War das nun Absicht in Monaco oder nicht, Sergio Perez?
Sergio Perez dementiert den Vorwurf, er sei im Qualifying in Monaco absichtlich gecrasht, doch sein Auftritt vor den Medien am Donnerstag weckt gewisse Zweifel
(Motorsport-Total.com) - Sergio Perez hat die Anschuldigung, im Qualifying zum Grand Prix von Monaco absichtlich gecrasht zu sein, dementiert: "Jeder macht in Monaco Fehler. Es liegen alle Informationen vor, jeder kann sich das anschauen", sagt er. "Ich wäre schon in Kurve 1 beinahe gecrasht. Jeder macht im Qualifying in Monaco Fehler. Es ist nicht so, dass es absichtlich gewesen wäre."
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Sergio Perez behauptet, sein Crash in Monaco sei nicht absichtlich gewesen Zoom Download
Damit tritt der Red-Bull-Pilot dem im Raum stehenden Verdacht entgegen, Max Verstappens verweigerte Teamorder beim Grand Prix von Sao Paulo könnte eine späte Retourkutsche für Monaco gewesen sein. Offenbar hat sich Red Bull selbst ein "Omerta" auferlegt, was die Vorwürfe betrifft, und lässt diese lieber stehen, anstatt sie zu dementieren.
Perez wurde am Donnerstag vor dem Saisonfinale der Formel 1 2022 in Abu Dhabi von einigen Journalisten regelrecht einem Kreuzverhör unterzogen, in dem er sich sichtlich darum bemühte, sich an die vorher vereinbarte Sprachregelung seines Teams zu halten. Besonders entschlossen und überzeugend wirkte er dabei aber über weite Strecken nicht. Und seine Augen versteckte er hinter einer dunklen Sonnenbrille.
Auf die Frage, ob Verstappen gedacht habe, dass Monaco Absicht gewesen sein könnte, entgegnet er: "Wir haben intern besprochen, was in Sao Paulo passiert ist. Wir haben uns darauf verständigt, dass das im Interesse des Teams intern bleiben sollte. Es ist am besten, keine Spekulationen anzufangen. So können wir nach vorn schauen und das Team sein, das wir immer waren, nämlich vereint und stark. Das ist das Wichtigste."
Die große Frage: Hat es Perez intern zugegeben?
Ein anderer Journalist konfrontiert Perez ganz direkt mit der im Raum stehenden Verschwörungstheorie. Demnach soll es nach Monaco eine teaminterne Untersuchung seines Q3-Crashs gegeben haben, und nach dieser Untersuchung, so heißt es, soll Perez gegenüber Teamchef Christian Horner und Helmut Marko sogar offen zugegeben haben, dass sein Crash Absicht war.
Perez versucht den in der Frage steckenden Vorwurf zu entkräften, ohne diesen aber wirklich konkret zu dementieren: "Das ist nur Spekulation von den Medien. Die Menschen erschaffen Gerüchte. Wie gesagt: Uns ist allen klar, was im Team vor sich geht. Und wir wollen alles im Team belassen."
Spätestens jetzt ist die schreibende Zunft hellhörig. Also nochmal Nachfrage: Gerüchte können stimmen oder auch nicht. Das habe er damit nicht beantwortet. Erst jetzt, von der Frage regelrecht an die Wand gedrängt, stellt Perez klar: "Dieses Gerücht ist falsch."
Warum wehrt sich Red Bull nicht gegen angebliche Rufschädigung?
Sollte Perez' Crash keine Absicht gewesen sein, dann würde man eigentlich vermuten, dass sowohl er selbst als auch Red Bull derartigen Behauptungen energisch entgegentreten, auch in der Öffentlichkeit. Viele wundern sich darüber, dass die entsprechenden Medienberichte nicht direkt in Frage gestellt werden, sondern die Antworten zu dem Thema sehr ausweichend ausfallen.
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Perez versucht dieses Verhalten zu erklären: "Es ist Teil des Sports. Die Menschen spekulieren gern. Das ist schon so viele Rennen her, dass es für mich total irrelevant ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mich dagegen in der Öffentlichkeit verteidigen muss. Ich habe die Fakten darüber, was in Monaco passiert ist, bereits erzählt."
"Ich denke an dieses Wochenende, ich denke dran, dass das Team gut drauf ist. Es war eine fantastische Saison, ein tolles Jahr für Red Bull. Ich möchte nicht, dass das die Freude für die Jungs in meinem Team überlagert. Max und ich tragen die Verantwortung dafür, dass das Team weiterhin vereint bleibt."
Nächste Nachfrage: Wie lang war schon klar, dass Verstappen den Gedanken mit sich trägt, dass er in Monaco absichtlich gecrasht sein könnte? Perez antwortet erneut ausweichend: "Wie gesagt: Ob es um Monaco geht oder um was anderes, muss er euch sagen. Ich weiß nicht, wie lang das schon so geht."
Perez: Verstappen hat mich nie darauf angesprochen
Die Journalisten ignorieren weiterhin beharrlich, dass Perez von der ganzen Affäre nichts wissen will, und fragen, wann ihn Verstappen zum ersten Mal persönlich auf "Monacogate" angesprochen habe. Perez antwortet: "Wir haben darüber nicht gesprochen."
Und zwar auch nicht nach dem Rennen in Brasilien. Die aktuellsten Theorien gehen nämlich so: Verstappen soll den Verdacht noch gar nicht unmittelbar nach Monaco gehabt haben, dass mit der Q3-Runde seines Teamkollegen etwas faul gewesen sein könnte. Sondern das Thema sei erst im Zuge der hitzigen Situation nach Sao Paulo auf den Tisch gekommen.
Perez dementiert: "Nein. Wir haben darüber gesprochen, was in Brasilien passiert ist. Wir sind alle Szenarien durchgegangen, durch alle Fehler, die wir als Team gemacht haben, weil wir uns nicht gut genug auf das Rennen vorbereitet haben. Und so weiter." Die Gründe für Verstappens Verhalten seien also gar nicht besprochen worden? "Korrekt", hält Perez fest.
So erklärt Perez den ominösen Gasstoß ... nicht
Was aber im Raum stehen bleibt, ist ein merkwürdiger Eindruck bei genauerer Betrachtung von Perez' Q3-Runde. Sein Gasstoß kurz vor dem Dreher wirkt so, als wolle er sein Auto regelrecht in eine Rutschphase zwingen. Im Internet schwirren sogar angebliche Telemetrieausdrucke herum, die ihn belasten sollen.
Perez verteidigt sich dagegen, ohne konkret auf den Crash in der Portierkurve und auf den Vorwurf des Gasstoßes einzugehen: "Ich gehe voll auf Rundenzeit. Ihr könnt euch die Runde ja anschauen, dann seht ihr, dass ich schon in der ersten Kurve fast gecrasht wäre."
"Ich gebe alles, es ist die letzte Runde in Q3. Menschen machen Fehler. Das ist alles. Man sieht ganz klar, dass ich schon ab Kurve 1 mit dem Gaspedal gespielt habe, weil ich dort immer Rundenzeit verloren hatte. Das sieht man schon in Kurve 1. Dort hätte ich es beinahe verloren.
Perez entschuldigt sich für Funkspruch in Sao Paulo
Wie dem auch sei: Auf Instagram folgen die beiden Red-Bull-Piloten einander noch nicht wieder, was von manchen als Indiz dafür gewertet wird, dass die Stimmung noch nicht so intakt ist, wie das versucht wird, nach außen zu vermitteln. Perez dementiert aber auch das: "Wir sind beide erwachsen. Wir können das hinter uns lassen und schauen nach vorn."
Am Boxenfunk in Brasilien hatte Perez noch gegen Verstappen gewettert: "Er zeigt, wer er wirklich ist." Und auch in einigen TV-Interviews, besonders in den spanischsprachigen, kein gutes Haar an seinem Teamkollegen gelassen. Jetzt wird er gefragt, ob er seinen Funkspruch zurückzieht und sich dafür entschuldigt. Perez antwortet: "Ja."
"Die Formel 1 ist ein sehr emotionaler Sport. Ein Sport, in dem alles live übertragen wird. Das gibt es nur in der Formel 1. Da sind viele Emotionen im Spiel", rechtfertigt er sich. "Ich bereue vieles von dem, was ich nach dem Rennen gesagt habe. Max und ich haben wieder die gleiche Beziehung wie vorher. Wir beide und alle im Team sind bereit dafür, nach vorn zu schauen."
"Wir waren alle in einer schwierigen Situation: Max, das Team, ich. Ich denke, wir hätten die Situation besser handhaben können. Wir werden daraus lernen und es in Zukunft besser machen. So sollte es sein. Jedes Team im Paddock lernt dazu."
Warum wurde mögliche Teamorder nicht besprochen?
Klar ist auch: Verstappen soll ihn, das wurde hinter verschlossenen Türen so besprochen, in Abu Dhabi unterstützen, damit es für Perez doch noch klappt mit dem zweiten Platz in der Fahrer-WM. Ob er das Gefühl hat, sich jetzt auf Verstappen verlassen zu können, wird er gefragt. "Ja." Er sei sich "ziemlich sicher, dass ich mich auf ihn und mein Team verlassen kann".
Zumal jetzt auch klar ist, dass eine Teamorder ein mögliches Szenario sein könnte. Wenn man glaubt, was Red Bull behauptet, dann wurde die Möglichkeit, dass Verstappen Perez durchlassen sollte, vor dem Rennen in Sao Paulo nämlich nicht besprochen. Was allerdings in Widerspruch zu Verstappens Boxenfunk steht, wonach er dem Team ja schon vorher gesagt habe, dass er nicht Platz machen werde.
Es wäre doch naheliegend gewesen, das Teamorderszenario vor Brasilien zu besprechen, wundert sich ein Journalist. Dass sich ein professionelles Team wie Red Bull mit so einer Möglichkeit nicht einmal befasst hat, können viele Branchenkenner nur schwer glauben. Doch Perez beteuert: "Nein, haben wir nicht."
Dann legt ihm ein Journalist einen Elfmeter auf, um von den ganzen Vorwürfen abzulenken. Vielleicht habe das alles ja gar nichts mit Monaco zu tun gehabt, sondern einfach damit, dass eine mögliche Teamorder vor dem Rennen nicht besprochen und Verstappen deshalb vom Boxenfunk überrumpelt wurde.
Perez, davor immer ganz kleinlaut in seinen Antworten, springt sofort auf die Frage an: "Ja. Ja, ja. Das ist Teil der Diskussionen, die wir haben. Wir werden daraus lernen und schauen nach vorn. Es ist ein sehr öffentlicher Sport. Daher ist es wichtig, solche Dinge innerhalb des Teams zu belassen."