Mercedes in Le Castellet: "Das Auto ist hier nicht spektakulär"
Wie die Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton und George Russell das Formel-1-Freitagstraining in Le Castellet bewerten und wie sie sich die Form erklären
(Motorsport-Total.com) - Fast acht Zehntel Rückstand für Mercedes im Freitagstraining zum Frankreich-Grand-Prix 2022 in Le Castellet (alle Einheiten hier im Formel-1-Liveticker verfolgen!): Lewis Hamilton und George Russell machen nach dem Auftakt zum vorletzten Rennwochenende vor der Sommerpause keinen Hehl daraus, dass man sich im Lager der Silberpfeile etwas mehr erhofft hatte.
© Motorsport Images
Lewis Hamilton im Mercedes W13 beim Freitagstraining in Le Castellet Zoom Download
Hamilton etwa meint: "Das Auto ist hier nicht spektakulär, und wir wissen nicht, warum das so ist." Auch Russell empfindet den Mercedes-Speed als "recht schwach" im Vergleich zur Konkurrenz. Denn auf Augenhöhe mit Ferrari und Red Bull bewegt sich Mercedes in Frankreich nicht, obwohl der W13 auf dem Circuit Paul Ricard mit zahlreichen Updates eingesetzt wird.
Wie gut diese neuen Teile angeschlagen haben? Russell will sich nicht festlegen. Man sei grundsätzlich zufrieden mit den Entwicklungsschritten, [aber] "wir müssen erst noch einen detaillierten Blick in die Daten werfen", so der Brite.
Das Problem ist: Weil fast alle Teams in Le Castellet Updates verwenden, sei es "manchmal nicht so einfach ersichtlich auf dem Zeitenmonitor", wer tatsächlich Fortschritte gemacht habe.
Mercedes auf dem Papier die dritte Kraft
Auf dem Papier aber ist Mercedes in Frankreich die dritte Kraft hinter Ferrari und Red Bull. Russell klassierte sich mit 1:33.291 Minuten exakt 0,764 Sekunden hinter der Spitze auf P4. Weitere 0,226 Sekunden dahinter folgte Hamilton im W13-Schwesterauto auf P5. (Hier das komplette Trainingsergebnis abrufen!)
"Das ist die Region, in der wir uns aufhalten", sagt Hamilton. "Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht unter die Top 3 fahren können. Das könnten wir schaffen, denke ich. Wir sind aber einfach nicht so schnell wie [Ferrari und Red Bull] und stehen etwas weiter hinten als beim vergangenen Rennen."
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Doch woran liegt das? Hamilton erklärt, es fehle Mercedes "einfach überall" in Le Castellet, "in jeder Kurve", so der siebenmalige Weltmeister. "Ich müsste mir die Daten ganz genau anschauen, aber es fühlt sich an, als fehlte es uns schlicht an Abtrieb. Ansonsten war es okay. Durchschnittlich, würde ich sagen."
"Aber ja, wir haben Arbeit vor uns. Wir stehen an diesem Wochenende etwas weiter hinten als gedacht."
Russell: Über die Distanz sieht es besser aus
Russell wähnt Mercedes immerhin über die Distanz besser aufgestellt: "Ich schätze, unsere Geschwindigkeit mit viel Sprit an Bord war etwas besser als unser Speed über eine schnelle Runde. Wir müssen also sicherstellen, dass wir das Qualifying auf den Punkt bringen, damit keine Mittelfeld-Autos zwischen uns und den Top 4 landen. Dann schauen wir mal für Sonntag."
Um den Sieg werde Mercedes in Le Castellet aber wohl nicht fahren. "Wahrscheinlich trifft es 'Außenseiter-Chance' ganz gut", meint Russell. "Wir sind etwas weiter weg von der Pace als erhofft. Das bedeutet Arbeit über Nacht an der Strecke und zuhause im Werk. Aber sag niemals nie."
Hausaufgaben beim Reifenverschleiß für Hamilton und Russell
Vor allem müsse Mercedes sich noch einmal intensiv mit dem Reifenverschleiß befassen. Denn beiden Stammfahrern ist es laut eigenen Aussagen nicht gelungen, allzu ausführliche Longruns zu fahren. Hamilton spricht von "nur drei, vier Runden" am Stück, Russell von "nur etwa fünf Runden", die er als Longrun absolviert habe.
Und zumindest bei Russell soll vorher ein "kleines Problem" vorgelegen haben in der Mercedes-Box, doch ins Detail geht Russell an dieser Stelle nicht. Er sagt in Sachen Reifen lediglich noch: "Es scheint, als hätten manche Teams größere Probleme gehabt. Bei uns schien es okay zu sein."
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Hamilton hat zumindest einen "ziemlich hohen Verschleiß" festgestellt. "Es ist ja aber auch sehr heiß. Die Strecke war 55 Grad warm", so der Ex-Champion.
Im Freitagstraining wurden einmal sogar knapp 60 Grad Celsius gemessen. "Das macht es hart für die Reifen", erklärt Hamilton. Und: "Ich wäre überrascht, wenn man mit einem Stopp durchkommt. Ich könnte aber falsch liegen."
Hamilton verpasst das erste Freie Training
Er selbst hatte das erste Freie Training in Frankreich ausgelassen, um Mercedes-Testfahrer Nyck de Vries etwas Formel-1-Praxis zu ermöglichen. Er habe daher erst einmal aufholen müssen in der zweiten Einheit, sagt Hamilton. "Es war schon irgendwo verrückt, weil ich das Auto bis dahin nicht bewegt hatte. Ich glaube aber, ich bin da gut durchgekommen."
Russell wiederum gibt an, ziemlich bedient zu sein nach zweimal 60 Minuten auf dem Circuit Paul Ricard im Hochsommer: "Ich brauche jetzt eine schöne kalte Dusche." Anschließend wolle er sich gemeinsam mit Hamilton und den Ingenieuren in die Nachbetrachtung stürzen.
"Hoffentlich gelingen uns über Nacht ein paar Fortschritte", sagt Hamilton. Denn Russell meint: "Wir müssen uns noch einiges anschauen."