Auf älteren Hards so schnell wie Perez: So gewann Max Verstappen in Miami
Dass Max Verstappen auf 21 Runden älteren harten Reifen keinen Boden auf Sergio Perez verlor, brachte ihm den Sieg beim Formel-1-Rennen in Miami
(Motorsport-Total.com) - Der Große Preis von Miami hat die Hackordnung bei Red Bull aber mal sowas von klar gestellt. Max Verstappen hat am Sonntag eindrucksvoll unter Beweis gestellt, über wen der WM-Titel 2023 nur gehen wird: Obwohl er nur von Startplatz neun gekommen war, hatte Teamkollege Sergio Perez keine Schnitte gegen den Niederländer.
Ganz besonders deutlich wurde das, als beide Piloten auf den gleichen Reifen unterwegs waren: Nach Perez' Boxenstopp in Runde 21 lag der Mexikaner 18 Sekunden hinter Verstappen. Als Verstappen schließlich 25 Runden später selbst zu seinem Boxenstopp abbog, war der Vorsprung immer noch bei 18 Sekunden - obwohl der Niederländer die ganze Zeit mit den deutlich älteren Reifen unterwegs war.
Dadurch war er nach seinem Reifenwechsel direkt im Heck seines Teamkollegen, der auf den älteren und härteren Reifen dann keine Chance im direkten Zweikampf hatte.
"Der Schlüssel war von Runde 20 bis 45 auf dem harten Reifen", sagt Teamchef Christian Horner. "Die waren 20 Runden älter als die Reifen von Checo und er ist teilweise sogar schneller gefahren. Das hinzukriegen, hat ihm den Vorsprung beschert. Der Hauptschaden für Checo war, dass Max auf dem harten Reifen so schnell war."
Verstappen hatte sich am Start für die harten Reifen entschieden, während der Großteil des Feldes vor ihm auf Mediums gestartet war. Das hatten er und sein Renningenieur sich nach dem Qualifying überlegt. "In Sachen Rennzeit war es sehr eng zwischen Medium-Hard oder Hard-Medium. Das hat keinen Unterschied gemacht", sagt der Red-Bull-Pilot.
Für ihn war es aber ein Risiko, weil er nur noch einen Satz harte Reifen hatte: Hätte er sich diesem am Start beschädigt, hätte er eine komplett andere Taktik fahren müssen. "Aber ich bin das Risiko gerne eingegangen", sagt er. "Ich habe einfach gedacht, dass es mir eine bessere Möglichkeit geben würde, durch das Feld zu kommen."
Verstappen pflügt durchs Feld
Die Taktik ging auf: Obwohl er durch den Reifennachteil am Start eine Position verloren hatte, schnappte er sich anschließend Gegner um Gegner.
"Wir haben uns zu Beginn aus allen Schwierigkeiten herausgehalten. Denn die Leute um mich herum haben versucht, so schnell wie möglich Positionen zu gewinnen. Aber wenn man weiß, dass man ein schnelles Auto hat, dann schnappt man sich die Leute einzeln, wenn sich alles beruhigt hat", erklärt er seine Taktik. "Das hat gut funktioniert."
Höhepunkt war dabei sein Doppel-Überholmanöver auf Start-Ziel gegen Charles Leclerc und Kevin Magnussen. "Das war unterhaltsam", freut er sich.
In Runde 14 war Verstappen dann schon auf Position zwei angekommen und hatte nur noch Perez vor sich, der an der Spitze eigentlich die beste Ausgangposition hatte und sich hätte absetzen können. Doch als er zum Boxenstopp kam, war Verstappen schon auf 1,5 Sekunden rangefahren.
Motorsportkonsulent Helmut Marko lobt im 'ORF': "Der harte Reifen war besser als allgemein angenommen. Und Max, das wissen wir, kann in Extremsituationen unglaubliche Zeiten fahren. Da hat er heute sein Potenzial gezeigt."
Das entscheidende Reifenmanagement
Als Perez in die Box abbog, hatte Verstappen freie Fahrt. Überraschenderweise konnte er das Tempo seines Teamkollegen auf frischen Reifen absolut mitgehen, obwohl auch er Reifenmanagement betrieb.
"Ich musste einfach nur bis zur anvisierten Runde durchhalten", beschreibt Verstappen. "Gegen Mitte des Stints war ich mir nicht ganz sicher, ob ich es schaffen würde. Aber als ich der Nummer näher kam, wusste ich, das ist gut. Also habe ich angefangen zu pushen und konnte die Lücke wieder etwas vergrößern. Das hat das Rennen für mich heute gewonnen."
Angesichts dieser Leistung muss auch Helmut Marko staunen: "Max war entfesselt", sagt er. "Er hat seine Reifen am Anfang nicht überfordert. Man hat gesehen: In der vorletzten Runde hat er noch die schnellste Runde gefahren. Also unglaubliche Zeiten."
Direkter Zweikampf um den Sieg
Doch die entscheidende Szene sollte noch kommen. Denn nach seinem Boxenstopp kam Verstappen hinter seinem Teamkollegen wieder auf die Strecke und musste ihn daher im direkten Zweikampf überholen.
Das war nicht unbedingt nach Red Bulls Geschmack: "Um Gottes Willen! Hoffentlich geht das gut", dachte Marko im Vorfeld. "Denn Checo war nicht gewillt, sozusagen Platz zu machen." Das war für das Team aber okay. "Wir haben gesagt: Solange von hinten keine akute Gefahr für unsere zwei Fahrer besteht, lassen wir sie frei fahren", so Marko.
Eine Gefahr von hinten bestand nicht, denn Fernando Alonso war auf alten Hards rund 15 Sekunden zurück. Und so kam es schließlich in Kurve 1 zum entscheidenden Manöver, bei dem sich Verstappen auf der Außenbahn durchsetzen konnte - den frischeren Mediums sei Dank.
"Ich hatte einen guten Kampf mit Checo", beschreibt er. "Wir durften frei fahren, das hatten wir im Vorfeld ausgemacht. Das Wichtigste war natürlich, dass wir uns nicht berührt haben."
Verstappen wusste: Mit dem Auto ist P2 ein Muss
Und so kam am Ende ein ungefährdeter Doppelsieg zustande. Der war für viele angesichts der bisherigen Red-Bull-Dominanz nicht überraschend - auch für Verstappen nicht: "Gestern habe ich zu mir gesagt, dass es mindestens Platz zwei werden muss. Denn da sollten wir mit unserem Auto sowieso landen", sagt er.
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Natürlich war auch ihm bewusst, dass er nicht weiß, was im Rennen passieren würde. "Wenn du eine schlechte erste Runde hast, dann machst du dir das Leben nur schwerer", so der Red-Bull-Pilot. "Man muss einfach sicherstellen, dass man das Auto nicht beschädigt. Und dann geht es immer um die Performance des Autos und wie du dich im Auto fühlst."
"Zum Glück hat das heute ganz gut funktioniert, und dann kommt man auch nach vorne und gewinnt das Rennen."