Carlos Sainz beklagt sich bitterlich über "unfairste Strafe" seines Lebens
Warum sich Ferrari-Fahrer Carlos Sainz nach dem Formel-1-Rennen in Australien nicht mit seiner Zeitstrafe arrangieren kann und wie das Urteil begründet wird
(Motorsport-Total.com) - "Nein! Das kann nicht sein!" Noch im Rennauto konnte Ferrari-Fahrer Carlos Sainz nicht fassen, dass ihm die Sportkommissare der Formel 1 beim Australien-Grand-Prix 2023 in Melbourne eine Zeitstrafe für die Kollision mit Fernando Alonso im Aston Martin verpasst hatten. Und auch nach dem Rennen zeigt sich Sainz verständnislos.
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Ferrari-Fahrer Carlos Sainz beim Formel-1-Grand-Prix in Australien 2023 Zoom Download
Er gibt bei 'Sky' England nur ein ganz kurzes Statement ab und meint: "Ich denke, das ist die unfairste Strafe, die ich in meinem Leben gesehen habe. Aber bevor ich hier Reden schwinge und wirklich schlimme Sachen sage, will ich lieber erst nochmal zu den Sportkommissaren gehen und mit ihnen reden. Vielleicht kann ich dann nochmal herkommen und etwas sagen."
"Im Moment kriege ich das ehrlich gesagt nicht hin. Ich bin zu enttäuscht. Denn ich halte die Strafe für zu unfair und fühle mich nicht dazu in der Lage, etwas dazu zu sagen."
Was Sainz ohne die Zeitstrafe erreicht hätte
Sainz' Ärger ist verständlich: Ohne die Zeitstrafe für die Aktion beim vorletzten Restart hätte er das Rennen auf dem vierten Platz beendet statt auf Platz zwölf unter Einbeziehung der zusätzlichen fünf Sekunden. Zwölf Punkte mitnehmen aus Australien oder ohne Punkte abreisen, das ist der Unterschied.
Das war Sainz sofort klar gewesen, als ihn sein Renningenieur Riccardo Adami in der Rotphase über die Strafe informiert hatte. Sainz funkte daraufhin: "Wir verdienen es nicht, aus den Punkten zu fliegen. Nein! Das ist inakzeptabel! Sagt das [den Sportkommissaren]. Das ist inakzeptabel. Sie müssen warten, bis das Rennen zu Ende ist und es dann mit mir besprechen."
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Auf ein schlichtes "Copy" (zu Deutsch: "Verstanden") von Adami sagte Sainz weiter: "Nein! Bitte sagt ihnen das. Bitte, bitte. Bitte, bitte. Sie sollen warten und es dann mit mir besprechen. Die Strafe ist klarerweise nicht verdient, sie ist zu hart."
So begründen die Sportkommissare ihre Entscheidung
Die Sportkommissare sehen das anders und begründen ihre Entscheidung im Fall Sainz ausführlich. Zunächst verweisen sie darauf, dass der Ferrari-Fahrer "vollkommen" die Schuld an dem Zwischenfall mit Alonso trage, "[denn Alonso] befand sich in der ersten Kurve deutlich vor [Sainz]. Dennoch ist [Sainz Alonso] ins Auto gefahren, was einen Dreher mit Abflug ausgelöst hat."
Das sei ausschlaggebend für die Fünf-Sekunden-Strafe gewesen, erklären die Sportkommissare. "Und um Zweifeln vorzubeugen: Wir haben in unsere Bewertung einfließen lassen, dass es sich um eine Erstrunden-Situation nach einem Restart gehandelt hat. In einer solchen Situation sind die Sportkommissare generell etwas nachsichtiger, was Zwischenfälle anbelangt."
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Die Situation um Sainz und Alonso lasse eine Strafe aber unausweichlich erscheinen. "Wir glauben nämlich: "Der Abstand [zwischen Sainz und Alonso] war groß genug, dass [Sainz] hätte ausweichen und die Kollision vermeiden können, doch das hat er nicht gemacht."
Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur übt sanfte Kritik
Dass die Sportkommissare wiederum nicht das Rennende abgewartet haben, um mit Sainz über den Vorfall zu sprechen, kritisiert auch Ferrari-Teamchef Frederic Vasseur im Gespräch mit 'Sky'. "Man hat sich nicht mal fünf Minuten Zeit gelassen, um das mit Carlos zu diskutieren. Das ist hart zu akzeptieren", so meint Vasseur.
Er hält den Zwischenfall für eine "schwierige Situation" und will erst selbst mit den Sportkommissaren sprechen, bevor er über weitere Schritte nachdenke. Der Ferrari-Teamchef meint nämlich, so klar sei die Szene nicht: "Im Fahrerlager gibt es 50 Prozent der Leute, die sagen, es ist eine harte Entscheidung, die anderen sagen, es ist okay. Aber wenn [eine Situation] untersucht wird, kann es positiv oder negativ ausgehen."
Wie Alonso die Strafe gegen Sainz empfindet
Für Alonso ging der Zwischenfall zunächst negativ aus: Er kreiselte von der Strecke, verlor den sicher geglaubten dritten Platz, bekam ihn aber aufgrund der Restart-Regeln wieder zurück und kreuzte dann auch als Dritter die Ziellinie.
Wohl auch deshalb schlug Alonso in der Pressekonferenz versöhnliche Töne an: "Die Strafe ist wahrscheinlich zu hart. Denn in der ersten Runde [nach dem Restart] ist es immer sehr schwierig, das Griplevel korrekt einzuschätzen. Man fährt ja nicht absichtlich in ein anderes Auto hinein."
"Uns Fahrern ist in einer solchen Situation natürlich bewusst, dass wir das Auto und die Endposition riskieren. Aber manchmal landet man eben irgendwo, wo man am liebsten nicht sein würde. Das gehört zum Motorsport dazu." Er selbst habe die Szene bislang "noch gar nicht richtig" gesehen, habe aber den Eindruck, Sainz sei "zu hart" bestraft worden, so Alonso.