Ferrari gibt zu: Aus Angst vor Reifenabbau nicht genügend gepusht!

Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur gibt zu, dass Ferrari aus Angst vor hohem Reifenabbau zu langsam gefahren ist: Das Team hat den Abbau falsch eingeschätzt

(Motorsport-Total.com) - Für Ferrari war das Formel-1-Rennen von Silverstone ein echter Reinfall. Die Startpositionen sahen mit den Plätzen vier und fünf noch ordentlich aus, doch im Rennen ging es auf die ernüchternden Positionen neun und zehn zurück - hinter dem Williams von Alexander Albon. Und das hatte nicht nur mit dem unglücklich getimten Safety-Car zu tun.

Charles Leclerc konnte Mercedes nur in der Frühphase ärgern

"Um ehrlich zu sein: Nicht die Pace zu haben, bringt uns in eine Situation, die schwierig zu managen ist - egal wie die Situation ist. Und dann sieht es nach Pech aus", sagt Charles Leclerc. "Sagen wir so: Das Timing des Safety-Cars war für uns nicht das Beste und hat vielen anderen geholfen. Aber so ist das Leben am Ende, und wir hatten einfach nicht die Pace."

Leclerc lag in der ersten Rennphase vor George Russell auf Position fünf, kam aber schon nach 18 Runden rein, um sich die harten Reifen abzuholen. Diese gab er aber schon 14 Runden später wieder ab, als das Safety-Car auf die Strecke kam. Durch diesen Zusatzstopp fiel er nicht nur hinter den Briten, sondern auch hinter Sergio Perez, Fernando Alonso und Alexander Albon.

Im Nachhinein gibt Ferrari Fehler im Umgang mit den Reifen und mit der Strategie zu. Denn: "Es ist nicht so, dass wir einen höheren Abbau als die Gegner hatten. Mercedes und McLaren waren einfach schneller als wir", sagt Leclerc.

Zwar hatte der Monegasse Russell bis zu seinem Boxenstopp hinter sich halten können, doch den legte man ein, da man Angst vor einem Undercut des Mercedes hatte. "Das war zu früh", ärgert sich Leclerc, zumal Russell später ohnehin auf der Strecke am Ferrari vorbeikam.

Vasseur gibt zu: Nicht genug gepusht

Teamchef Frederic Vasseur gibt zu, dass Ferrari Angst vor dem Reifenabbau hatte und dementsprechend zu vorsichtig agiert hat: "Wir hatten die ersten Saisonrennen vermutlich noch im Kopf und waren heute viel zu konservativ mit dem Reifenmanagement und haben nicht genug gepusht", sagt der Franzose. "Ich denke, wir hätten etwas mehr pushen können."

Die Fehlannahme rührt laut ihm vom Freitag her, als Leclerc das zweite Training aufgrund eines Elektrikdefekts verpasst hatte und keine Longrun-Daten sammeln konnte.

Daher hatte man im ersten Stint auch Angst vor dem Abbau und ging im Zweikampf mit Russell zu früh in die Box. Das würde Vasseur rückblickend betrachten nicht noch einmal so machen. "Im Nachhinein kann man einfach sagen, dass wir es etwas ausdehnen und mehr pushen hätten können", sagt der Teamchef.

"Aber wo wir am meisten bei Charles verloren haben, war der Stint auf Hard. Wir sind zehn oder zwölf Runden gefahren, bevor das Safety-Car kam. Wir hatten überhaupt keinen Abbau und er hätte deutlich mehr pushen können", räumt Vasseur ein. "Da haben wir den Abbau falsch verstanden."

Keine Pace in Silverstone

Durch den zusätzlichen Boxenstopp lag Leclerc nur auf Platz zehn und kam in den letzten Rennen auch an keinem anderen Konkurrenten mehr vorbei, abgesehen von seinem eigenen Teamkollegen Carlos Sainz, der etwas später auf die Hards gewechselt war und während des Safety-Cars nicht an die Box kam. Trotzdem verlor der Spanier noch drei Positionen und kam hinter Leclerc ins Ziel.

Daten lügen nicht ... Teamchefs schon?

Video wird geladen…

10 von 22 Rennen sind gefahren - Zeit, einmal in die Daten einzutauchen und zu ermitteln, welche Teams sich gerade am besten entwickeln. Weitere Formel-1-Videos

"Das ist sehr schwer zu verstehen", sagt Leclerc über die fehlende Pace, "aber wir wussten, dass diese Strecke eine unserer schlechteren sein würde. Gerade wegen der Highspeed-Kurven ist dies eine der Schwächen des Autos."

Dass es im Qualifying Platz vier und Platz fünf gab und man zeitentechnisch relativ nah an Red Bull war, war für Leclerc daher schon eine Überraschung. "Aber im Rennen hatten wir viel zu kämpfen, vor allem in den Highspeed-Kurven", sagt er.

Überraschung McLaren

"Ich glaube, wir wissen, warum wir Probleme haben. Für uns ist klar, dass wir viel an der Entwicklung arbeiten, vor allem für die Highspeed-Kurven, und hoffentlich wird es beim nächsten Rennen besser sein, denn die Streckencharakteristik wird unserem Auto ein bisschen besser liegen", glaubt der Monegasse.

Hätte Norris gewinnen können? | Analyse Großer Preis von Großbritannien

Video wird geladen…

Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll fassen zusammen, was im "Home of British Motor Racing" passiert ist. Weitere Formel-1-Videos

Überrascht war Leclerc aber auch von der Pace von McLaren, die zwar schon in Spielberg eine aufsteigende Form hatten, da aber klar hinter Ferrari lagen, die noch eine Woche zuvor zweite Kraft waren. "Und jetzt haben sie einen noch größeren Sprung nach vorne und einen tollen Job gemacht", sagt Leclerc.

"Wir wussten auch, dass sie in Highspeed-Kurven stark sind, das haben wir in Österreich gesehen. Wir haben erwartet, dass sie hier stark sind, aber wahrscheinlich nicht so stark, wie wir es gesehen haben", sagt er. "Jetzt müssen wir pushen und versuchen, sie zumindest in den Highspeed-Kurven einzuholen."

Ferrari nicht konstant genug

Die Frage ist, wer in Ungarn die Nase vorne haben wird, denn bei den vergangenen vier Rennen war stets ein anderes Team die zweite Kraft hinter Max Verstappen. "Es ist sehr schwierig, in diesem Jahr Ergebnisse zu erwarten, weil zwischen den Teams keine Konstanz herrscht", sagt er.

Das ließ sich alleine an Ferrari sehen, die in Spielberg erster Verfolger des Weltmeisters waren, aber in Silverstone kaum in die Top 10 kamen.

"Im Moment scheinen wir noch sehr empfindlich auf die wechselnden Bedingungen zu reagieren. Wenn ich von wechselnden Bedingungen spreche, meine ich vor allem den Wind", so Leclerc. "Wenn der Wind wechselt, wird unser Auto extrem schwierig, und in dieser Hinsicht haben wir Fortschritte gemacht, aber es liegen noch große Schritte vor uns."