Formschwung von 0,7 Sekunden: Warum ist Ferrari im Rennen so langsam?
Im Qualifying top, im Rennen flop - Die Scuderia Ferrari rätselt nach dem Formel-1-Wochenende in Baku über Formschwankungen und die Rennpace
(Motorsport-Total.com) - Zwei Polepositions, aber wieder kein Rennsieg. Ferrari meldete sich beim Formel-1-Wochenende in Aserbaidschan insbesondere mit Charles Leclerc mit einer starken Pace zurück, doch die großen Pokale hat mal wieder Red Bull abgeräumt. Warum schwächelt die Scuderia nur so stark im Rennen, während man auf eine Runde im Qualifying auftrumpfen kann?
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Im Rennen muss Ferrari eher auf Aston Martin als auf Red Bull schauen Zoom Download
Das ist auch die Frage, die man sich in Maranello vor dem Großen Preis von Miami stellen wird, doch direkt nach dem Rennen in Baku hatte man darauf noch keine Antwort. "Ich bin mir nicht ganz sicher, denn auf einer Runde war die Pace an diesem Wochenende in Ordnung, auch dank Charles", sagt Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur.
"Red Bull hat im Rennen von Anfang bis Ende gepusht, während wir am Anfang etwas gemanagt haben, um am Ende einen Reifenvorteil zu haben. Aber insgesamt waren sie schneller als wir, und wir brauchen uns nichts vorzumachen", bilanziert der Franzose.
Daten zeigen: Ferrari verliert über Nacht sieben Zehntel auf Red Bull
Im Ziel hatte Leclerc, der von der Pole gestartet schließlich auf P3 landete, trotz eines zwischenzeitlichen Safety-Cars einen Rückstand von über 20 Sekunden und blieb damit chancenlos gegen Sergio Perez und Max Verstappen. Mit den Daten, die unser Technologiepartner 'PACETEQ' zur Verfügung stellt, war Ferrari im Rennen etwas mehr als eine halbe Sekunde langsamer als Red Bull, Im Qualifying dafür zwei Zehntel schneller.
Woher kommt also dieser gravierende Schwung von sieben Zehnteln von einem Tag auf den anderen?
"Ich denke, es ist offensichtlich, dass wir mit der Konstanz zu kämpfen haben, und das war an diesem Wochenende über die gesamte Runde, in allen Kurven und im gesamten Rennen der Fall", klärt Vasseur auf. "Aber das Auto war an diesem Wochenende schon viel konstanter als zuvor und wir gehen in die richtige Richtung."
Sainz rätselt: Aston Martin holt eine Sekunde auf
Dass Ferrari im Qualifying meist besser als im Rennen performt ist übrigens nichts Neues. Bereits im vergangenen Jahr stand Leclerc neunmal auf Pole, konnte aber nur dreimal gewinnen und davon auch nur zweimal von der Poleposition. Und auch 2019 hielt Leclerc den Rekord für die meisten Poles in einer Saison (7), wobei auch dort nur zwei Rennsiege am Ende heraussprangen.
"Ich denke, wir haben im Rennen noch viel Arbeit vor uns", ist sich auch Carlos Sainz bewusst. "Wenn man sieht, wie viel schneller wir im Vergleich zu den Astons im Qualifying waren und die Astons das ganze Rennen über hinter Charles waren, beweist das nur, dass das Auto immer noch eine fundamentale Schwäche im Renntempo hat."
Quali top, Rennen Flop: So krass ist Ferraris Fall
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Beim Blick auf die Daten hat Aston Martin im Rennen eine komplette Sekunde zu Ferrari aufgeholt, wenn man es mit der Qualifyingpace am Freitag vergleicht. Allerdings schnitt das Team aus Silverstone wegen DRS-Problemen dort auch generell schlechter ab und konnte das volle Potenzial nicht zeigen.
Leclerc nach erstem Podium 2023 einigermaßen zufrieden
Vasseur fügt hinzu: "Ich erwarte von uns, dass wir weiterhin kleine Schritte in die richtige Richtung machen. Zumindest von der Qualifying-Pace her sieht es so aus, als hätten wir ein wenig aufgeschlossen. Aber Punkte gibt es erst am Sonntag, und daran werden wir hart arbeiten."
Was sagt eigentlich Charles Leclerc dazu, der das Hauptopfer von Ferraris Rennpaceproblemen ist? Der Monegasse stand in seiner Karriere mittlerweile 19 Mal auf der Pole, doch siegen konnte er nur fünfmal. Im Vergleich dazu: Sergio Perez fuhr am Wochenende in Baku seinen sechsten Formel-1-Erfolg ein, doch der Mexikaner kann nur zwei Karriere-Poles vorweisen.
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"Ehrlich gesagt ist das Gefühl etwas besser", sagt Leclerc nach dem Rennen. "Aber wenn ich den Abstand sehe - und ich bin mir ziemlich sicher, dass man bei einem solchen Abstand wahrscheinlich nicht zu 100 Prozent pusht -, dann wissen wir nicht wirklich, wie weit wir den Abstand wirklich geschlossen haben. Aber auch der Aston Martin war sehr schnell. Wir haben also noch eine Menge Arbeit vor uns."
Ferrari hofft mit Updates auf Besserung
Ferrari legt seine Hoffnungen nun auf die neuen Updates, die für Miami und fortlaufend kommen sollen, um endlich wieder ein Rennen zu gewinnen. Der letzte Ferrari-Sieg von Charles Leclerc in Österreich 2022 ist mittlerweile auch fast zehn Monate her.
"Wir werden ab Miami und bei den nächsten Events Updates für das Auto bringen und sehen, wie das Auto auf die Updates reagiert", sagt Vasseur. "Das Update ist eine Sache, aber die Tatsache, dass man das gesamte Potenzial des Updates ausschöpfen kann, ist eine andere."
"Natürlich hatten wir erwartet, dass wir zu Beginn besser dastehen würden, und ich will nichts vormachen, aber ich bin sehr zufrieden mit der Reaktion des Teams, denn wir waren nach den ersten beiden Veranstaltungen nie in Panik."
"Dschidda war sehr hart für uns, aber die Reaktion zwischen Dschidda und Melbourne war sehr gut, und die Herangehensweise an die Entwicklung war nie panisch oder alles am Auto zu ändern oder ein komplettes B-Auto zu bauen - das war nicht der Plan. Wir haben uns immer darauf konzentriert, ein kleines Update nach dem anderen zu bringen, um erst einmal zu verstehen, was wir tun, um zu verstehen, wo wir das Potenzial des Autos zuerst erreichen können."