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"Unsicheres Zurückfahren": Warum Lewis Hamilton straffrei blieb
Lewis Hamilton musste sich nach dem Formel-1-Qualifying in Spa vor den Sportkommissaren verantworten, eine Strafe wurde aber nicht ausgesprochen
(Motorsport-Total.com) - Ist Lewis Hamilton im Formel-1-Qualifying in Spa nach einem Ausflug in die Auslaufzonen bei Eau Rouge/Raidillon "unsicher" auf die Rennstrecke zurückgekehrt? Diese Frage war beim Belgien-Grand-Prix 2023 Gegenstand einer Untersuchung der FIA-Sportkommissare, weil Hamilton in Q2 direkt vor seinem Mercedes-Teamkollegen George Russell auf die Fahrbahn gekommen war, sodass Russell vom Gas gehen musste.
© Motorsport Images
Lewis Hamilton vor seinem Mercedes-Teamkollegen George Russell beim Formel-1-Qualifying 2023 in Spa Zoom Download
Die Sportkommissare entschieden nach einer Anhörung der Beteiligten jedoch auf Freispruch und verhängten keine Strafe gegen Hamilton. Begründung: Sein Verhalten sei "nicht unsicher" gewesen.
Und so kamen die Sportkommissare zu dieser Ansicht: Hamilton und Russell hatten sich jeweils auf einer langsamen Runde befunden und erhielten vom Mercedes-Team den Hinweis, von hinten komme Valtteri Bottas im Alfa Romeo herangefahren. Hamilton sei deshalb sofort ausgewichen und "von der Strecke gefahren", so heißt es im Protokoll der Anhörung.
Dort ist auch zu lesen: "Russell ist erst später zur Seite gefahren. Er erklärte zudem, er sei mit den gleichen Einstellungen gefahren wie Hamilton und ihm sei vollkommen bewusst gewesen, was Hamilton im Sinn hatte." Laut Russell war Hamiltons Manöver "zu keinem Zeitpunkt unsicher" und "die Sportkommissare stimmen [dieser Einschätzung] zu" und schlossen den Fall ab.
Mercedes "zufrieden" mit Hamiltons Leistung im Qualifying
Hamilton und Russell hatten im Qualifying die Positionen vier und acht für Mercedes belegt, bei 0,9 beziehungsweise 1,6 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit von Red-Bull-Fahrer Max Verstappen. Daraus wird für Hamilton in der Startaufstellung zum Grand Prix am Sonntag noch P3, weil Verstappen um fünf Positionen strafversetzt wird.
"P3 ist gut", meint Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Und auch Hamilton zeigt sich "zufrieden mit dem Ergebnis". Er räumt ein: "Es fehlt schon ein gutes Stück auf Max. [Was er macht], das ist schon ziemlich beeindruckend."
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Doch auch Mercedes ist in Spa ein Hingucker, weil das Team seine Fahrer mit unterschiedlicher Abstimmung antreten lässt. Wolff verweist auf "unterschiedliche Heckflügel und Konfigurationen": Hamilton fährt einen flacheren Heckflügel für weniger Abtrieb, Russell einen steileren Heckflügel für mehr Abtrieb.
Warum Russell so stark abfällt im Vergleich zu Hamilton
"Man sieht, Lewis gelingt es, mehr Leistung aus dem Auto herauszuholen", sagt Wolff. Russell dagegen habe "praktisch ein Scheunentor" als Heckflügel. "Das kann ein Vorteil sein für die Reifenleistung am Sonntag. Am Freitag aber war es keine Hilfe. Warum, das müssen wir uns noch anschauen."
Russell geht es in diesem Punkt ähnlich. Auch er sucht Antworten. "Denn eigentlich liebe ich solche Einheiten mit Mischbedingungen", sagt der Mercedes-Fahrer. "Aber dieses Mal war ich mit allen Runden im Nirgendwo. Das müssen wir nachvollziehen und verstehen."
Grundsätzlich habe sich sein Mercedes W14 "nicht schlecht angefühlt", meint Russell. "Wir waren damit einfach nur überall langsam." Konkret: auf den langen Geradeaus-Passagen, auf denen vor allem Topspeed gefragt ist. In diesen Abschnitten fällt Russel sukzessive zurück.
Platz acht in der Startaufstellung zum Grand Prix sei aber "keine abgrundtief schlechte Ausgangslage" für ihn. "Wir wissen: Das Qualifying ist nicht alles in Spa, aber ich wäre definitiv gerne weiter vorne gestanden."
Hamilton liebäugelt mit einem Top-3-Ergebnis im Sprint
So wie Hamilton, der laut eigener Aussage "voll konzentriert alles rausgeholt" hat aus dem Mercedes, zumindest über eine schnelle Runde. Was aber ist drin über die kurze Renndistanz im Sprint am Samstag? Vielleicht ein Podestplatz?
Hamilton gibt an, "keine Ahnung" zu haben, was Mercedes erwarten könne. "Und ich habe Max hinter mir. Aber das [Podium] ist das Ziel, natürlich. Wir wollen die Leute [vor uns] jagen."
"Ich hoffe, das Auto ist am Samstag ordentlich abgestimmt für den Longrun. Denn das Set-up für das Qualifying auf abtrocknender Strecke war ein großes Ratespiel. Aber wir haben damit schonmal einen guten Start [ins Wochenende] hingelegt."
Mercedes schwächelt im Mittelsektor: Stimmt das?
Die einzige Baustelle aus seiner Sicht sei der Mittelsektor. "Da verlieren wir halt eine Sekunde", sagt Hamilton. "Das müssen wir uns anschauen und erkennen, warum die Zeit da verloren geht, und ob wir mit unserem Paket eine Möglichkeit haben, diesen Abstand zu verringern."
Tatsächlich sind für Hamilton im Vergleich zu Verstappen schon nach Kurve 1 fast drei Zehntel weg, von denen Hamilton auf der langen Kemmel-Geraden einen Teil wieder wettmacht. Die Les-Combes-Schikane wiederum kostet den Mercedes-Fahrer weitere vier Zehntel, ein weiteres kommt in Kurve 8 dazu.
Und erneut die Schikanen vor Kurve 14 lassen Hamiltons Rückstand auf rund neun Zehntel anwachsen, so analysiert es 'F1 Tempo'. Im schnellen dritten Sektor kommt der Ex-Champion dann nochmals leicht an Verstappen ran, lässt aber mehr als zwei Zehntel in der finalen Schikane vor Start und Ziel liegen. Macht am Ende 0,919 Sekunden Abstand, und der kommt nicht allein im zweiten Sektor zustande.
Updates machen sich noch kaum bemerkbar
Für Hamilton ist trotzdem "klar, dass wir ein paar Verbesserungen umsetzen müssen", so sagt er. Allerdings ist es Mercedes bislang nicht gelungen, seine Belgien-Updates zu evaluieren. Laut Teamchef Wolff haben das die Bedingungen am Freitag nicht hergegeben. "Hoffen wir auf einen trockenen Samstag und Sonntag", meint Wolff.
Mercedes hat beim Belgien-Grand-Prix neben einem modifizierten Seitenkasten-Lufteinlass noch eine veränderte Motorhaube im Einsatz, dazu einen neuen Unterboden und einen Heckflügel für weniger Abtrieb. Die geänderte Aerodynamik trägt einerseits den Streckenanforderungen Rechnung, soll aber auch die Antriebskühlung verbessern und die Anströmung des Heckbereichs verbessern.
Hamiltons Fazit dazu: "Das Auto fühlte sich am Freitag nicht schlecht an, sondern recht ordentlich."