"Was zur Hölle?": Warum sich Tsunoda nicht zurückrunden durfte
Yuki Tsunoda kam ein Boxenstopp während der zweiten Safety-Car-Phase in Brasilien teuer zu stehen: Warum er sich danach nicht mehr zurückrunden durfte
(Motorsport-Total.com) - Beim Grand Prix von Brasilien wurde Yuki Tsunoda am Sonntag das unglückliche Opfer einer unerwarteten Anomalie in der Kontrolle von Safety-Car-Situationen durch die FIA. Der AlphaTauri-Pilot büßte zwei Positionen ein und fiel weit hinter Fahrer zurück, mit denen er eigentlich hätte kämpfen müssen.
Nach der Kontroverse beim letztjährigen Grand Prix von Abu Dhabi beschloss der Automobil-Weltverband, das System zur Identifizierung der überrundeten Autos, die sich während einer Safety-Car-Phase selbst zurückrunden dürfen, zu automatisieren.
In Abu Dhabi wurden nur einige Autos am Führenden Lewis Hamilton vorbeigelassen, sodass zwischen ihm und Max Verstappen kein Verkehr mehr herrschte. Währenddessen waren zwischen Verstappen und dem drittplatzierten Carlos Sainz aber immer noch Autos, was den Red Bull vor einem Angriff schützte.
Dadurch wurde der Überrundungsvorgang ausreichend beschleunigt, um Zeit für einen Neustart zu gewinnen und Verstappen die Chance zu geben, Hamilton, der auf viel älteren Reifen unterwegs war, zu überholen und die Weltmeisterschaft zu gewinnen.
In der Boxengasse zurückgerundet
Um eine Wiederholung dessen zu vermeiden, wurde die Zeitmessungssoftware der Formel 1 so geändert, dass die überrundeten Autos automatisch gekennzeichnet werden und sich somit vor dem Neustart zurückrunden können. In Brasilien betraf das neben Tsunoda das Williams-Duo Alex Albon und Nicholas Latifi.
Tsunoda lag direkt hinter dem Führenden George Russell, als AlphaTauri die Gelegenheit nutzte, ihn während des Safety-Cars zum Reifenwechsel an die Box zu holen. Dabei war er in der Boxengasse kurzzeitig schneller als die Autos draußen und rundete sich technisch gesehen für einen Moment selbst zurück.
Wieder auf der Strecke reihte sich Tsunoda dann zwar als Sechster wieder ein - hinter Russell, dem überrundeten Albon, Lewis Hamilton, Sergio Perez und Carlos Sainz.
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Doch wegen seines "Überholmanövers" in der Box galt er laut dem automatischen System schon als zurückgerundet und war nun nicht mehr berechtigt, dies noch einmal zu tun. Als die Meldung erschien, dass die überrundeten Fahrzeuge jetzt überholen dürfen, wurden nur die Nummern von Albon und Latifi angezeigt.
Tsunodas Ingenieur zögerte, als er die Meldung sah, und sagte: "Du kannst überholen... Standby, Standby." In dem Durcheinander überholte Tsunoda zunächst Sainz, blieb dann aber hinter Perez, während Latifi, mit dem der Japaner um die Position kämpfte, ihn überholte und an den vorderen Autos vorbeifuhr.
Als Tsunoda fragte, ob er überholen dürfe, wurde ihm gesagt: "Negativ, kein Überholen", worauf er antwortete: "Was zum Teufel, was machen wir hier?" Dann hieß es: "Position halten Yuki, nicht überholen." Daraufhin ließ er Sainz wieder vorbei und stellte seinen ursprünglichen Platz in der Warteschlange wieder her.
Tsunoda muss Feld vorbeilassen
Beim Neustart trennte Tsunoda Sainz somit immer noch von seinen Verfolgern, angeführt von Charles Leclerc. Um deren Rennen nicht zu stören, wies ihn sein Ingenieur an, die schnelleren Autos vorbeizulassen, sodass der AlphaTauri-Pilot beinahe zum Stehen kam, als er das gesamte Feld passieren ließ.
Tsunoda wurde infolgedessen auf dem 17. und letzten Platz abgewunken - noch hinter Albon und Latifi. Wenn er beim Neustart an der ihm zustehenden Position gefahren wäre, hätte er beide mit seinen frischen Reifen eigentlich schlagen müssen. Und er hätte wahrscheinlich sogar noch mehr Plätze gutmachen können.
Auf die Frage, was passiert war, zeigte sich Tsunoda direkt nach dem Rennen ratlos: "Mir wurde gesagt, dass man in der Reihe bleiben muss. Ich weiß nicht, warum. Wahrscheinlich die FIA. Ich denke, ich habe um Platz fünf gekämpft oder so etwas in der Art!"
F1: Grand Prix von Brasilien (Sao Paulo) 2022 - Sonntag
Lewis Hamilton (Mercedes) und George Russell (Mercedes) Galerie
Das automatische System war nie dazu gedacht, einen Fahrer auf diese Weise zu benachteiligen oder ein überrundetes Auto unter solchen Umständen in der Mitte des Feldes stecken zu lassen. Die FIA betont jedoch, dass keine Fehler gemacht worden seien: "Alle Systeme haben korrekt und vorschriftsmäßig funktioniert."
FIA erklärt: Es war alles korrekt
Die "ungewöhnliche Situation" sei den "Besonderheiten der Strecke und des Szenarios" geschuldet. In diesem habe Tsunoda nach dem Einsatz des Safety-Cars die Safety-Car-Linie 1 als Erster passiert. In der folgenden Runde überquerte er diese daher als Erster zum zweiten Mal, was ihn zur Rückrundung berechtigt.
"Zu diesem Zeitpunkt fuhr er jedoch in die Boxengasse ein und war in der Lage, schneller zu fahren als die Autos hinter dem Safety-Car. Dabei hat er sich beim Überqueren der Kontrolllinie in der Boxengasse selbst zurückgerundet", so die Erklärung weiter.
"Als er wieder auf die Strecke zurückkehrte, zeigten die Systeme korrekt an, dass er wieder eine Runde Rückstand hatte. Da er sich jedoch bereits einmal selbst zurückgerundet, durfte er dies nach Ablauf der Safety-Car-Phase nicht noch einmal tun." Dazu seien laut Timing nur Latifi und Albon berechtigt gewesen.
"Dies ist zwar ein sehr ungewöhnliches Szenario", resümiert die FIA, "aber es gab keine System- oder Verfahrensfehler - es ist eines dieser unvorhersehbaren Szenarien, die passieren können. E gibt keine unmittelbaren Änderungen, die umgesetzt werden müssen."
Für die Zukunft soll die Situation aber "im Rahmen der normalen Überprüfungsverfahren diskutiert werden", um gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.