Alexander Albon: "Nur in den Rückspiegel geschaut" für P7 in Kanada
Wie Williams-Fahrer Alexander Albon beim Formel-1-Rennen in Kanada den siebten Platz erzielt hat und welche Faktoren zu diesem Erfolg beigetragen haben
(Motorsport-Total.com) - "Ich weiß schon, dass das Wetter eine Rolle gespielt hat, aber es ist trotzdem schön, das erreicht zu haben." So fasst Williams-Fahrer Alexander Albon sein Formel-1-Wochenende beim Kanada-Grand-Prix 2023 in Montreal zusammen. Und er darf zufrieden sein: Auf die Q3-Teilnahme am Samstag mit Bestzeit in Q2 folgte am Sonntag der siebte Platz im Rennen mit sechs Punkten für die WM-Wertung.
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Alexander Albon im Williams vor Esteban Ocon im Alpine und Lando Norris im McLaren Zoom Download
Das sei ein Resultat mit Signalwirkung für Williams, sagt Albon. "Es zeigt den Leuten zuhause im Werk und hier im Rennteam, wo wir in ein paar Jahren stehen wollen. Und mich motiviert das. Wir brauchen diesen Schwung für den Rest der Saison und darüber hinaus. Denn wir wollen noch häufiger auf P1 stehen."
So wie im zweiten Qualifying-Abschnitt in Montreal, als Albon als Erster auf Trockenreifen gewechselt hatte und anschließend das Tempo vorgab. "Das fühlte sich richtig gut an", meint er. "Wir hätten in Q2 kein Risiko einzugehen brauchen, aber wir hatten den Eindruck, es wäre das Richtige. Also trafen wir die Entscheidung."
Albon: Bloß nicht abfliegen wie Russell 2022
Allerdings sei er "überrascht" gewesen, alle anderen Fahrer weiter auf Intermediates fahren zu sehen, sagt Albon. Er räumt ein: "Da bekam ich ein paar Zweifel, dachte an George [Russell] im vergangenen Jahr. Deshalb fuhr ich auf der ersten fliegenden Runde in den Kurven 1 und 2 besonders langsam, nur um zu vermeiden, dass mir Ähnliches passiert." Und Albon hielt den Williams auf der Strecke.
Viel Spielraum gab es nicht: "Die Linie war ganz schmal. 15 oder 20 Zentimeter daneben war es nass. Und fährst du da, dann fliegst du ab. Aber solche Bedingungen mag ich. Da kannst du Risiken eingehen."
Passt die Temperatur in den Reifen, ergibt sich unter solchen Vorzeichen eine "Aufwärtsspirale", erklärt Albon weiter. "Du wirst dann immer schneller. Ich musste einfach nur ständig pushen, um die Temperatur zu halten. Das hat mir gefallen."
Fehler in Q3 verhindert noch bessere Ausgangslage
In Q2 führte das zur überraschenden Bestzeit, aber in Q3 gelang das nicht: Albon brachte seine einzige gezeitete Runde in Q3 nicht ins Ziel, weil er in der Zielkurve die Schikane abkürzte und die Rundenzeit nach Tracklimits-Verstoß verlor. "Mein Fehler, ganz klar", sagt er dazu. Und: "Das ist enttäuschend."
Der Fehler sei aber erklärbar: "Vor der letzten Kurve sind mir die Temperaturen in den Vorderreifen abgesackt nach der langen Gerade. Damit war es vorbei."
Der lange zweite Stint auf Hard-Reifen
Doch das Wochenende war nicht gelaufen, im Gegenteil: Von P9 in der Startaufstellung zeigte Albon mit Medium-Reifen im ersten Stint und Hard-Reifen im zweiten Stint eine couragierte Fahrt.
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Oder wie es Williams' Performance-Leiter Dave Robson formuliert: "Wir haben von einer Safety-Car-Phase profitiert und ein sehr starkes Einstopp-Rennen hingelegt. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass Alex unheimlich gut darin ist, ein Rennen zu meistern und sich gegen Autos von hinten zu verteidigen. Er ist ausgezeichnet gefahren und hat ein sehr gutes Resultat erzielt."
Wie die Updates zum Williams-Ergebnis beigetragen haben
Auch Albon spricht von einem "großartigen Ergebnis" und macht das teilweise an den Williams-Updates für Kanada fest. Das FW45-Paket mache "Fortschritte", so versichert er.
"Wir wussten, diese Strecke würde uns mehr liegen als Barcelona, auch mit dem Update. Ehrlich gesagt aber sind die neuen Teile schwierig zu spüren, weil Montreal ziemlich anders ist als Barcelona. Aber die reinen Rundenzeiten sagen, dass wir schnell sind. Das stimmt mich zufrieden. Ich denke, wir haben einen guten Schritt gemacht."
"Ich weiß nicht, ob sich das auf Spielberg und Silverstone übertragen lässt, aber zumindest waren wir in Kanada ordentlich aufgestellt. Und die Daten korrelieren mit dem Windkanal und der Entwicklung. Das ist immer ein gutes Zeichen."
Williams bezwingt McLaren über die Strategie
Umso mehr, weil es Williams in Kanada gelungen ist, sich gegen die direkten Gegner im Mittelfeld durchzusetzen und mehr Punkte mitzunehmen als üblich. "Im Prinzip sind die vorderen acht Positionen ja schon an Aston Martin, Red Bull, Ferrari und Mercedes vergeben und die restlichen Punkte staubt normal Alpine ab", sagt Albon.
Dass es dieses Mal anders war, verleitet ihn zum Schwärmen: "Es fühlt sich so an, als würden wir derzeit um den Titel 'best of the rest' kämpfen." Zumindest hat Williams in Montreal alles versucht: Nur Albon bekam das Update und noch dazu einen neuen Mercedes-Antrieb. Williams hat an seinem Fahrzeug also seine Möglichkeiten maximiert.
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"Wir waren das gesamte Wochenende ähnlich schnell wie McLaren, mussten aber etwas anderes machen, um vor McLaren zu landen. Deshalb haben wir an der Einstopp-Strategie festgehalten", sagt Albon.
Durchhaltevermögen ist gefragt im zweiten Stint
Das bedeutete in seinem Fall: Nach dem Boxenstopp in Runde zwölf durchfahren bis zum Schluss nach Runde 70, also einen sehr langen zweiten Stint auf Hard zu absolvieren. "Einmal sagte mir das Team, es seien noch 20 Runden zu fahren. Als ich dann aber einen Bildschirm sah, dachte ich nur: 'Um Himmels Willen, das ist hoffentlich nicht wahr!'" Williams hatte ein paar Runden unterschlagen.
"Ich kenne solche Rennen", meint Albon. "Sie machen nicht viel Spaß. Aber: Wir können uns gut verteidigen mit unserem hohen Topspeed. Und man hat vielleicht einen Reifennachteil, schont sie aber trotzdem, um ausgangs der Kurven gute Traktion zu haben."
"Im Prinzip schaust du das ganze Rennen nur in den Rückspiegel und versuchst, keine Fehler zu machen. Da fühlten sich die letzten 20 Runden wie Qualifying-Runden an. Ohne ein gutes Auto hätte ich das nicht geschafft. Wir hatten in Kanada wirklich ein großartiges Fahrzeug. Und die Punkte und P9 in der Gesamtwertung sind ein schöner Lohn für alle im Team."