Weniger Fahrbetrieb: Fahrer mögen neues Reifenformat nicht
Die Formel-1-Fahrer mögen das neue Format mit weniger Reifen nicht und finden, dass es zum Sparen bessere Alternativen gibt
(Motorsport-Total.com) - Die Fahrer der Formel 1 haben sich über die neuen experimentellen Regeln für die Reifenzuteilung beschwert, die beim Großen Preis von Ungarn an diesem Wochenende erstmals getestet werden. Angeblich soll die Formel 1 nachhaltiger werden, indem die pro Rennen benötigte Fracht reduziert wird. Die Reifenzuteilung pro Fahrer wurde für Budapest von 13 auf 11 Sätze reduziert.
Zudem wurden für das Qualifying bestimmte Mischungen vorgeschrieben. Der harte Pirelli-Reifen ist für Q1 vorgeschrieben, der Medium-Reifen für Q2 und der weichste Gummi für das Q3-Shootout um die Poleposition.
Sollte sich das Experiment, das in Monza wiederholt werden soll, als erfolgreich erweisen, könnte es 2024 in größerem Umfang zum Einsatz kommen. Die ersten Reaktionen der Fahrer fielen allerdings kritisch aus. Max Verstappen und Lewis Hamilton sind der Meinung, dass die Show darunter leidet, dass die Teams im Training weniger Runden fahren.
Denn nach den Eindrücken zu seinen Updates am Red Bull gefragt, winkt Verstappen ab: "Ehrlich gesagt ist es sehr schwierig, das zu kommentieren. Wir werden uns die Daten ansehen und sehen, ob alles zusammenpasst, denn wir haben heute nicht viele Reifensätze verwendet", so der Weltmeister.
"Mit dem neuen Format ist die Anzahl der Reifensätze, die man verwenden kann, sehr begrenzt, und ich wollte sie heute nicht verwenden, um morgen zumindest eine etwas bessere Vorbereitung zu haben", erklärt Verstappen.
"Aber es ist ein bisschen schade - es sind so viele Leute da und man kann nicht wirklich viel fahren. Wir müssen sehen, was wir tun können, um das zu verbessern, denn wir sparen buchstäblich Reifen, was meiner Meinung nach nicht richtig ist."
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Mercedes-Pilot Hamilton schließt sich dieser Meinung an und meint, die Regelmacher sollten sich stattdessen darauf konzentrieren, eher bei den Regenreifen zu sparen: "Es gibt viele Regenreifen, die nach dem Wochenende weggeworfen werden, sehr viele sogar", sagt der Brite. "Vielleicht sollten sie darüber nachdenken, anstatt den Fans Zeit auf der Strecke zu stehlen."
Auch Haas-Pilot Kevin Magnussen schlägt eine alternative Lösung vor: Wenn die Formel 1 den Reifenverbrauch reduzieren will, um Transportemissionen einzusparen, dann sollte man vielleicht den gesamten Zeitplan überdenken, meint er. "Wenn das der Fall ist, dann könnte man auch die Sessions kürzen. Vielleicht nur ein oder zwei Trainings", so Magnussen.
Pirelli: Teams wären auch so weniger gefahren
Bei Reifenhersteller Pirelli betont man derweil, dass es nicht nur an der alternativen Reifenzuteilung lag, dass die Teams nicht viel gefahren sind: "Es lag auch an der Wettervorhersage für den Rest des Wochenendes. Selbst an einem normalen Wochenende hätten sie genau das gleiche gemacht", sagt Pirellis Chefingenieur Simone Berra.
Denn weil es - vor allem im ersten Training - geregnet hatte und es den Rest des Wochenendes trocken bleiben soll, gab es für die Teams nicht viel zu lernen.
Doch Mercedes' Leitender Renningenieur Andrew Shovlin kontert das Argument: "Wenn es trocken gewesen wäre, wären die Teams vermutlich etwas weniger gefahren [im Vergleich zum sonstigen Format]", sagt er. Shovlin glaubt nicht, dass die Auswirkungen auf das Training so enorm waren, die Teams würden nun einfach nicht die volle Stunde fahren.
Er vergleicht es mit der Verkürzung der Sessions von 90 auf 60 Minuten, die nicht zu weniger Fahrbetrieb führte: "Damit hat man die ganze Wartezeit rausgenommen. Wir sitzen jetzt nicht mehr 15 Minuten herum und warten, dass jemand anderes die Strecke sauberfährt. Alle sind sofort bei der Sache."
Das neue Reifenformat könnte jedoch dafür sorgen, dass es wieder etwas mehr Wartezeit gibt.
Für Pirelli selbst ist das allerdings kein großes Problem: "Wir haben die Daten für die verschiedenen Mischungen bekommen. Hätten wir im ersten Training eine trockene Session gehabt, hätten wir noch mehr Daten bekommen", sagt Berra. "Ich glaube, dass es generell funktioniert. Wir haben Informationen und Dinge, die wir analysieren können."
Was die Show angeht, sagt er, dass es einfach darum geht, die Situation zu normalisieren: "Es ist etwas Neues, und die Teams müssen lernen, mit dieser neuen Situation umzugehen."
Wird das Qualifying durchmischt?
Eine Auswirkung hat das Format aber nicht nur auf das Training am Freitag, sondern vor allem auf das Qualifying am Samstag. Dort sind die Teams gezwungen, mit vorgeschriebenen Reifen zu fahren: Hard in Q1, Medium in Q2 und Soft in Q3. Das könnte laut Berra für einige Veränderungen sorgen.
"Im Qualifying wird es das Schwierigste sein, den Hard zum Funktionieren zu bringen", sagt er. In Ungarn sollte das aber kein Problem sein, weil man die drei weichsten Mischungen mitgebracht hat und der härteste damit der C3 ist, der trotzdem eine gute Mischung für Performance-Runs sein sollte, wie Berra meint.
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"Ich denke eher an eine mögliche Einführung bei allen Rennen in der kommenden Saison. Mit C1 und C2 könnte es schwieriger werden", sagt er. "Aber es kann interessanter werden, weil einige Teams die weicheren Mischungen besser nutzen können, andere können mit den härteren schneller sein."
"Es kann die Startaufstellung ein wenig mehr durchmischen. Sonst nehmen wir immer die Soft-Reifen und die schnellen Teams starten vorne."