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Ferrari: Hätten wir die Positionen gehalten, hätten sich alle beschwert!
Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur hat der Zweikampf zwischen seinen beiden Piloten gefallen, und auch für die Piloten war er in Ordnung: "So sollte Racing sein"
(Motorsport-Total.com) - Viele Tifosi dürften am Montag nach dem Formel-1-Rennen in Italien in der Apotheke vorbeischauen, um ihren Vorrat an Herztabletten wieder aufzustocken, denn was Carlos Sainz und Charles Leclerc in der Schlussphase von Monza geboten haben, dürfte bei den Ferrari-Fans den ein oder anderen Puls in die Höhe haben schnellen lassen.
Beide bekämpften sich intensiv um den letzten Platz auf dem Podium hinter den beiden Red Bulls und kamen sich mehr als einmal nahe - vielleicht ein wenig zu nahe. Doch während so manch einer schon eine Kollision vorhergesehen hat, blieb es bei Ferrari ruhig.
Zwar bat Sainz in der Schlussphase einmal indirekt um eine Stallorder ("Lasst uns das nach Hause bringen"), doch am Kommandostand mischte man sich nicht ein und ließ das Duell laufen. Selbst als es zwischen den Piloten eng wurde, kam keine hektische Ansage am Funk - auch nicht von den Piloten selbst.
Man gab beiden lediglich mit auf den Weg, dass sie kein Risiko eingehen sollen. Teamchef Frederic Vasseur sieht auch keinen Grund, es anders zu handhaben: "Ich bin ein großer Fan davon, sie einfach racen zu lassen", erklärt er gegenüber Sky. "Mir haben die letzten Runden gefallen, und ich hoffe, dass es auch den Fans so geht."
Er lacht: "Ich habe ihnen gesagt: kein Risiko! Die Auffassung von kein Risiko ist aber immer relativ." Und er sagt auch: "Wenn wir die Position eingefroren hätten, hätten sich auch wieder alle beschwert."
Carlos Sainz sagt, dass er beide Entscheidungen verstanden hätte. Zwar wäre es ihm in seiner Position lieber gewesen, wenn das Team die Anweisung gegeben hätte, die Positionen zu halten, "aber wenn ich Charles bin und auf das Podium möchte, dann hätte mir eine Stallorder nicht gefallen."
Sainz weiß: "War an der Grenze"
Der Spanier weiß, dass es für die Fahrer immer darauf ankommt, in welcher Situation sie sich befinden. Daher kann er auch damit leben, dass er sich sein erstes Saisonpodium hart erfahren musste - zumal ihm das auch großen Spaß gemacht hat, wie er sagt. "Es war an der Grenze, aber es war ein schöner, harter Zweikampf unter Teamkollegen. Das ist das, was ihr sehen wollt."
Sainz selbst betont, dass er nie das Gefühl hatte, ein großes Risiko gegen Leclerc eingegangen zu sein. "Beim Teamkollegen lässt man immer etwas mehr Platz, weil dass sich beide Ferraris berühren, ist das Letzte, das man in Monza vor den Tifosi will", sagt er. "Aber gleichzeitig wussten wir, dass wir beide um ein Podium in Monza kämpfen, von daher lief es immer auf einen Kampf heraus."
Dieser sei laut ihm hart, aber fair geführt worden. "Am Ende sind wir sauber geblieben", sagt er. "Es gab ein paar schöne Angriffe hier und da und enge Kämpfe, aber ich hatte Spaß daran, gegen Max, Checo und Charles zu kämpfen. Das war ein guter Tag für die Formel 1 und eine gute Show. Ich habe alles gegeben, um vorne zu bleiben, und es hat funktioniert."
Leclerc hat richtig Spaß: "So soll es immer sein!"
Auch Leclerc zeigt sich begeistert von dem teaminternen Zweikampf, obwohl er letzten Endes der Unterlegene war und mehr als einmal hart am Überholen gehindert wurde: "Mir hat es Spaß gemacht. So sollte Racing meiner Meinung nach die ganze Zeit sein", strahlt er gegenüber Sky.
Ihn hat das an frühere Karttage erinnert, als die Fahrer am Limit waren und sich gegenseitig folgen und attackieren konnten. Allerdings sagt Leclerc auch, dass Sainz beim Verteidigen einige Male grenzwertig agiert hat - Gleiches gelte aber auch für ihn selbst: "Es war ganz oft eng. Es gab so viele schwierige Momente."
"Wir sind beide beim Anbremsen etwas zu viel rübergefahren, aber ich beschwere mich nicht", so Leclerc. "Das liebe ich am Rennsport, das Adrenalin, das man spürt, wenn man kämpft. Das hat wirklich Spaß gemacht."
Außerdem wusste der Monegasse, dass keiner von beiden nachgeben wird, was aber für ihn auch okay ist: "Es bedeutet beiden von uns so viel, hier in Monza auf dem Podium zu stehen, von daher haben wir 110 Prozent gegeben", sagt er.
"Gleichzeitig haben wir die Verantwortung, ein rotes Auto auf dem Podium zu haben, sonst wären die Tifosi sehr sauer auf uns gewesen. Das wussten wir, aber ich hatte Spaß und kann mich nicht beschweren. Ich habe den Tag heute geliebt."
Nachgespräch mit Frederic Vasseur
Und obwohl die Geschichte aus Ferrari-Sicht am Ende gut ausging und man beim Heimspiel das Podium einfahren konnte, wird der Zweikampf in den kommenden Tagen noch einmal zum Thema werden. "Wir werden uns mit Fred zusammensetzen, aber ich denke, er muss sich erst einmal erholen", lacht Leclerc. "Ich glaube, sein Puls war in den letzten Runden ziemlich hoch."
Vasseur bestätigt, dass es noch einmal ein Gespräch darüber geben wird: "Aber vielleicht nicht heute Abend. Morgen sind sie eh in der Fabrik", so der Teamchef, der erst einmal den dritten Platz feiern möchte.
"Für uns war das ein wichtiges Wochenende hier in Monza mit den Tifosi, mit den Sponsoren, mit der Pole, ein Auto aufs Podium zu bringen, wieder zurück zu sein in der WM. Wir nehmen das als positive Nachrichten", sagt er. "Wir wussten, Monza wird eine gute Strecke für uns, nun müssen wir auch auf den anderen Strecken einen Schritt nach vorne machen."