• 03. April 2023 · 06:11 Uhr

"War nicht sein Wochenende": Red Bull kann Sergio Perez nicht freisprechen

Sergio Perez vermutete den Grund für seinen Abflug im Qualifying in Melbourne in der Technik, doch das geben die Telemetriedaten von Red Bull nicht her

(Motorsport-Total.com) - Sergio Perez hat sich beim Grand Prix von Australien vom letzten Startplatz noch auf Rang 5 vorgekämpft und damit seinen zweiten Platz in der Formel-1-WM 2023 verteidigt (15 Punkte hinter Max Verstappen). Doch das Momentum, das vor zwei Wochen in Saudi-Arabien noch auf seiner Seite zu sein schien, ist erstmal wieder verflogen.

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Sergio Perez hat in Melbourne wohl durch einen Fehler acht Punkte liegen gelassen Zoom Download

"Das war nicht sein Wochenende", sagt Helmut Marko im Interview mit 'Sky'. Als Kritik an Perez will der Red-Bull-Motorsportkonsulent diese Aussage aber nicht verstanden wissen. Der Mexikaner habe "das Maximum gemacht", und anhand der Simulationen vor dem Rennen habe man mit Platz 6 bis Platz 8 gerechnet. So gesehen wurden die Erwartungen sogar übererfüllt.

Bei Red Bull habe man gewusst: "Überholen ist hier sehr, sehr schwierig. Er hat sich das gut zurechtgelegt." Und: "Er hat knapp vor Schluss die schnellste Runde erzielt. Das ist wenigstens eine Genugtuung nach Dschidda. Aber man sieht, wie eng das beisammen ist", analysiert Marko.

Perez war nach seinem Aus in Q1 von der Boxengasse aus ins Rennen gestartet. Dort stellte er sich vor Valtteri Bottas an. Als er losfuhr, war das Feld bereits in der ersten Kurve. Sein Rückstand auf P18 (Logan Sargeant) betrug 5,1 Sekunden.

Geplante Strategie durch die rote Flagge ruiniert

Nach dem Neustart in Runde 9 lag Perez an 14. Position - und war einen taktischen Vorteil los. Denn er hatte sich entschieden, mit dem harten Reifen zu starten, um einen langen ersten Stint fahren und durch die Boxenstopps der vor ihm liegenden Autos quasi ganz automatisch vorrücken zu können. Doch die Unterbrechung nutzte praktisch das gesamte Feld, um ebenfalls auf Hard umzustecken.

"Das Safety-Car hat uns geschadet, weil alle vor uns auch auf Hard wechseln konnten. Damit gab es in Sachen Strategie nicht mehr viel, was ich hätte probieren können", bedauert Perez.

In Runde 22 überholte er den McLaren von Oscar Piastri und lag damit erstmals in den Punkterängen. Doch von da an ging die Aufholjagd schleppender vonstatten. Es dauerte bis Runde 43, auch Lando Norris im zweiten McLaren zu überholen und endlich Rang 8 zu erobern.

So beschreibt Perez seine Aufholjagd

"Mit dem DRS-Zug tat ich mich schwer", sagt Perez. "Ich hätte viel mehr Risiko nehmen müssen, um schneller voranzukommen, und dann wäre ich vielleicht gar nicht ins Ziel gekommen. Ich glaube, das war das Maximum. Diese ganzen Neustarts sind eine Katastrophe, wenn du da hinten stehst. Die anderen Fahrer gehen da hohe Risiken ein."

Eine letzte Schrecksekunde erlebte Perez beim letzten "echten" Neustart in Runde 57, als Pierre Gasly beim Anbremsen von Kurve 1 vor ihm neben die Strecke rutschte und ihm keine andere Wahl blieb, als über die Wiese zu fahren. Dadurch fiel er vom sechsten auf den elften Platz zurück.

"Ich musste Gasly ausweichen. Und die Sicht in Kurve 1 rein war wirklich schlecht", sagt Perez.


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Auswirkungen hatte das letztendlich ohnehin keine. Dadurch, dass Rennleiter Niels Wittich für die letzte Rennrunde hinter dem Safety-Car die Startreihenfolge aus Runde 57 wiederherstellte, ging Perez beim Neustart nicht als Elfter, sondern als Sechster auf die Strecke. Und erbte Platz 5 wegen der Fünfsekundenstrafe gegen Carlos Sainz.

Horner lobt "großartiges Comeback"

Für Teamchef Christian Horner "ein großartiges Comeback und ganz wichtige Punkte für ihn und das Team. Die schnellste Runde ist er auch noch gefahren. Es war eine tolle Leistung und eine tolle Aufholjagd."

"Melbourne ist zum Überholen eine schwierige Strecke. Ich habe jedenfalls nicht viele Überholmanöver gesehen. Max ist einmal in Führung gegangen, und 'Checo' hat sich vom letzten Platz gut vorgekämpft. Aber selbst mit vier DRS-Zonen ist das Überholen auf dieser Strecke enorm schwierig."

Q1-Aus: War es nun ein Fahrfehler oder nicht?

Was rätselhaft bleibt, ist Perez' Abflug in Kurve 3 im Qualifying. Am Samstag war er in Q1 mit stehenden Rädern in die Botanik gerutscht. Bereits zuvor hatte er sich im dritten Freien Training gleich drei Ausritte erlaubt. Perez sprach am Boxenfunk von einem technischen Problem.

Inzwischen ist bekannt: Der Honda-Motor bereitet den Red-Bull-Fahrern im Schleppbetrieb manchmal Kopfzerbrechen, wenn vor einer Kurve gebremst und runtergeschaltet wird, die Powerunit aber noch schiebt. Bei Verstappen hört man das manchmal am Boxenfunk. Perez kostete es das Qualifying.

Dabei habe es sich aber keineswegs um einen technischen Defekt gehandelt, der den Ausritt erklären würde. Sondern Perez war offenbar einfach bei rutschigen Verhältnissen zu optimistisch. So hat es zumindest Helmut Marko nach dem Qualifying angedeutet.

Also konkrete Frage an Horner: War es ein technisches Problem oder war Perez auf einer rutschigen Strecke einfach nicht konzentriert genug? Die Antwort fällt vage aus: "Wir hatten ein sehr schwieriges drittes Training. Das war schon mal nicht die beste Vorbereitung. Und dann ging er raus und fuhr gleich in dieser ersten Runde ziemlich hart."

"Er hat in Kurve 3 spät gebremst, und er war beim Bremsen ziemlich aggressiv. Es gibt da einige Dinge, die, wenn du ...", sagt Horner und setzt mitten im Satz ab, um zu ergänzen: "Alle Kleinigkeiten zusammen waren nicht perfekt. Aber das sind diese Autos ganz oft nicht."

Was schon so klingt, als fühle sich das Team nicht unbedingt verantwortlich für den Abflug, sondern als müsse Perez diesen eher auf seine Kappe nehmen. Zumal Horner betont, dass man bei der Auswertung der Telemetriedaten des Qualifyings "nichts Außergewöhnliches" feststellen konnte.

Start aus Boxengasse: Auto für das Rennen umgebaut

"Wir haben trotzdem ein paar Teile am Auto getauscht, von denen wir dachten, dass sie vielleicht ein Grund dafür gewesen sein könnten. Aber für mich hat es nicht so geklungen, als habe sich das im Rennen wiederholt. Was eine gute Nachricht ist", sagt Horner.

Perez nickt: "Wir haben einiges am Auto geändert. Auf der Motorenseite, aber auch am Chassis. Zum Beispiel die Bremsbalance."

Dazu muss man wissen: Die Bremsbalance ist eine Einstellung, die der Fahrer auch selbst am Lenkrad-Display vornehmen kann. Marko lässt daher durchblicken, dass es wohl einfach Perez' Fehler war, das Schleppmoment nicht richtig eingeschätzt zu haben.

Ein Fehler, der womöglich acht Punkte gekostet hat. Denn angesichts der drückenden Dominanz des Red Bull RB19 im Renntrimm wäre Perez bei normalem Verlauf wahrscheinlich mindestens Zweiter geworden.

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