Wolff warnt nach Mercedes-Durchbruch: Auf dem Boden bleiben!
Mercedes ist großer Matchwinner des Spanien-Grand-Prix, doch Red bull ist noch einen Schritt voraus - Trotzdem: Ist der Turnaround schon gelungen?
(Motorsport-Total.com) - "Die Bullen sind uns noch ein Stück voraus. Aber wir werden sie jagen!" - Lewis Hamilton hat nach dem Großen Preis von Spanien 2023 seinen Jagdinstinkt wieder aktiviert. Mercedes, das lässt sich nach diesem Rennen festhalten, hat in der jüngsten Update-Runde den größten Fortschritt in der Formel 1 erzielt.
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Endlich wieder Sternenjubel: George Russell und Lewis Hamilton feiern das Doppelpodum in Barcelona Zoom Download
Doch noch in der Jubelstimmung nach dem Doppelpodium warnt Teamchef Toto Wolff im 'ORF' vor übertriebener Euphorie: "Ich glaube, wir müssen schon mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben, denn wir hatten hier in Barcelona optimale Bedingungen. Das Auto war im Vorjahr schon gut hier und die Temperaturen haben gepasst."
Gegenüber 'Sky' konkretisiert er: "Es war schön frisch, nicht zu kalt, nicht zu heiß, und das Auto war in seinem absolut besten Fenster. Trotzdem liegen wir realistisch betrachtet 15 Sekunden hinter Red Bull. Das ist nicht das, was wir wollen." (Geldstrafe für Mercedes nach Barcelona-Rennen)
Auch Lewis Hamilton warnt davor, Mercedes jetzt schon als Sieganwärter zu sehen: "Für mich war es definitiv das beste Auto, das ich bisher hatte. Das ist sehr ermutigend, nicht nur für mich, sondern für alle im Team. Aber ich glaube nicht, dass wir mit diesem Auto Max angreifen können. Ich glaube, sie waren heute etwa eine halbe Sekunde pro Runde schneller als wir."
Ende 2023 dran, 2024 auf Augenhöhe?
Lewis Hamilton kam 24 Sekunden hinter Max Verstappen ins Ziel, verlor aber zu Beginn des Rennens Zeit hinter Lance Stroll und Carlos Sainz. "Und in den letzten Runden ist er nur noch gecruist", sagt Wolff. Dennoch: 15 bis 20 Sekunden über 66 Runden sind immer noch "eine Menge Holz", gibt Wolff zu bedenken.
Auch Hamiltons Fokus ist auf 2024 gerichtet, obwohl er derzeit keinen gültigen Vertrag hat: "Es geht in die richtige Richtung und wir haben noch etwas in der Pipeline. Wir hoffen, dass wir sie vielleicht bis Ende des Jahres herausfordern können. Aber für mich ist es wichtiger, dass wir nächstes Jahr ein Auto haben, mit dem wir vom ersten Tag an konkurrenzfähig sind."
Dabei gelte es, die richtige Balance zwischen Weiterentwicklung und Neuentwicklung zu finden: "Je mehr wir das Auto für dieses Jahr weiterentwickeln, desto mehr wirkt sich das in gewisser Weise auch [auf das nächste Jahr] aus. Sie sind aber so weit voraus, dass ich glaube, dass Max auch in diesem Jahr gewinnen wird."
"Das bedeutet auch, dass sie früher als die anderen mit der Entwicklung für das nächste Jahr beginnen können, und das ist die Gefahr. Wir müssen einfach hart arbeiten und die richtige Balance finden."
Risiko zahlt sich aus
Dennoch: Der Fortschritt ist unübersehbar und die Last, die von den Schultern gefallen ist, gewaltig. Denn das Update war ein großes Risiko. Das gesamte Aero-Konzept wurde von "Zeropod" auf "Downwash" (Hier beim Ferrari-Update im Detail erklärt) umgestellt und die Vorderradaufhängung so modifiziert, dass die Front beim Bremsen weniger eintaucht ("Pitching"), was zu einer konstanteren Aerodynamik am Kurveneingang führt.
"Ich freue mich sehr für das Team, denn wir haben so viel Arbeit in das Auto gesteckt und Entscheidungen getroffen, von denen wir nicht sicher waren, ob sie funktionieren würden. Ich habe immer gesagt, dass wir vielleicht erst einmal einen Schritt zurück machen. Im Moment ist es ein bisschen wie bei Jugend forscht."
Wolff betont, dass er in den Umstellungsprozess von "Zeropod" auf "Downwash" nicht involviert war: "Wenn ich anfangen würde, das Auto zu designen, wäre das keine gute Situation. Jeder konzentriert sich auf das, was er am besten kann. Es ist die Aufgabe der Techniker und aller anderen Ingenieure, das Auto zu entwickeln."
Russell pflügt durchs Feld
Doch nach diesem Rennen mit den Plätzen zwei und drei kann Mercedes aufatmen. Denn das Risiko, mitten in der Saison das Konzept zu ändern, hat sich gelohnt. "Ich glaube, wir haben den Schock am Anfang des Jahres einfach gebraucht, um zu verstehen, dass es mit diesem [alten Konzept] nicht weitergeht. Das hat uns richtig wachgerüttelt", betont Wolff.
Nichts verdeutlicht die Fortschritte von Mercedes besser als die Aufholjagd von George Russell, der vom zwölften Startplatz noch auf das Podium fuhr. "Das ist ein Zeichen dafür, was wir als Team noch erreichen können", sagt der Brite.
"Nach dem gestrigen Tag wussten wir, dass es schwer werden würde. Aber ich bin positiver als erwartet aufgewacht und wollte vielleicht um P5 oder P6 kämpfen. Ich dachte, P3 wäre etwas zu hoch gegriffen", beschreibt er seine Motivation am Sonntagmorgen. Aber genau das sollte es werden.
Wann wurde ihm das klar? "Sehr früh, um ehrlich zu sein. Mein Auto fühlte sich gut an, die Reifen auch. Schon nach zwei Runden hatte ich das Gefühl, dass wir es heute schaffen können. Das Team hat mit der Strategie gute Arbeit geleistet, und es war ein wirklich zufriedenstellendes Rennen mit einigen guten Manövern."
Russell verweist ebenfalls auf die kühleren Bedingungen, die Mercedes tendenziell entgegenkommen. "Und ich denke, dass Aston und Ferrari generell [heute] ein wenig neben der Spur waren."
Was Formel 1 und Börse gemeinsam haben
Was hat letztendlich den Unterschied gemacht, dass es am Samstag gar nicht lief und am Sonntag überragend? Toto Wolff kann es sich nicht erklären: "Ich habe es vor vielen Jahren aufgegeben zu verstehen, was in den Köpfen der Fahrer vorgeht. Aus irgendeinem Grund hatte er oder das Auto im Qualifying keine Performance, und dann bringt er heute alles zusammen. Sehr gut."
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Auch bei Hamilton lief nicht alles glatt. Ein Low-Downforce-Experiment am Freitag erwies sich als Rohrkrepierer, wie der siebenmalige Weltmeister erklärt: "Die Balance ist am Freitag völlig aus dem Ruder gelaufen und war sehr unberechenbar. Über Nacht haben wir dann gute Arbeit geleistet."
Sowohl Hamilton als auch Russell fuhren mit viel Abtrieb, was Russell nicht davon abhielt, auf den Geraden mit DRS-Unterstützung mehrere Konkurrenten zu überholen. "Das Simulator-Team hat uns über Nacht bei der Abstimmung geholfen und uns ins richtige Fenster gebracht", lobt er.
Bleibt am Ende die Frage: Ist Mercedes jetzt die zweite Kraft in der Formel 1? Hamilton und Russell wollen erst die Performance auf anderen Strecken sehen. Etwas optimistischer ist Wolff, der die Performance nicht an einzelnen Rennen festmachen will: "Ich sage immer, es ist wie mit einem Aktienkurs: Solange er [insgesamt] steigt, ist es gut."
"Es wird immer Ausreißer nach unten geben, es ist immer ein Zickzack. Aber es fühlt sich [jetzt insgesamt] besser an."