Leclerc.
Was bei Leclerc aktuell nicht passt
Er selbst fühle sich aktuell "nicht völlig wohl im Auto". Begründung: "Es untersteuert etwas zu sehr für meinen Geschmack. Und es fällt mir schwer, darum herumzufahren. Gerade weil sich das Auto so unvorhersehbar verhält, kann ich damit nicht das Übersteuern haben, das ich mag."
Dass sein Teamkollege dagegen viel mehr aus dem SF-23 heraushole, "setzt mich etwas mehr unter Druck, dass ich meinen Fahrstil besser verstehe und meinen Fahrstil noch besser ans Auto anpasse", sagt Leclerc. "Es liegt also noch Arbeit vor uns. Aber es ist schön zu sehen, dass zumindest die Konkurrenzfähigkeit stimmt. Und jetzt liegt es an mir, aufzuholen."