Harter Crash der beiden Alpine-Franzosen: Gasly entgeht Rennsperre!
Die Rennkommissare zeigen sich gnädig und werten den Unfall der beiden Alpines als Rennzwischenfall: Pierre Gasly entgeht damit einer möglichen Rennsperre
(Motorsport-Total.com) - Gerade einmal drei Rennen hat es gedauert, bis sich die früheren Feinde Esteban Ocon und Pierre Gasly gegenseitig ins Auto gefahren sind - wenn auch unter unglücklichen Umständen. Beim Neustart des Formel-1-Rennens in Australien kamen sich die beiden Franzosen in die Quere und landeten nach Feindkontakt ziemlich hart in der Mauer. Für beide war das Rennen damit vorbei.
Bitter: Vor dem Neustart hatte Gasly ein starkes Rennen gefahren und lag auf Platz fünf. Beim Versuch, diesen am Start zwei Runden vor Schluss zu verteidigen, geriet er in Kurve 1 neben die Strecke. Als er wieder auf die Strecke fuhr, kam es schließlich zur Kollision mit Ocon, als dieser mit Schwung an seinem Teamkollegen vorbeigehen wollte, aber keinen Platz mehr hatte.
Vor allem für Gasly war die Situation heikel, denn weil er schon bei zehn Strafpunkten steht (zur Strafpunkte-Übersicht), drohte ihm eine Rennsperre, wenn die Kommissare ihn als Hauptschuldigen gesehen hätten. Das taten sie zu seinem Glück nicht und ließen die Szene als Rennunfall durchgehen.
Trotzdem zeigte sich der Franzose nach dem Unfall schmallippig: "Ich möchte dazu eigentlich nichts sagen", winkt er ab. "Ich bin einfach enttäuscht, dass ich ein starkes Ergebnis verpasst habe." Weiter möchte er auf den Vorfall nicht eingehen.
Ocon: "Schwamm drüber!"
Esteban Ocon, der nach dem Einschlag über ein paar Kopfschmerzen klagt, versucht die teaminternen Wogen hingegen ein wenig zu glätten. Dass er ausgerechnet mit seinem Teamkollegen kollidierte, sei Zufall gewesen. "Bei dem chaotischen Re-Start hätte ich im Grunde mit jedem kollidieren können. Viele Autos waren neben der Strecke", sagt er.
"Am Ende war es Pierre, der mir nicht viel Platz gelassen hat. Aber Schwamm drüber! Er hat sich entschuldigt. Es hätte jeder sein können", so der Franzose.
Mit seiner Aussage impliziert er aber, dass er Gasly als Schuldigen sieht - schließlich habe er ihm nicht viel Platz gelassen. Auch die Antwort auf die Frage, ob Gasly "rücksichtslos" war, könnte man dahingehend interpretieren. "Ich muss das nicht kommentieren", winkt Ocon ab. "Es ist ziemlich offensichtlich, was passiert ist."
Trotzdem versucht er Gasly nach außen hin zu verteidigen: "Es ist keine einfache Situation, wenn du kältere Reifen als sonst hast. Wenn du auf dem Gras bist und dann zurück auf den Asphalt kommst, dann hast du in dieser Kurve immer ein loses Heck."
Szafnauer will keine Schuld verteilen
Teamchef Otmar Szafnauer versucht es derweil mit Diplomatie. Beide Fahrer haben sich laut ihm entschuldigt, was für ihn dafür spricht, dass beide Fahrer einen Anteil an dem Unfall haben. Er sagt aber auch: "Es ist schade, dass sie kollidiert sind. Aber bei einem Fahrer die Schuld zu suchen, ist nicht richtig."
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Für ihn war es einfach eine unglückliche Situation in einem Chaos, bei dem man schnelle Entscheidungen treffen muss. "Wenn man sich die Onboard-Aufnahmen anschaut, dann sieht man, dass [Yuki] Tsunoda durchfährt und Esteban versucht, ihm zu folgen. Er weiß aber nicht, wo Pierre hinfährt, und Pierre weiß nicht, dass er da ist", schildert Szafnauer.
"Er versucht einfach auf die Ideallinie zu kommen. Es ist nicht so, dass er in den Spiegel schaut, jemanden sieht und diesen dann blocken will. Er schaut in die andere Richtung, geht auf die Ideallinie und denkt, dass niemand da ist."
"Rennunfall": Keine Strafe für Gasly
Angst vor einer Strafe und einer möglichen Rennsperre gegen Gasly hatte Szafnauer vor dem Bekanntwerden der Entscheidung der Kommissare nicht: "Nein, das war wirklich ein Rennunfall", so der Teamchef.
"Pierre kommt zurück auf die Strecke und kann nicht beschleunigen, weil er Gras auf den Hinterreifen hat. Von daher ist seine Beschleunigung nicht so stark wie die der Piloten hinter ihm. Ein Auto versucht ihn rechts zu überholen, dann ein weiteres, und dann noch eines links. Egal, was du tust: Du triffst jemanden, wenn er dich überholen will", so Szafnauer.
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"Wenn die Leute hinter dir vom Gas gehen, damit du beschleunigen kannst, dann gibt es keine Probleme. Aber leider gehen sie nicht vom Gas."
Das hatte zum Beispiel Lewis Hamilton 2019 in Kanada gemacht, als Sebastian Vettel von der Strecke abkam und dann in den Weg des Mercedes fuhr. Damals kam es nicht zur Kollision, Vettel bekam im Gegensatz zu Gasly aber eine Strafe und verlor den Sieg. Das war damals aber auch nicht in der hektischen Situation eines Starts passiert.
Szafnauer sieht keine teaminternen Probleme
Hätte aber vielleicht Ocon die Kollision verhindern können, indem er vom Gas gegangen wäre? "Ich weiß nicht", sagt Szafnauer. "Man könnte auch sagen, dass Tsunoda hätte vom Gas gehen sollen, weil er nur ganz knapp vorbeigekommen ist. Aber das sind Rennfahrer und so machen sie es eben."
Droht jetzt bei Alpine schon der erste teaminterne Ärger zwischen den beiden Franzosen? "Ich denke, beide waren realistisch", sieht Szafnauer keine Probleme und will auch keine schlechte Laune bei Gasly erkannt haben.
"Er war zwar nicht glücklich, weil er so nah an einem fünften Platz dran war, aber er war doch mehr zufrieden, dass er auf diesem Level fahren konnte", betont der Teamchef. "Ich denke, dass er nicht sauer war. Er war nicht wütend. Er war eher positiv, dass die Pace da war."