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Leclerc genervt: Warum er die geforderte Teamorder von Ferrari nicht bekam
Trotz starker Aufholjagd nach Unfall in der ersten Runde beim Sao-Paulo-GP: Charles Leclerc sauer auf Team wegen nicht gegebener Teamorder - Ferrari rechtfertigt sich
(Motorsport-Total.com) - Nicht nur bei Red Bull gab es gegen Rennende des Großen Preises von Brasilien Zoff am Funk wegen einer Teamorder. Charles Leclerc forderte sein Ferrari-Team auf, die Plätze mit seinem Teamkollegen Carlos Sainz tauschen zu können vor dem Hintergrund um den zweiten Platz in der Fahrerwertung, wo sich der Monegasse in einem Kampf mit Sergio Perez von Red Bull befindet.
© Motorsport Images
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Eine späte Safety-Car-Phase nach dem Ausfall von Lando Norris brachte Leclerc wieder mit ins Spiel, nachdem sich die beiden in der ersten Runde berührten, woraufhin Leclerc in Kurve sechs in den Reifenstapel abflog. Sein F1-75 war jedoch nur am Frontflügel beschädigt, weshalb er weiterfahren konnte.
Beide Ferraris waren in der Schlussphase mit verhältnismäßig neuen Soft-Reifen ausgestattet, womit sie leicht an Perez im Red Bull vorbeigehen konnten, der noch auf älteren Mediums unterwegs war. Als die Plätze belegt schienen mit den beiden Mercedes an der Spitze, gefolgt von Sainz und Leclerc, klopft der Monegasse am Funk an, ob er den Podiumsplatz von Sainz übernehmen dürfe.
Funkverkehr von Leclerc: Warum er nicht vorbei durfte
"Denkt über die WM nach, wenn die Positionen so bleiben", sagt er in Richtung seines Renningenieurs Xavier Marcos Padros. Kurz vor Schluss hakt er noch einmal nach: "Bitte denkt an die Meisterschaft!", worauf Padros entgegnet: "Wir denken, es ist zu gefährlich."
Hintergrund: Während Leclerc etwa drei Sekunden hinter seinem Teamkollegen war, drohte von hinten Gefahr durch Fernando Alonso und Max Verstappen, die nur etwas mehr als eine Sekunde zurücklagen und eine leicht bessere Pace als Leclerc hatten. Der Alpine-Pilot hatte zu diesem Zeitpunkt die besten Reifen von allen Fahrern im Feld.
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Von der Entscheidung seines Teams ist er nach dem Rennen aber nicht gerade begeistert. "Fantastische Arbeit", gratuliert sein Renningenieur Leclerc zur starken Aufholjagd am Funk, woraufhin Leclerc sarkastisch antwortet: "Ja! Unglaublich! Mamma mia. Kommt schon!"
Leclerc enttäuscht: Das war vor dem Rennen anders abgesprochen!
Ferrari-Rennleiter Laurent Mekies, der den in Maranello gebliebenen Teamchef Mattia Binotto als Ferrari-Spitze in Brasilien vertritt, funkt nach der Zieldurchfahrt ebenfalls in das Auto von Leclerc: "Gut gemacht, Charles. Du hast das Beste getan, was für uns möglich war. Es gab andere Gründe, warum wir den Tausch am Ende nicht durchführen konnten."
Die Antwort von Leclerc folgt prompt: "Ich habe keine Ahnung von welchen anderen Gründen ihr redet, aber was auch immer." Nach dem Rennen bei den Interviews zeigt sich Leclerc etwas versönlicher, doch immer noch enttäuscht, da es vor dem Rennen für einen solchen Fall eine Absprache gegeben habe.
"Ich verstehe [die Entscheidung] irgendwie, weil Carlos natürlich auf dem Podium steht und normalerweise frage ich solche Dinge nicht", so Leclerc. "Ich habe es getan, weil wir vor dem Rennen eine Diskussion hatten, in der wir diesen Fall erwähnten, und aus irgendeinem Grund haben wir dann unsere Meinung geändert. In der Hitze des Gefechts war das sehr frustrierend. Aber es ist nun mal so."
Binotto klärt auf: Drohende Strafe gegen Sainz war Hauptgrund
Doch laut Ferrari-Teamchef Mattia Binotto gab es auch noch einen zweiten Grund, warum man die Plätze nicht getauscht hat. Während der Safety-Car-Phase fuhr Carlos Sainz kurzzeitig an Yuki Tsunoda im AlphaTauri vorbei, worauf Ferrari Sorge hatte, dass der Spanier dafür eine Fünf-Sekunden-Strafe kassieren würde.
Tsunoda wollte sich wie die beiden Williams-Piloten zurückrunden und fuhr mit Sainz gemeinsam durch den ersten Sektor. Aufgrund eines Softwarefehlers seitens der FIA durfte Tsunoda sich jedoch nicht zurückrunden, was bereits während des Rennens für Verwirrung sorgte.
"Zunächst einmal wäre der Wechsel der beiden Autos auf der letzten Geraden sicherlich schwierig geworden, weil Charles Fernando und Max direkt hinter sich hatte, sodass es sicherlich gefährlich gewesen wäre", sagt Binotto.
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"Aber darüber hinaus wussten wir, dass gegen uns wegen des Vorfalls hinter dem Safety-Car mit Tsunoda ermittelt wurde. Wir wurden danach aber von der Rennleitung entlastet", erklärt der Ferrari-Teamchef.
"Wir waren also recht zufrieden, aber ohne eine Entscheidung in dieser Angelegenheit wäre es riskant gewesen, denn eine Fünf-Sekunden-Strafe hätte zum Beispiel bedeutet, dass Carlos mehr als eine Position verloren hätte. Im Hinblick auf die Konstrukteursmeisterschaft war es also besser, sich an die Positionen und Abstände auf der Strecke zu halten."
Wie wichtig ist Charles Leclerc P2 nun?
Interessant in der ganzen Angelegenheit ist, dass Leclerc noch vor einigen Wochen meinte, dass ihm der zweite Platz in der Meisterschaft nichts bedeutet und er die letzten Rennen nur nutzen will, damit Ferrari die Abläufe an den Rennwochenenden verbessert.
Seine Meinung scheint er mittlerweile jedoch geändert zu haben. Nach dem Brasilien-Rennen gefragt, wie wichtig ihm der zweite Platz in der Fahrerwertung ist, sagt er: "Es ist immer schöner, und natürlich versuchen wir alles, um Zweiter in der Teamwertung zu werden, aber ich möchte auch, dass wir den zweiten Platz bei den Fahrern im Auge behalten."
Vor dem letzten Rennen in Abu Dhabi ist er nun punktgleich bei 290 Zählern mit Perez, wobei Leclerc auf Platz zwei gewertet wird, weil er einen Saisonsieg mehr als der Mexikaner vorweisen kann. Damit ist klar: Wer von den beiden das Rennen in Abu Dhabi weiter vorne beenden wird, schnappt sich P2 in der WM. Holen beide keine Zähler, so ist Leclerc die Vizemeisterschaft sicher, sofern George Russell im Mercedes nicht inklusive schnellster Rennrunde triumphiert.