Zu schnell unter Rot: Nico Hülkenberg verliert zweiten Startplatz!
Sensationell und mit Glück fuhr Nico Hülkenberg im Qualifying von Kanada auf Position zwei, doch der Startplatz ist aufgrund eines Rotvergehens wieder weg
(Motorsport-Total.com) - Mit Platz zwei war Nico Hülkenberg die große Überraschung des Formel-1-Qualifyings von Kanada 2023 (das Rennen live im Ticker verfolgen), doch der wurde dem Deutschen nach der Qualifikation wieder genommen.
© Motorsport Images
Nach dem Qualifying freute sich Nico Hülkenberg noch über Platz zwei Zoom Download
Denn die Kommissare bestraften ein Vergehen unter der roten Flagge. Dafür wurden dem Haas-Piloten drei Strafplätze in der Startaufstellung am Sonntag aufgebrummt, sodass er das Rennen auf dem Circuit Gilles Villeneuve von Startplatz fünf aus angehen wird. Zudem bekommt er einen Strafpunkt auf seine Superlizenz (zur Strafpunkte-Übersicht).
"Natürlich ist das Ende des Tages nicht ganz so gut wie vorher", sagt er. "Es ist schade, nicht in der ersten Reihe zu stehen. Wir müssen mit den Konsequenzen leben. Ich denke, für unser morgiges Rennen ändert sich dadurch nichts - die Herangehensweise ist dieselbe, und es wird das Ergebnis nicht beeinflussen oder beeinträchtigen."
Hülkenberg wurde ein Verstoß gegen Artikel 37.6 a) des Sportlichen Reglements vorgeworfen. In diesem ist festgelegt, dass die Fahrer bei einer roten Flagge über einer festgelegten Mindestzeit bleiben müssen - und diese soll der Haas-Pilot um 16:59 Uhr Ortszeit unterschritten haben.
Als Rot gezeigt wurde, meldete sich sein Renningenieur Gary Gannon am Funk und erinnerte ihn daran, ein positives Delta einzuhalten.
Hülkenberg: "Das Piepen macht mich verrückt, muss ich negativ oder positiv sein?"
Gannon: "Du solltest jetzt positiv sein, plus, also musst du langsamer werden. Du musst langsamer werden und außerdem gibt es hier eine doppelte Gelbphase."
Hülkenberg: "Nein, ich glaube, ich fahre zu langsam. Ich muss schneller fahren. Ich weiß es nicht, sag es mir."
Hülkenberg (etwas später): "Ist das zu schnell oder zu langsam? Sag es mir."
Gannon: "Es ist zu schnell. Zu schnell. Weil es eine rote Flagge ist."
So begründen die Kommissare
Und wie die Kommissare festhalten, war Hülkenberg wirklich zu schnell: "Der Fahrer hatte gerade seine schnellste Runde beendet und war zu einer weiteren Runde aufgebrochen. Er befand sich in Kurve 1, als die rote Flagge gezeigt wurde. Zu diesem Zeitpunkt lag er jedoch bereits 1,5 Sekunden über seiner Deltazeit", heißt es in der Begründung.
Weiter: "Er behauptete, dies habe es ihm extrem schwer gemacht, im nächsten Sektor unter die Deltazeit zu kommen. Er gab auch zu, dass er sich über das Piepsignal in seinem Headset nicht im Klaren war und deshalb zu einem bestimmten Zeitpunkt dachte, er sei zu langsam unterwegs."
Ein Vergleich der Telemetriedaten mit denen von Esteban Ocon habe gezeigt, dass Hülkenberg für den Rest der Runde im Allgemeinen ungefähr die gleiche Geschwindigkeit wie Ocon hatte, der die Deltazeiten in jedem Minisektor einhielt. Zudem habe man keine überhöhte Geschwindigkeit festgestellt. "Wir betrachten dies als einen mildernden Umstand", so die Kommissare.
Allerdings sei das Reglement in dieser Hinsicht sehr klar: "Obwohl der Fahrer nicht gefährlich gehandelt oder unsicher gefahren ist, lag ein Verstoß vor, sodass eine Strafe verhängt werden muss", heißt es.
Normalerweise sieht das Reglement bei dieser Art von Rotverstoß sogar eine Versetzung um zehn Startplätze vor, doch angesichts der Umstände hielten die Kommissare eine mildere Strafe für angemessen und versetzen den Deutschen nur um drei Positionen.
Zudem bekam Hülkenberg noch den Rat, dass er "sich mit den betrieblichen Aspekten der Deltasignale besser vertraut machen sollte".
In letzter Sekunde über den Strich
Bitter: Eigentlich hatte Hülkenberg die Rotunterbrechung geholfen, auf Position zwei nach vorne zu kommen. Oscar Piastri hatte seinen McLaren in Kurve 7 in die Streckenbegrenzung geschmissen und damit die Rotphase ausgelöst. Buchstäblich eine Sekunde, bevor die Rennleitung die Session unterbrach, fuhr Hülkenberg noch über den Zielstrich auf Position zwei.
Hülkenbergs Glück: Fernando Alonso, der wenige Sekunden dahinter fuhr, schaffte es nicht mehr über den Strich. Die Zeit des Spaniers wäre sehr wahrscheinlich schneller gewesen: Er lag nach zwei Sektoren zwei Zehntelsekunden vor dem Haas-Piloten und fuhr auch im letzten Sektor zwei lila Minisektoren bis zur Unterbrechung.
Und weil der Regen nach der Freigabe zu stark war, konnte sich keiner mehr verbessern, sodass Hülkenbergs zweiter Platz Bestand hatte.
"Vielleicht war ein bisschen Glück dabei"
"Das fühlt sich natürlich gut an. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort", freut sich Teamchef Günther Steiner bei 'ServusTV'. "Nico hat die Runde hingebracht, als er sie gebraucht hat. Vielleicht war ein bisschen Glück dabei, das muss man auch sagen, aber bei solchen Bedingungen [muss man] immer sein Bestes geben und dann passiert so etwas."
Für Hülkenberg ist es "definitiv schön, ein gutes Qualifyingergebnis zu haben", wie der Deutsche sagt. "Es waren schwierige Bedingungen, aber ich hatte das Gefühl, dass wir die Situation immer im Griff hatten. Wir hatten eine gute Kommunikation, sind saubere Runden gefahren und wurden mit diesem schönen Qualifyingergebnis belohnt."
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Dabei hätte für ihn das Qualifying auch schnell vorbei sein können, denn in Q1 kam der Haas-Pilot als 15. gerade so weiter, weil Pierre Gasly (Alpine) in der letzten Schikane aufgehalten wurde und dadurch keine gute Runde mehr fahren konnte. "Aber zum Glück sind beide reingekommen", sagt Steiner.
Danach ging es für Haas eigentlich nur darum, zur richtigen Zeit auf den richtigen Reifen zu sein. "Bei solchen Bedingungen muss man immer schauen, dass man am Ball bleibt und immer draußen ist", so Steiner. "Sobald es anfängt zu regnen, kann man das nicht mehr aufholen."
Steiner: Sind bei Gelegenheiten immer da
Doch der Teamchef lobt: "Ich glaube, da sind wir ganz gut, wenn sich solche Gelegenheiten als Rennteam ergeben. Wenn das Material, also das Auto, eine geringere Rolle spielt, dann sind wir immer im richtigen Moment da. Das muss man auch dem Team sagen, die machen das ganz gut. Sie versuchen immer da zu sein, wenn es etwas Besonderes ist und es etwas [zu holen] gibt."
Der Lohn war für Hülkenberg (vorerst) Platz zwei, den er im Trockenen natürlich niemals geholt hätte, wie er selbst zugibt - zumal er nach dem Motorschaden am Freitag ohnehin ein wenig im Nachteil war, was die Fahrzeit im Auto angeht.
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Doch der Regen bot ihm eine Chance, auch wenn er sagt, dass er nicht wusste, was er vom Qualifying erwarten sollte. "Es ist immer noch ein halber Stadtkurs mit Mauern am Kurvenausgang. Es gibt ein paar schwierige Kurven auf der Strecke, und du pushst. Und wenn du pushst, dann lotest du das Limit aus, und dann weißt du nie, was passieren kann", sagt er.
"Wir haben aber die Reifen gut gemanagt und konnten sie in das Fenster bringen, was unter solchen Bedingungen häufig schwierig ist. Aber es hat funktioniert."