Max Verstappen: Rennstrategie wegen Russell umgestellt
Warum sich Red-Bull-Fahrer Max Verstappen im Formel-1-Rennen in Silverstone an Mercedes-Fahrer George Russell orientiert hat und mit welchem Ergebnis
(Motorsport-Total.com) - Der Fünftplatzierte beim Großbritannien-Grand-Prix 2023 in Silverstone hat maßgeblich Einfluss darauf genommen, wie Max Verstappen als späterer Sieger die Schlussphase des Rennens gestaltet hat. So schildert es zumindest Red-Bull-Teamchef Christian Horner und meint: Man habe sich bei der Reifenstrategie an Mercedes-Fahrer George Russell orientiert.
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Max Verstappen im Red Bull RB19 beim Formel-1-Rennen in Silverstone 2023 Zoom Download
"Wir waren eigentlich von einem Medium-Hard-Rennen ausgegangen. Aber aufgrund der Leistung von Russell auf Soft haben wir unsere Strategie verändert", so erklärt Horner.
Als einer von nur fünf Fahrern hatte Russell das Rennen auf der weichsten Pirelli-Reifenmischung begonnen, als einziger auf einem gebrauchten Reifensatz. Und damit fuhr Russell länger als jeder andere Soft-Fahrer, nämlich mehr als die Hälfte der Distanz. Erst in Runde 28 kam er zum Boxenstopp und wechselte auf Medium.
Schon der Ferrari-Stopp bringt Verstappen ins Grübeln
Zu diesem Zeitpunkt machte sich Red Bull bereits Gedanken über den zweiten Stint von Verstappen, der das Rennen anführte. Denn Verstappen hatte zwischendurch den Funkkontakt zur Box gesucht, nachdem er den Ferrari-Boxenstopp von Charles Leclerc in Runde 18 mitbekommen hatte.
"Wir bleiben aber bei unserer Strategie, ja?" So wandte sich Verstappen an sein Team. Später erklärte er dazu: "Ich wollte mich einfach rückversichern und sicherstellen, dass [die Leute am Kommandostand] nicht einschlafen! Wir wären ja ohnehin bald an die Box gefahren und ich muss Rücksprache halten mit dem Team, ob wir auf Soft gehen oder auf Hard."
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Red Bull entschied sich für Soft. "Besonders durch die Safety-Car-Phase 15, 16 Runden vor Schluss hatten wir den Eindruck, der Soft-Reifen würde Max die beste Chance bieten, wieder aus dem DRS-Fenster herauszufahren", sagt Horner. "Das hat er prima umgesetzt. Er war dann gleich um gut zwei Sekunden weg. Dann musste er es nur noch nach Hause fahren."
Soft am Schluss laut Verstappen keine Spazierfahrt
In der Cockpitperspektive stellte sich diese Situation aber etwas anders dar. Laut Verstappen hielt er Soft nur zu Beginn seines finalen Stints für die richtige Wahl. "Denn zwei, drei Runden nach dem Restart merkte ich, dass es ziemlich schwierig war, die Temperaturen unter Kontrolle zu halten. Der Abstand blieb recht konstant, aber es war nicht besonders schön zu fahren."
"Vielleicht", so sagt Verstappen rückblickend, "hätten wir also auf den Hard-Reifen gehen sollen. Damit hätten wir im letzten Stint sicherlich etwas mehr Druck machen können. Die ersten zwei, drei Runden wären damit vielleicht etwas schwieriger gewesen, aber hintenraus war Hard wahrscheinlich ein bisschen schneller."
Gleich zu Rennbeginn war Verstappen langsamer gewesen: Er hatte das Startduell von der Poleposition kommend an McLaren-Fahrer Lando Norris verloren und musste sich in der ersten Rennrunde sogar noch gegen dessen Teamkollegen Oscar Piastri wehren, um nicht auf P3 abzurutschen.
Was schiefgelaufen ist beim Start von Verstappen
Alles nur aufgrund eines "schrecklichen" Starts, meint Verstappen. "Die Räder haben ziemlich durchgedreht. Und wenn die Räder durchdrehen, dann verlierst du so viel Schwung, bis hinein in Kurve 1. Lando war da schon vorbei und ich versuchte einfach, mich in den Kurven 3 und 4 aus allem rauszuhalten. Vor Copse hatte ich noch ein Duell mit Oscar, aber es ging alles gut."
Das schwache Loskommen könne er sich bisher nicht erklären. Verstappen verweist auf ein paar Drift-Einlagen am Donnerstag vor dem Grand Prix und meint, sein Start habe sich genauso angefühlt und "war nicht so toll". Es sei "einfach nur schlecht" gewesen, sagt Verstappen. "Aber immerhin hat es die Sache spannender gemacht. Ich musste wirklich pushen."
Teamchef Horner sieht aber mildernde Umstände: "Hier in Silverstone kommt traditionell das Auto auf P2 etwas besser weg. Und Lando und Piastri hatten richtig gute Starts."
"Für uns ging es darum, einen kühlen Kopf zu bewahren", sagt Horner. "Ich dachte nur: Das ist nicht so toll, aber er ist immerhin durch Copse durchgekommen. Und Max hat ja einige Runden später überholt."
Red-Bull-Sportchef Helmut Marko wiederum verortet den schwachen Start in erster Linie beim Fahrer: "Max hat die Kupplung zu intensiv herausgelassen", erklärt er bei 'Sky' und spricht von einem "kleinen Fehler". Verstappen habe sich im weiteren Rennverlauf aber rehabilitiert, indem er seine Sache "sehr gut" gemacht habe.
"Sehr gut" ist laut Horner aber noch untertrieben. Er nennt es eine "phänomenale Leistung" und lobt Verstappen auch für die schnellste Rennrunde zusätzlich zur Poleposition und dem Rennsieg. "Damit hat er wieder einen Hattrick geschafft."