Rennvorschau Ungarn: Bricht Lewis Hamilton die Red-Bull-Dominanz?
Lewis Hamilton steht beim Formel-1-Rennen in Ungarn zum 104. Mal auf der Poleposition, aber kann er auch den Grand Prix gegen Max Verstappen gewinnen?
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton sicherte sich beim Großen Preis von Ungarn 2023 zum ersten Mal seit Saudi-Arabien 2021 wieder eine Poleposition in der Formel 1, doch kann der Mercedes-Pilot Max Verstappen im Red Bull auch über 70 Runden Renndistanz schlagen?
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Lewis Hamilton will nach Saudi-Arabien 2021 endlich wieder ein Formel-1-Rennen gewinnen Zoom Download
Den Daten nach zu Urteilen, welche über das gesamte Wochenende gesammelt worden, sollte der WM-Spitzenreiter mit viel Sprit den restlichen Teams überlegen sein. Im Longrun am Freitag musste sich Verstappen reifen- und stintlängenbereinigt nur Valtteri Bottas im Alfa Romeo geschlagen geben. Zudem fuhr der Niederländer über die komplette Session nur auf einem Reifensatz, der somit am Ende der Session in der Rennsimulation somit nicht mehr der allerbeste war.
Außerdem hätte Verstappen schon am Samstag in der Qualifikation die beste Zeit von allen Piloten in Q3 fahren können, wenn er seine besten Sektoren zusammenbekommen hätte. Damit wäre er zwei Zehntel vor Lewis Hamilton auf P1 gelandet, doch der Niederländer fühlte sich im RB19 nicht wohl und konnte das Maximum nicht rausholen.
Hamilton glaubt: Red Bull zu schnell
Mercedes war in der Rennsimulation am Freitag zudem mit einer halben Sekunde pro Runde auf Alfa Romeo und vier Zehnteln Rückstand auf Verstappen nicht aussichtsreich unterwegs, allerdings fuhren Hamilton und Teamkollege George Russell wie Verstappen nur auf einem Reifensatz über die komplette Session, was den Rückstand zu Bottas relativiert, den zum Red-Bull-Piloten aber vergleichbar macht.
"Normalerweise ist es kein schlechtes Rennauto", sagt Hamilton über den W14. "Wir haben in der Regel eine anständige Rennpace. Max' Renntempo gestern war, glaube ich, ziemlich außergewöhnlich. Ich glaube, sie waren ein bisschen schneller als wir, aber ja, wenn es einen Weg gibt, die Position zu halten, dann haben wir vielleicht eine Chance zu kämpfen. Aber allein schon unter den ersten drei zu sein. Das ist neu. Wir werden mit Sicherheit ein tolles Rennen haben."
Verstappen fügt hinzu: "Ich habe nur die Softs benutzt und da war es auch noch viel kälter. Es ist also nicht wirklich repräsentativ für das, was [im Rennen] passieren wird, wenn es noch wärmer sein wird. Ich denke auch, dass [am Freitag] einige andere Autos vielleicht noch ein bisschen mehr von der Pace entfernt waren als heute [im Qualifying]."
"Wie Lewis schon sagte, ist ihr Rennauto normalerweise auch ziemlich stark und nun liegen sie im Qualifying vorne. Ich erwarte also nicht, dass es ein einfaches Rennen wird. Ich erwarte schon, dass wir schnell sind, aber hier ist es nicht einfach, zu überholen, vor allem, wenn man von der Pace her sehr eng beieinander liegt."
Ist McLaren sogar besser als Mercedes?
Somit könnte es trotzdem eher zum Duell McLaren gegen Lewis Hamilton um die restlichen Plätze auf dem Podium werden, denn nicht nur im Longrun am Freitag machte der MCL60 den besseren Eindruck als der Mercedes W14, denn auch vor zwei Wochen in Silverstone hatten Lando Norris und Oscar Piastri eine etwas bessere Rennpace.
Zudem konnte der McLaren am Freitag beim Reifenverschleiß punkten, was beim Hitzerennen auf dem Hungaroring entscheidend sein kann.
Ferrari auch im Rennen vom Kundenteam geschlagen?
Im weiteren Verfolgerfeld ist vor allem mit Alfa Romeo zu rechnen. Keiner war im Freitagslongrun schneller als Valtteri Bottas, doch auf einen Sieg sollte man deswegen nicht gleich setzen, da der Reifenverschleiß am C43 immens hoch war. Große Punkte sollten dennoch möglich sein.
Anders sieht es da beim Werksteam Ferrari aus. Die Scuderia absolvierte mit beiden Piloten im dritten Freien Training noch einmal einen Longrun, wobei man gleichzeitig mit Max Verstappen und Sergio Perez auf der Strecke war. Die Zeiten waren ernüchternd: Rund acht Zehntel pro Runde fehlten, womit man auch nur minimal schneller als AlphaTauri war, die im FT3 ebenfalls noch einmal mit viel Sprit unterwegs waren.
Wenn man zudem bedenkt, dass Ferrari im Qualifying tendenziell besser abschneidet als im Rennen, dann ist es fraglich, ob Charles Leclerc seinen sechsten Platz halten kann. Von hinten droht Gefahr mit Valtteri Bottas, Fernando Alonso und Sergio Perez, die den Daten nach zu Urteilen allesamt schneller im Rennen sein dürften.
Welche Strategie ist am realistischsten?
Das große Thema werden dabei die Reifen sein. Bereits im Longrun im zweiten Freien Training war der Verschleiß höher als beim Saisonauftakt in Bahrain, eigentlich die Reifenkillerstrecke schlechthin. Zudem werden die Temperaturen zum Rennen um einiges höher sein, was die Lage nicht unbedingt verbessert.
Simuliert man die Reifendaten aller Trainings hoch, so wäre in der Theorie die Vierstoppstrategie am schnellsten, jedoch wird keiner fünf gute Reifensätze mehr übrig haben, nachdem Pirelli die Anzahl der Reifen von 13 auf 11 für das Wochenende heruntergeschraubt hat. Zudem spielt der Verkehr eine große Rolle, je mehr Stopps man macht.
Realistischer sind da eher Dreistopps, wobei laut den Hochrechnungen zweimal Medium und zweimal Hard die schnellste Variante wäre, rund 5 Sekunden langsamer auf die komplette Renndistanz als die Vierstoppstrategie. Zwei Stopps sind ebenfalls im Bereich des Möglichen, vor allem, wenn der Verschleiß geringer als erwartet ausfällt. Laut der Hochrechnung wäre die Strategie zweimal Medium und einmal Hard aber 18 Sekunden langsamer als die Vierstoppstrategie.
Haas: Wie sollen so Punkte möglich sein?
Besonders Fernando Alonso und Sergio Perez, die mit ihren beiden Autos ein gutes Reifenmanagement vorweisen, könnten gewollt sein, mit zwei Stopps durchzukommen, um andere Autos über die Stratgie zu überholen.
Schwierig dürfte es jedoch für Haas werden, denn nicht nur die Rennpace im Longrun war nicht konkurrenzfähig, sondern auch der Reifenverschleiß war so schlecht wie bei keinem anderen Team. Punkte für Nico Hülkenberg dürften damit außer Reichweite sein.
Eine noch ausführlichere Rennvorschau gibt es im Übrigen auf dem YouTube-Kanal von 'Formel1.de', wo Datenexperte Kevin Hermann in einem Video am Sonntagmorgen im Paddock auf- und abgelaufen ist und die Lage der Teams vor dem Grand Prix einschätzt.