Max Verstappen: "Ich denke, da hat Helmut ein bisschen übertrieben"
Red Bull dominiert die Formel 1, TV-Sender klagen über rückläufige Einschaltquoten, doch jetzt zündet Ferrari ein Update und hofft auf eine Steigerung
(Motorsport-Total.com) - Red Bull geht als klarer Favorit in das siebte Rennwochenende der Formel-1-Saison 2023 in Barcelona. Sogar Helmut Marko ist nach sechs Siegen in sechs Grands Prix unverblümt optimistisch: Auf dem aerodynamisch anspruchsvollen Kurs in Spanien "sind wir normalerweise noch stärker", sagt der Red-Bull-Motorsportkonsulent im Interview mit 'oe24'.
"In Barcelona zeigt sich, wie gut ein Auto wirklich ist. Da heißt es: Wenn ein Auto auf dieser Strecke funktioniert, dann funktioniert es auf 80 Prozent der restlichen auch", ist Marko überzeugt. Und ergänzt im Hinblick auf das bevorstehende Rennwochenende: "Im Vorjahr hatten wir mit Ferrari zu kämpfen. Aber die machen alles falsch. Wobei in der Formel 1 leicht Fehler passieren."
Vor Barcelona machen Gerüchte die Runde, wonach Red Bull das nächste große Update zünden wird. Von asymmetrischen Lufteinlässen war in manchen Foren die Rede. Spekulationen, angeblich von Marko befeuert, die Max Verstappen relativiert: "Ich denke, da hat Helmut ein bisschen übertrieben. Wir machen unser normales Programm, nichts Verrücktes."
Allerdings ist Verstappen insofern gleicher Meinung wie Marko, als er davon ausgeht, dass die Strecke in Barcelona dem Red Bull RB19 gut liegen sollte. Auf dem Papier stehen die Chancen gut, sagt er: "Normalerweise schon. Aber wir müssen trotzdem eine gute Balance finden. Solange die gut ist, sollten wir ein gutes Wochenende haben."
Nach Mercedes zieht jetzt auch Ferrari nach
Doch die Konkurrenz schläft nicht. Mercedes hat in Monaco ein großes Update mit (unter anderem) komplett neuen Seitenkästen eingeführt. In Barcelona zieht Ferrari nach. Am Donnerstagabend wurden die ersten Fotos von der runderneuerten Aerodynamik veröffentlicht. Sichtbarster Unterschied: Die "Badewanne" ist Geschichte, die neuen Seitenkästen jetzt ziemlich klobig.
Red Bull zu schlagen, das werde trotz der Updates "unmöglich" sein, befürchtet Ferrari-Pilot Carlos Sainz: "Wenn die beiden Red Bulls wie gewohnt dominieren, gibt's genau einen Platz auf dem Podium. Um den kämpfen ich, Charles, Fernando, Lance und die zwei Mercedes."
"Aston hatte bisher die Oberhand. Normalerweise haben sie am Renntag das stärkste Paket. Aber deswegen upgraden wir ja unser Auto, um schneller zu werden. Es gab Strecken, auf denen wir im Qualifying dazu in der Lage waren, Red Bull zu ärgern, aber ich glaube schon, dass die noch ein paar Rennen vorn sein werden. Denn sie sind auf sehr hohem Niveau und haben ein sehr starkes Auto."
Ferrari habe, um das Update nach Barcelona zu bringen, große Anstrengungen unternommen: "Es hätte eigentlich erst später in der Saison kommen sollen. Ihr könnt euch die Arbeit, die da reingeflossen ist, gar nicht vorstellen. Die ganze Fabrik lief die letzten Monate unter Volllast, damit wir das Paket ein bisschen vorziehen können", sagt Sainz.
Daten sprechen eindeutig gegen Ferrari
Die erhofften Fortschritte sind auch dringend nötig, wenn Ferrari noch um die Formel-1-WM 2023 kämpfen möchte. In der Fahrerwertung führt Verstappen aktuell mit 144 Punkten. Sainz hält bei 48, Charles Leclerc bei 42. Und bei den Konstrukteuren liegt Ferrari mit 90 Punkten an vierter Position. Red Bull hat schon 249 Punkte auf dem Konto.
Ähnliches spucken die Performance-Analysen aus, die auf Basis von Daten, die vom deutschen Technologieunternehmen PACETEQ zur Verfügung gestellt werden, berechnet werden. Demnach ist Ferraris durchschnittliche Rennpace nur die viertbeste im Feld, mit 0,66 Sekunden Rückstand auf Branchenführer Red Bull, aber nur hauchdünn hinter Mercedes.
Beim Reifenverschleiß sieht es hingegen ziemlich düster aus. Da ist Ferrari gar nur die Nummer 8 unter zehn Teams. In den bisherigen Rennen haben die Pneus beim italienischen Team pro Runde um durchschnittlich 0,038 Sekunden abgebaut. Das ist viel mehr als etwa bei Aston Martin, Red Bull (jeweils 0,012) oder Mercedes (0,029).
Ein Kräfteverhältnis, das Konsequenzen auf die Reichweiten der Formel 1 hat. TV-Sender wie Sky vermelden rückläufige Einschaltquoten. Helmut Marko wehrt sich aber gegen Kritik, Red Bull mache die Formel 1 kaputt: "Dass es die anderen nicht geschafft haben, ihr Auto weiterzuentwickeln, kann man uns bitte nicht zum Vorwurf machen", sagt er.
"Dass die Spannung verloren geht, tut mir leid. Wie man sieht, gehen die TV-Einschaltquoten auf Sky dramatisch zurück. Das muss man beobachten", räumt der 80-Jährige ein. Im Hinblick auf seinen Heimatsender ORF sagt er aber: "In Österreich ist der Boom zum Glück ungebrochen." Das zeige, sagt er, auch der gut laufende Ticketvorverkauf für den Grand Prix von Österreich am 2. Juli.