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Ferrari: Wir haben keine Probleme mit zu hohem Reifenverschleiß
Ferrari-Ingenieur Jock Clear sagt, dass die Experten irren, sieht kein Problem mit dem Reifenverschleiß und rechnet sich für Bahrain eine realistische Siegchance aus
(Motorsport-Total.com) - Es ist eine weitverbreitete Einschätzung unter Experten, dass Ferrari beim Grand Prix von Bahrain im Rennen den höheren Reifenverschleiß haben wird als Red Bull. Doch innerhalb des Ferrari-Teams nimmt man diese Prognose nicht einfach als gegeben hin: "Wir haben ein gutes Gefühl, dass unsere Reifen den Stint gut aushalten und dass unsere Strategie funktionieren wird", glaubt Performance-Ingenieur Jock Clear.
© circuitpics.de
Ferrari rechnet in Bahrain nicht mit Problemen, was den Abbau der Reifen betrifft Zoom Download
Bei den dreitägigen Wintertests zeigte die Analyse der Longruns ziemlich eindeutig, dass die Rundenzeiten bei Ferrari während eines Stints stärker ansteigen als bei der direkten Konkurrenz. Das knüpft nahtlos an 2022 an, als die roten Renner auch auf eine Runde im Qualifying viel stärker waren als auf die komplette Renndistanz.
Aber Clear dementiert, dass das immer noch so ist. Bei der Beobachtung der Tests durch die Experten seien möglicherweise Fehlinterpretationen passiert: "Wir hatten keine Probleme in dem Sinn. Man muss verstehen: Die Teams müssen erst einmal verstehen lernen, was sie unternehmen können, um die Reifen zu schonen."
"Wir hören heutzutage oft, dass es eine Qualität eines Fahrers ist, wenn er die Reifen schonen kann. Aber dafür brauchst du eine Referenz. Du musst erstmal mit einem Reifensatz rausgehen und so schnell fahren, wie du kannst. Dann realisierst du, dass der Verschleiß hoch ist. Das tun alle irgendwann mal, und wir haben es auch getan."
"Wenn die Fahrer so schnell fahren, wie sie können, dann ist der Abbau ziemlich enorm. Aber das ist Bahrain. Es ging nur darum, uns eine Referenz zu setzen, damit wir berechnen können: Wie viel Rundenzeit müssen wir zu Beginn des Stints aufgeben, damit der Stint insgesamt viel schneller wird? Das ist der Prozess, den wir beim Testen am Freitag durchgeführt haben."
Clear trotz Experten: Haben sich viele von ihnen geirrt?
Clear unterstellt den Analysten damit, sie hätten nur ausgerechnet jenen Longrun am Freitag beobachtet, bei dem Ferrari ans Limit gegangen ist, um Referenzwerte zu ermitteln. Dass Ferrari bei praktisch allen Longruns in puncto ansteigende Rundenzeiten schlechter ausgesehen hat als etwa Red Bull, sagt er nicht dazu. Nur so viel: "Wir haben ein gutes Gefühl."
Das gelte auch für das erste Saisonrennen in Bahrain, denn: "Als wir 2022 realisiert haben, dass der Reifenverschleiß eine große Rolle spielen würde, zum Beispiel in Abu Dhabi, dann waren wir dazu in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen. Und ich glaube, das sind wir heute auch. Charles und Carlos wissen genau, was sie zu tun haben", erklärt Clear.
Ferrari: SF-23 hat keine große Schwachstelle
Insgesamt ist der Ferrari-Ingenieur "zufrieden" mit den Positionen 3 und 4 und der bisher gezeigten Performance: "Es gibt keinen Bereich, von dem wir sagen: 'Oh, das funktioniert nicht. Da müssen wir nochmal zurück in den Windkanal.'" Auch wenn er zugibt: "Natürlich würdest du am liebsten nach Bahrain kommen und eine halbe Sekunde Vorsprung haben."
"Aber wir haben seit vergangenem Jahr intensiv an unserem Reifenmanagement gearbeitet. Gegen Ende 2022 sind uns da gute Fortschritte gelungen. Über den Winter haben wir weiter dran gearbeitet, und bei den drei Testtagen. Hoffentlich können wir das heute manifestieren und Red Bull auf die Renndistanz herausfordern."
"Am Samstag haben wir gesehen, dass ihre Qualifyingrunde ein bisschen besser ist als unsere. Aber sollte Charles eine Chance wittern, dann können er und Carlos den Kampf aufnehmen. Und nach diesem Wochenende wissen wir schon viel besser, wo wir stehen. Wir gehen jedenfalls nicht mit der Einstellung ins Rennen, dass Red Bull uneinholbar ist."
Wer hat gesagt, die WM sei für Ferrari gelaufen?
Während sowohl Experten als auch Teamchefs anderer Rennställe, etwa Helmut Marko oder Toto Wolff, Ferrari im Renntrimm nur als dritte Kraft sehen, hinter Red Bull und Aston Martin, sieht man die Lage bei Ferrari viel entspannter. Clear sagt: "Vor einer Woche schienen einige Medien ja noch dieser Meinung zu sein, dass die WM schon gelaufen ist. Wir glauben das nicht."
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"Ein paar Bereiche, in denen unser Auto nicht so konkurrenzfähig ist wie der Red Bull, haben wir schon identifiziert", räumt er ein. Aber insgesamt sei die Ausgangsbasis viel positiver als vor einem Jahr, und damals hat Leclerc den Saisonauftakt in Bahrain sogar gewonnen. Clear ist davon überzeugt, dass Ferrari jetzt, zwölf Monate später, besser aufgestellt ist.
"Wir hatten einen besseren Job als alle anderen gemacht, aber es war ein besserer Job mit einem unrunden Auto. Es war das erste Auto einer neuen Generation", erinnert er sich. "In diesem Auto fühlen sich die Fahrer jetzt viel wohler, sie haben viel mehr Freude am Fahren. Das gibt uns die Möglichkeit, in eine sehr kohärente Richtung zu entwickeln."
"Voriges Jahr wussten die Leute in den ersten fünf, sechs Rennen nicht, in welche Richtung man entwickeln soll, weil es so viele Probleme gab. Mercedes hatte alle möglichen Probleme, wir hatten Probleme, selbst Red Bull hatte ein paar Probleme", sagt Clear und unterstreicht: "Bahrain ist ein guter Test der Grundlagen eines Autos. Hier kannst du nicht Glück haben und gut aussehen."
Warum Bahrain für den Rest der Saison so wichtig ist
"Wenn dein Auto hier gut funktioniert, ist es fundamental gut. Wir denken, wir haben eine gute Plattform. Wir wissen, dass vor uns noch Arbeit liegt, und wir haben Angst vor einigen Gegnern um uns herum. Wir glauben nicht, dass wir Mercedes abhängen können, und wir können nicht ausschließen, dass Aston Martin plötzlich neben uns auftauchen wird. Red Bull ist eindeutig stark."
"Wir müssen die nächsten drei Rennen weiterentwickeln und dürfen keine Fehler machen", weiß er. "Diese ersten drei Rennen geht es darum, das zu maximieren, was wir haben, denn neue Teile gibt's davor nicht. Wenn wir da ein paar gute Ergebnisse mitnehmen können, dann werden die Weiterentwicklungen danach schon kommen."
Clear hat auch schon Stärken des SF-23 identifiziert, die es zu bewahren gilt: "Die schnellen Kurven sehen sehr schnell aus. Das ist ein gutes Omen für Saudi-Arabien. Dort werden ganz andere Voraussetzungen herrschen als hier. Wir haben dafür ein etwas anderes Paket und ein etwas anderes Set-up", kündigt er an.